Essen. Mit „Unter Verdacht“ geht Kriminaldirektorin Eva Maria Prohacek in den Ruhestand. Die Folge schlägt gekonnt eine Brücke zum Anfang.

„Ich werde Sie vermissen.“ – „Ich Sie auch.“ Spätestens bei diesem rührend unbeholfenen Eingeständnis mit den Jahren gewachsener Zuneigung zwischen Hauptkommissar André Langner (Rudolf Krause) und Kriminaldirektorin Dr. Eva Maria Prohacek (Senta Berger) stellt sich auch beim Zuschauer Wehmut ein. „Wir werden euch beide vermissen“, möchte man zwischenrufen.

29 vertrackte Fälle haben die internen Ermittler aus München seit 2002 bearbeitet; 17 Jahre, in denen der Zuschauer mit dem Duo fiebern, fühlen, altern durfte und in denen die wunderbaren Hauptdarsteller fast zu Leitsternen am überfüllten Krimi-Himmel wurden. Mit der 30. Folge „Evas letzter Gang“ läuft die vielfach preisgekrönte Reihe „Unter Verdacht“ aus.

Eva Prohacek geht in den Ruhestand, weil die unersetzbare Senta Berger vor zwei Jahren ihren Ausstieg aus der Serie verkündete. Die Schauspielerin, bei den Dreharbeiten kaum glaubliche 76 Jahre alt, wollte nicht länger eine Beamtin spielen, die im echten Leben längst pensioniert wäre.

„Unter Verdacht“: Noch einmal alle Kräfte und Raffinesse freigesetzt

Niemand geht ganz einfach so, und die Kriminaldirektorin schon gar nicht. Man spürt von der ersten Szene an, dass das gesamte Team – vom Produzenten über Autoren, Regisseur (Andreas Herzog), Kamera bis zu den Darstellern – noch einmal alle Kräfte und Raffinesse freigesetzt hat, um Prohacek einen ihr gemäßen, über alle Zweifel erhabenen Abschied zu bereiten. Dem Anlass angemessen, dauert die außergewöhnlich spannende Folge sogar 105 statt der üblichen 90 Minuten.

Eigentlich tickt die Uhr die letzten 24 Stunden in Evas Beamtinnen-Leben herunter, bis sie die Waffe abgeben, das Büro räumen, die offizielle Verabschiedung über sich ergehen lassen muss. Dass sie ihren Dienstausweis mit vorgeschobenen Argumenten noch behält, hat seinen Grund. Ein Polizist hat sich vor den Augen seiner jungen Kollegin und Geliebten Sarah Weiss (Julia Franz Richter) erschossen.

Rätsel aus den ersten beiden Folgen kehrt noch mal zurück

Es ist kein letzter Routinefall. Vor 17 Jahren verloren Sarah und ihr Bruder Lukas (Anton Spieker) ihre Mutter durch einen fingierten Hausbrand. Den Hintergrund bildete ein skandalumwittertes Bauprojekt „Paradiesgarten“, der Auftragsmörder war der Ex-Polizist Bangert, die mutmaßlichen Hintermänner kamen ungeschoren davon.

In ihrem ersten gemeinsamen Fall konnten Prohacek und Langner insbesondere nicht nachweisen, dass auch ihr Chef Dr. Claus Reiter (Gerd Anthoff) in die Tat verwickelt war. Sarah Weiss, das stellt sich nun heraus, hatte sich mit ihrem für den Zeugenschutz arbeitenden Kollegen nur eingelassen, um Bangerts neue Identität zu erfahren und eigene Nachforschungen anzustellen.

