Schmidts Tivoli

Reeperbahn Fest: Experimente mit Strawinsky und Ravel

| Lesedauer: 3 Minuten
Heinrich Oehmsen
Matthias Arfmann und Soul-Sängerin
Onejiru

Matthias Arfmann und Soul-Sängerin Onejiru

Foto: Gulliver Theis/Decca Records

Projekt Ballet Jeunesse wird heute im Schmidts Tivoli aufgeführt. Dabei sind: die Symphoniker Hamburg unter Bernd Ruf.

Hamburg.  Die Antwort war unmissverständlich und lautete: „Njet!“ Die Erben des 1953 gestorbenen Sergej Prokofjew mochten auf keinen Fall ihre Einwilligung zu einem Musikprojekt geben, das Matthias Arfmann sich überlegt hatte. Der Hamburger Produzent (Beginner, Jan Delay) und Musiker (Die Kastrierten Philosophen) wollte Ballettklassiker der vergangenen 150 Jahre mit neuen Rhythmen und addierten Gesangsteilen auch für den Club tanzbar machen. Doch dafür ist für die ersten 70 Jahre nach dem Tod eines Komponisten eine Rechtefreigabe durch die Erben notwendig. Und die haben meist kein großes Interesse an solchen Überarbeitungen, noch dazu in einem Pop-Electro-Kontext.

Doch Arfmann blieb beharrlich. Mit dem Hinweis, dann werde er eben noch einige Jahre warten und nach Ablauf der Frist seinen Plan ungehindert umsetzen, wurde schließlich aus dem „Njet“ ein „Da“, also „Ja“. „Ohne so herausragende Werke wie Prokofjews ,Romeo und Julia‘ oder Strawinskys ,Feuervogel‘ hätten wir unsere Arbeit einstampfen müssen“, sagt Arfmann im Rückblick.

Orchesterteile mussten neu eingespielt werden

Seit sieben Jahren schon befasst er sich mit dem Thema, nachdem er bereits im Jahr 2005 für die Deutsche Grammophon Aufnahmen des Dirigenten Herbert von Karajan „re-composed“ hatte. Bei der aktuellen Produktion hat Arfmann wieder das Team von damals um sich geschart. „Wir haben stundenlang Ballettmusik gehört und dann Samples rausgesucht. Zu fünft haben wir im Studio die verschiedenen Teile hin- und hergeschoben, experimentiert und neue Loops produziert. Matthias saß hinterm Mischpult und hatte die Chefposition“, beschreibt Peter Imig die Arbeitsweise. Der Geiger und Bassist gehört zu Arfmanns fünfköpfigem Team.

Für die Produktion sollten auch bereits vorhandene Aufnahmen berühmter Orchester und bedeutender Dirigenten genutzt werden – auch dies ein Pro­blem. Rechtefreigaben waren nicht zu erhalten, sodass die Orchesterteile neu eingespielt werden mussten.

Dafür konnte Matthias Arfmann das Deutsche Filmorchester Babelsberg und den Dirigenten Bernd Ruf gewinnen. Nun ist das Album mit insgesamt 13 Klassikern fertig. Bei „Romeo und Julia“ dröhnt ein V8-Motor auf, und ein schwerer Beat wird unter das Original gelegt; für Ravels „Daphnis et Chloé“ und ein paar weitere Nummern hat die Soulsängerin Onejiru Texte geschrieben, die sie auf Englisch, Arabisch und Kisuaheli singt; Jan Delay spricht den Text bei „Peter und der Wolf“, und Kele Okereke von der Band Bloc Party singt auf „Je Reve“.

Am heutigen Mittwoch wird das Ballet Jeunesse im Rahmen des Reeperbahn Festivals in Schmidts Tivoli aufgeführt. Dabei sind: die Symphoniker Hamburg unter Bernd Ruf. Arfmann und seine Crew bedienen die Elektronik, Peter Imig spielt Bass. Puristen werden vielleicht die Nase rümpfen, doch Arfmann freut sich auf die Aufführung: „Der Club-Kontext passt ideal zum Ballet Jeunesse.“

Ballet Jeunesse Mi 21.9., 21.30, Schmidts Tivoli, im Rahmen des Reeperbahn Festivals. Tickets: reeperbahnfestival.com