Berlin. Colin Firth ist ab Donnerstag in „Genius“ als legendärer Lektor zu sehen. Mit uns sprach er über Schriftsteller, Geld und Pantoffeln.

Der britische Schauspieler und Oscar-Gewinner Colin Firth (55, „The King’s Speech“) spürt das Alter. „Zumindest habe ich nicht mehr die gleiche Energie wie früher“, sagt Colin Firth im Interview mit Rüdiger Sturm. Ins Hotel kam Firth mit schwarzer Brille, ganz seriös – passend zum Schriftstellerdrama „Genius“ (ab 11. August im Kino).

In „Genius“ spielen Sie einen legendären Lektor, der Schriftsteller wie Ernest Hemingway oder F. Scott Fitzgerald betreute. Welche Autoren haben Sie denn privat begeistert?

Colin Firth: Fitzgerald mochte ich immer. Ansonsten fand ich Dostojewski sehr eindrucksvoll. Von „Verbrechen und Strafe“ war ich regelrecht besessen. Und als Teenager interessierte ich mich sehr für D. H. Lawrence – dank all der zügellosen Leidenschaft, die in seinen Geschichten fröhliche Urständ feierte.

Und diese zügellosen Leidenschaften teilten Sie?

Firth: In meiner Jugend war ich jedenfalls ziemlich wild drauf. Ich wollte mir nichts vorschreiben lassen – zum Beispiel nicht, was ich zu lesen hatte. Deshalb machte ich um die Autoren, die wir in der Schule vorgesetzt bekamen, erst mal einen Bogen. Ich hatte langes Haar und gepiercte Ohren. Und mit 17 sang ich in einer Rockband – sehr laut und sehr schlecht. Auf diese Weise habe ich meine Stimmbänder erheblich beschädigt. Deshalb musste ich mich operieren lassen – ein Jahr lang konnte ich nicht richtig sprechen. Wenn das schiefgegangen wäre, dann hätte ich die Schauspielerei komplett vergessen können.

Sie sind erfolgreich wie nie.

Firth: Vielleicht liegt es daran, dass ich komplexere Rollen spiele – Männer mit einer Vergangenheit. Ich hätte keine Lust, einen jungen Grünschnabel darzustellen, der sich zum ersten Mal verliebt. Mit meinen jetzigen Rollen kann ich mein eigenes Leben reflektieren. Das sind Männer mittleren Alters, die begreifen, dass sie mit ihren Problemen nicht klarkommen und sich aufgeben. Und dann sehen sie, dass es doch noch eine Chance gibt.

In „Genius“ ist zu sehen, dass beruflicher Erfolg auch ein Problem fürs Privatleben werden kann.

Firth: Das ist völlig richtig. Einerseits mag ich es, wenn mich eine Rolle ganz und gar in Anspruch nimmt, aber zu Hause ist das eine Belastung. Das gilt für mich wie für jeden Berufstätigen, der sich privat für seine Arbeit einschränkt. Aber in dieser Zeit bin ich für die Menschen, die mit mir zusammenleben, nicht so einfach im Umgang.

Ihre Frau ist ganz eingeschüchtert?

Firth: Das nun auch wieder nicht. Meine Frau ist eine sehr eindrucksvolle Person und sie kennt mich sehr gut. Sie ist sehr scharfsinnig, effizient und kann auch ganz schonungslos in ihrem Urteil sein.

Ihren nächsten Job können wir ja schon in wenigen Wochen erleben, wenn Sie als Mark Darcy im dritten „Bridget Jones“-Film zurückkehren. Machte es wirklich Spaß, die gleiche Rolle zum dritten Mal zu spielen?

Firth: Bei so einem Drehbuch auf jeden Fall. Es war großartig. Da habe ich keine Sekunde gezögert.

Wie wichtig ist Ihnen Geld?

Firth: Ich bin nicht sehr materialistisch eingestellt, aber wegen meiner Familie denke ich anders als in meiner Jugend. Da wollte ich bloß experimentelles Theater machen.

Mögen Sie es, älter zu werden?

Firth: Nicht besonders. Wer genießt es schon, wenn er langsam körperlich abbaut?

Ist das bei Ihnen der Fall?

Firth: Zumindest habe ich nicht mehr die gleiche Energie wie früher. Als ich jung war, war ich nach einem Arbeitstag so aufgeladen, dass ich einfach noch um die Häuser ziehen musste. Da ging ich sogar noch tanzen. Aber jetzt fahre ich sofort nach Hause und ziehe meine Pantoffeln an.