Die Karriere von Senta Berger

Dass sie schon 76 Jahre alt ist, das kann kaum jemand glauben, der sie sieht – und sie selbst am wenigsten. Zu ihrem 75. Geburtstag sagte Senta Berger: „Ich kann die Zahl 75 aussprechen – aber ich glaube sie nicht.“
Dass sie schon 76 Jahre alt ist, das kann kaum jemand glauben, der sie sieht – und sie selbst am wenigsten. Zu ihrem 75. Geburtstag sagte Senta Berger: „Ich kann die Zahl 75 aussprechen – aber ich glaube sie nicht.“ © imago stock&people | Future Image
Kastanienrote Haare, eindringlicher Blick aus blauen Augen und eine elegante, selbstbewusste Haltung – Senta Berger ist seit Jahrzehnten eine der beliebtesten deutschsprachigen Film- und Theaterschauspielerinnen.
Kastanienrote Haare, eindringlicher Blick aus blauen Augen und eine elegante, selbstbewusste Haltung – Senta Berger ist seit Jahrzehnten eine der beliebtesten deutschsprachigen Film- und Theaterschauspielerinnen. © dpa | Kay Nietfeld
Senta Berger kam 1941 in Wien zur Welt. Der Vater rackerte sich als Musiker ab, die lebenslustige Mutter ging putzen. Mit fünf bekam sie Ballettstunden, trat bald mit dem Vater bei „Bunten Abenden“ auf.
Senta Berger kam 1941 in Wien zur Welt. Der Vater rackerte sich als Musiker ab, die lebenslustige Mutter ging putzen. Mit fünf bekam sie Ballettstunden, trat bald mit dem Vater bei „Bunten Abenden“ auf. © Getty Images/Hulton Archive | Erich Auerbach
Mit 16 wurde sie jüngste Schülerin am Max-Reinhardt-Seminar, der renommierten Wiener Schauspielschule. Schnell feierte sie mit dem Image der „Sophia Loren vom Gemeindebau“ erste Bühnen-Erfolge, ...
Mit 16 wurde sie jüngste Schülerin am Max-Reinhardt-Seminar, der renommierten Wiener Schauspielschule. Schnell feierte sie mit dem Image der „Sophia Loren vom Gemeindebau“ erste Bühnen-Erfolge, ... © dpa | Hans Gregor
... und auch der Film ist nicht fern. In luftigen Komödien wie „Immer Ärger mit dem Bett“ oder auch „Der brave Soldat Schwejk“ ist Senta Berger die bildhübsche junge Frau. Gegen die Vermutung, ihr attraktives Äußeres sei Grundlage ihres Erfolgs, wehrt sie sich: „Was wäre ich ohne Talent und Fleiß.“
... und auch der Film ist nicht fern. In luftigen Komödien wie „Immer Ärger mit dem Bett“ oder auch „Der brave Soldat Schwejk“ ist Senta Berger die bildhübsche junge Frau. Gegen die Vermutung, ihr attraktives Äußeres sei Grundlage ihres Erfolgs, wehrt sie sich: „Was wäre ich ohne Talent und Fleiß.“ © Getty Images/Hulton Archive | Keystone
Die Simmel-Verfilmung „Es muss nicht immer Kaviar sein“ ...
Die Simmel-Verfilmung „Es muss nicht immer Kaviar sein“ ... © <<< Verschiedene Einträge >>> | United Archives
... bringt ihr 1961 den Durchbruch. Schließlich wurde auch Hollywood ...
... bringt ihr 1961 den Durchbruch. Schließlich wurde auch Hollywood ... © <<< Verschiedene Einträge >>> | United Archives
... auf die schöne Österreicherin aufmerksam.
... auf die schöne Österreicherin aufmerksam. © Getty Images/Hulton Archive | Keystone
Bis Ende der 60er Jahre arbeitete sie fast ausschließlich in Los Angeles, wo sie neben Stars wie Kirk Douglas ...
Bis Ende der 60er Jahre arbeitete sie fast ausschließlich in Los Angeles, wo sie neben Stars wie Kirk Douglas ... © imago stock&people | ADCAST
