Essen. „Mädchenjäger“ ist der zweite „Irland-Krimi“. Nun steht nicht mehr die Psychologin, sondern eine klassische Mördersuche im Mittelpunkt.

Der erste „Irland-Krimi“ mit Désirée Nosbusch als ehemalige Kriminalpsychologin bezog seinen Reiz vor allem aus der Betroffenheit der Hauptfigur: Zehn Jahre nach dem spurlosen Verschwinden ihres Mann konnte Cathrin Blake endlich Abschied nehmen. Offen ist allein noch, wer ihn damals ermordet hat.

Diese Frage wird auch im zweiten Film nicht beantwortet, zumal die Vorgeschichte ohnehin nur beiläufig zur Sprache kommt. Die Psychologin ist diesmal auch nur mittelbar in die Handlung verstrickt, was ihr prompt einiges an Faszination nimmt: Als eine junge Frau wie ein weggeworfenes Porzellanpüppchen am Strand des westirischen Galway gefunden wird, muss Cathrin überzeugt sein, dass der Täter einer ihrer Patienten ist, denn der etwas verstörte Jack (Chris Newman) hat exakt die gleichen Gewaltfantasien; er beteuert jedoch, diese Vorstellungen nicht auszuleben.

Unsterblich verliebt – Grund für den Mord?

Das Drehbuch (wie bei Teil eins: Christian Schiller, Marianne Wendt) bietet ohnehin einen anderen Verdächtigen an: Nathan (Robert McCormack) war unsterblich in Maggie verliebt, aber sie hat in ihm nur eine Art kleinen Bruder gesehen. Bei der Hochzeit einer gemeinsamen Freundin kommt es zum Streit. Nathan rennt davon, Maggie hinterher; am nächsten Morgen wird ihre Leiche gefunden.

Der lebensmüde Nathan ist ebenfalls ein Patient von Cathrin. Natürlich ist der persönliche Bezug der Psychologin zu den beiden jungen Männern interessant, aber das macht „Mädchenjäger“ noch nicht zu einem besonderen Film; diese Geschichte hätte sich auch hierzulande erzählen lassen.

Viel interessanter ist die Gruppe, zu der Nathan gehört: Der Clan ist ein fahrendes Völkchen, sogenannte Traveller (Reisende), die sich selbst Pavee nennen, von Briten und Iren aber abschätzig als Tinker oder Gypsies (Zigeuner) bezeichnet werden, obwohl es keinerlei ethnische Bezüge zu Sinti und Roma gibt. Eine Szene genügt, um zu verdeutlichen, wie diese Menschen diskriminiert werden: Als der Besitzer des Hotels, in dem die Hochzeitsfeier stattfinden soll, erfährt, wer den Ballsaal gemietet hat, setzt er die Gäste vor die Tür. Selbstverständlich sind die Einheimischen überzeugt, dass einer der „Tinker“ Maggie auf dem Gewissen hat, weshalb sich Nathan ziemlich rasch hinter Gittern wiederfindet.

Keine deutschen Schauspieler neben Nosbusch

Geschickt nutzt das Drehbuch den Prolog, um erste Reizpunkte zu setzen: Ein Patient, der sich später als Jack entpuppt, beschreibt seine Tötungsfantasien; sie werden mit Aufnahmen der grotesk geschminkten toten Maggie illustriert.

Die eigentliche Handlung beginnt mit einem Seminar, in dem Cathrin ihren Studenten das Schicksal der Patienten Jack und Nathan beschreibt; unter den Zuhörern ist auch Maggie, die ihr Psychologiestudium vor den anderen Travellern verheimlicht. Nathan wiederum wird mit einem Preisboxkampf eingeführt, der im Grunde überflüssig ist. Die Kampfszenen sind zwar gut choreographiert und gefilmt (Regie führte erneut Züli Aladag), werden aber gerade deshalb sensible Zuschauer abschrecken.

Da es neben Nosbusch keine deutschen Schauspieler in führenden Rollen gibt, wirkt der Film über weite Strecken wie eine ausländische Produktion; selbst wenn Mercedes Müller als junge Polizistin diesmal etwas mehr zu tun bekommt als in Teil eins, zumal sie gegen Ende dem vermeintlichen Mörder in die Hände fällt.

Patient hört Stimmen

Die Identität des wahren Täters ist zumindest für ein krimiversiertes Publikum keine sonderliche Überraschung: Dass Cathrins Patient Jack Stimmen hört, muss nicht heißen, dass sie Einbildung sind. Immerhin sind gerade die irischen Darsteller der Traveller gut ausgesucht.

Gerade die Männer verkörpern die Clanmitglieder als vierschrötige Typen, die jedoch mit zunehmender Filmdauer an Sympathie gewinnen. Fast eine Klasse besser als der insgesamt eher durchschnittliche Krimi ist die Musik von Sebastian Fillenberg, der den Boxkampf ironisch mit irischer Fiddle unterlegt und später auch dann für Dynamik und Dramatik sorgt, wenn die Bilder im Grunde harmlos sind.

• ARD, Donnerstag, 31. Oktober, um 20.15 Uhr