... vor der Kamera stand. Hier ein Film-Still aus dem gemeinsamen Film „Der Schatten der Giganten“ (1966).
... vor der Kamera stand. Hier ein Film-Still aus dem gemeinsamen Film „Der Schatten der Giganten“ (1966). © imago/United Archives | imago stock&people
„Mit teuflischen Grüßen“ aus dem Jahr 1967 ist ein deutsch-italienisch-französischen Thriller mit Senta Berger und Alain Delon in den Hauptrollen.
„Mit teuflischen Grüßen“ aus dem Jahr 1967 ist ein deutsch-italienisch-französischen Thriller mit Senta Berger und Alain Delon in den Hauptrollen. © imago | AD
1967 ist sie mit Dean Martin im Film „Wenn Killer auf der Lauer liegen“ auf der Kinoleinwand zu bewundern.
1967 ist sie mit Dean Martin im Film „Wenn Killer auf der Lauer liegen“ auf der Kinoleinwand zu bewundern. © imago | AGD
Ihren Abstecher in die USA beendete Berger Ende der 60er Jahre. 1966 heiratet Senta Berger den Arzt und späteren Regisseur und Schauspieler Michael Verhoeven.
Ihren Abstecher in die USA beendete Berger Ende der 60er Jahre. 1966 heiratet Senta Berger den Arzt und späteren Regisseur und Schauspieler Michael Verhoeven. © Getty Images/Hulton Archive | Keystone Features
Schon 1965 hatte sie gemeinsam mit ihrem späteren Ehemann die Produktionsfirma Sentana GmbH gegründet, die sich mit zwei Filmen zum Thema Nationalsozialismus profiliert: „Die weiße Rose“ (1982) und „Das schreckliche Mädchen“ (1989).
Schon 1965 hatte sie gemeinsam mit ihrem späteren Ehemann die Produktionsfirma Sentana GmbH gegründet, die sich mit zwei Filmen zum Thema Nationalsozialismus profiliert: „Die weiße Rose“ (1982) und „Das schreckliche Mädchen“ (1989). © dpa | Gerhard Rauchwetter
Das Paar hat zwei gemeinsame Söhne – Simon und Luca. Beide arbeiten mittlerweile im Filmgeschäft. Die damals 31jährige Berger ist hier mit ihrem erst wenige Tage alten Erstgeborenen Simon (20. Juni 1972) zu sehen.
Das Paar hat zwei gemeinsame Söhne – Simon und Luca. Beide arbeiten mittlerweile im Filmgeschäft. Die damals 31jährige Berger ist hier mit ihrem erst wenige Tage alten Erstgeborenen Simon (20. Juni 1972) zu sehen. © dpa | dpa
Senta Berger hat sich mit ihrer Meinung zu Politik und Gesellschaft nie zurückgehalten, gegen Vietnam- und Golfkrieg protestiert, sich für Abrüstung eingesetzt und gegen die Verschärfung des Asylrechts engagiert. 1972 hat sie sich im Wahlkampf für Willy Brandt eingesetzt.
Senta Berger hat sich mit ihrer Meinung zu Politik und Gesellschaft nie zurückgehalten, gegen Vietnam- und Golfkrieg protestiert, sich für Abrüstung eingesetzt und gegen die Verschärfung des Asylrechts engagiert. 1972 hat sie sich im Wahlkampf für Willy Brandt eingesetzt. © imago | Heinz Browers,UnitedArchives
1971 beteiligt sie sich mit Prominenten wie Romy Schneider an der Aktion „Wir haben abgetrieben“ zur Reform des Paragrafen 218.
1971 beteiligt sie sich mit Prominenten wie Romy Schneider an der Aktion „Wir haben abgetrieben“ zur Reform des Paragrafen 218. © Stern
Das Fernsehen ist seit langem Bergers wichtigste Domäne. Hier wurde sie zum Star mit Helmut Dietls legendärer Serie „Kir Royal“ (1984-86).
Das Fernsehen ist seit langem Bergers wichtigste Domäne. Hier wurde sie zum Star mit Helmut Dietls legendärer Serie „Kir Royal“ (1984-86). © imago | KPA UnitedArchives
Berger verkörperte die kesse Mona, Freundin des Klatschreporters Baby Schimmerlos (Franz-Xaver Kroetz, r.), der immer auf der Suche ist nach einem netten Skandälchen in der Münchner Schickeria.
Berger verkörperte die kesse Mona, Freundin des Klatschreporters Baby Schimmerlos (Franz-Xaver Kroetz, r.), der immer auf der Suche ist nach einem netten Skandälchen in der Münchner Schickeria. © imago | KPA UnitedArchives
In der „Serie “Die schnelle Gerdi„ (1989-2004) gab sie unter der Regie ihres Ehemannes Michael Verhoeven ...
In der „Serie “Die schnelle Gerdi„ (1989-2004) gab sie unter der Regie ihres Ehemannes Michael Verhoeven ... © imago | KPA UnitedArchives
... eine burschikose, couragierte Münchner Taxifahrerin.
... eine burschikose, couragierte Münchner Taxifahrerin. © imago | Nicolas Gradicsky, teutopress
Den Adolf-Grimme-Preis erhielt sie für die Rolle einer aufmuckenden Sekretärin im TV-Wirtschaftskrimi „Frau Böhm sagt nein“ (2009).
Den Adolf-Grimme-Preis erhielt sie für die Rolle einer aufmuckenden Sekretärin im TV-Wirtschaftskrimi „Frau Böhm sagt nein“ (2009). © Getty Images | Friedemann Vogel
„Ein unaufgeregtes, pessimistisches und präzises Sittengemälde aus den deutschen Chefetagen“, urteilte „Spiegel Online“ über den Film und Bergers Darbietung.
„Ein unaufgeregtes, pessimistisches und präzises Sittengemälde aus den deutschen Chefetagen“, urteilte „Spiegel Online“ über den Film und Bergers Darbietung. © ZDF und WDR, Frank W. Hempel | WDR, Frank W. Hempel
2016 arbeitet sie zum ersten Mal mit ihrem ältesten Sohn, dem Regisseur Simon Verhoeven („Männerherzen“, 2.v.l.), zusammen. Sie drehen gemeinsam eine Familienkomödie. In der Hauptrolle: Frauenschwarm Elyas M’Barek.
2016 arbeitet sie zum ersten Mal mit ihrem ältesten Sohn, dem Regisseur Simon Verhoeven („Männerherzen“, 2.v.l.), zusammen. Sie drehen gemeinsam eine Familienkomödie. In der Hauptrolle: Frauenschwarm Elyas M’Barek. © Getty Images | Florian Seefried
Am 26. September 2016 feierte das Paar Goldene Hochzeit. „Wir gehen immer am 26. auf die Wiesn, fahren Achterbahn, was wir damals auch gemacht haben und mein Mann schießt mir ein Herz, wie er das damals auch gemacht hat.“
Am 26. September 2016 feierte das Paar Goldene Hochzeit. „Wir gehen immer am 26. auf die Wiesn, fahren Achterbahn, was wir damals auch gemacht haben und mein Mann schießt mir ein Herz, wie er das damals auch gemacht hat.“ © dpa | Ursula Düren
2016 wurde Senta Berger außerdem beim Bayerischen Fernsehpreis in München mit dem Ehrenpreis des Ministerpräsidenten gewürdigt. Die Jury lobte das „überwältigende Lebenswerk“ der Darstellerin.
2016 wurde Senta Berger außerdem beim Bayerischen Fernsehpreis in München mit dem Ehrenpreis des Ministerpräsidenten gewürdigt. Die Jury lobte das „überwältigende Lebenswerk“ der Darstellerin. © dpa | Ursula Düren
1/26

Ein letzter großer Kampf um Gerechtigkeit

In „Evas letzter Gang“, der die Ereignisse der ersten beiden Folgen (mit den gealterten Darstellern von damals) aufgreift, geht es für das Duo darum, die Irrtümer und Fehler von 2002 einzugestehen und die Täter aus den eigenen Reihen endlich zur Verantwortung zu ziehen. Es beginnt ein letzter, großer und persönlicher Kampf um polizeiliche Integrität und Gerechtigkeit.

• Arte, Freitag, 25. Oktober, 20.15 Uhr