Hamburg. Ein „Tatort“ im Kino: Horst Schimanski war der Erste, jetzt folgt Nick Tschiller. Schweiger lässt es in „Tschiller: Off Duty“ krachen.

Schweiger und leise – das passt nicht. Nicht, wenn es um Til Schweiger beim „Tatort“ geht. Als Nick Tschiller hat er den ARD-Traditionskrimi mit knallharter Action und peitschenden Schüssen durcheinandergewirbelt. Kaum jemand brachte dem TV-Sonntagabend in letzter Zeit so viele Schlagzeilen ein wie er. Vier Filme, deren jeweilige Kosten zwischen 1,5 und zwei Millionen Euro liegen sollen, lieferte die Hamburg-Crew um Regisseur Christian Alvart, Co-Star Fahri Yardim und eben Schweiger bislang für die Reihe ab. Jetzt holen sie mit „Tschiller: Off Duty“ auf der Leinwand zum großen Schlag aus. Im Interview der Deutschen Presse-Agentur spricht Schweiger (52) über Quoten, Konsequenzen und Gesichtsausdrücke.

Kein „Tatort“ im Vorspann, im Filmtitel oder auf den Plakaten. Soll im Kino nichts an Nick Tschillers TV-Herkunft erinnern?

Til Schweiger : Wir hatten überlegt, das „Tatort“-Logo zu verwenden, aber die ARD hat ganz klare Richtlinien, was Grafik und Farbgebung anbelangt – und wir hatten dieses Motiv über den Dächern von Istanbul, das passte einfach nicht. Außerdem denken ohnehin schon viele Leute, dass jetzt einfach ein Fernseh-„Tatort“ für GEZ-Gebühren ins Kino kommt. Dabei ist es ein ganz eigener Kinofilm, der mit dem „Tatort“ nichts gemein hat – außer dem Hauptdarsteller. Man muss auch die vier Episoden zuvor überhaupt nicht gesehen haben, um den Film zu verstehen.

Wie hoch war der Anteil der NDR-Gelder an dieser Produktion?

Schweiger : Insgesamt lag unser Budget bei knapp neun Millionen Euro. Ich habe beim NDR für vier weitere Tatorte unterschrieben, der Kinofilm ist einer von denen. Den Sender hat das also genauso viel gekostet wie jeder andere unserer „Tatorte“ – für den NDR ist das eigentlich ein Riesenschnäppchen. Dazu kamen Förder- und eigene Gelder. Insgesamt hatten wir etwa 40 Drehtage, und natürlich sind Drehs in Istanbul und Moskau aufwendiger. Aber Istanbul ist einfach eine unfassbare Stadt und auch Moskau hat gigantische Kulissen zu bieten.

Ihre Figur Nick Tschiller wird gern mit James Bond oder den Helden in „Stirb langsam“ und „96 Hours“ verglichen. Von deren Budget ist aber auch der Kino-„Tatort“ noch weit entfernt.

Schweiger : Konkurrieren kann man mit denen nicht. Der letzte James-Bond-Film „Spectre“ soll 300 Millionen Euro gekostet haben. So ein Budget kann man in Deutschland nicht stemmen, weil man einen deutschen Film eigentlich immer nur in Deutschland, Österreich und der Schweiz auswerten kann und nicht wie James Bond weltweit. Außerdem haben es Actionfilme generell schwer in Deutschland. Es gibt welche, die schaffen in Frankreich drei Millionen Zuschauer und bei uns gerade mal 200.000.

Schweiger ist Fan von Liam Neeson

Und von wem dieser drei sind Sie selbst Fan: Daniel Craig (James Bond), Bruce Willis („Stirb langsam“) oder Liam Neeson („96 Hours“)?

Schweiger : Daniel Craig finde ich okay, aber ich bin großer Fan von Liam Neeson und Bruce Willis. Wenn ich mich entscheiden müsste, mit wem ich abends essen gehen würde, dann mit Liam oder Bruce. Jeder hat halt seinen Geschmack, so gibt es auch für mich Hollywoodstars, bei denen ich sage: Das ist ein geiler Typ, für den gehe ich ins Kino. Und Bruce und Liam sind einfach Supertypen.

Und Sie haben in „Tschiller: Off Duty“ sogar einen Gesichtsausdruck mehr zu bieten als Liam Neeson in „96 Hours“, wie Sie in einem Interview kürzlich sagten.

Schweiger : Weil ich immer wieder lese, ich hätte nur einen Gesichtsausdruck (grinst). Und so geht es eben auch Liam. Er hat nun mal nur einen in „96 Hours“ – und was für einen soll er denn auch noch haben? Der rächt seine Tochter, der ist auf einer Mission.

Nick Tschillers Mission im Kampf gegen den kurdischen Astan-Clan ging im Fernsehen nach vier Folgen mit deutlich gesunkenen Einschaltquoten zu Ende. Auf wie viele Zuschauer hoffen Sie bei „Off Duty“?

Schweiger : Von den Einschaltquoten war ich sehr enttäuscht. Wir haben am 1. Januar mit zehn Millionen angefangen – und schwups, nach drei Minuten waren zwei Millionen weg beim „Traumschiff“, weil sie sich gesagt haben: Der wird da unter Wasser gefoltert, das wollen wir uns am Neujahrsabend nicht antun. Da war es auch kein Trost, dass man uns erzählt hat: Hey, wir hatten noch nie so einen großen Abstand zum „Traumschiff“. Aber Tschiller hat immer viele junge Zuschauer, die auch eher ins Kino gehen.

Der erste Kino-„Tatort“ 1985 mit Götz George als Schimanski hatte 2,7 Millionen Besucher.

Schweiger : Ich hoffe natürlich auch für uns auf viele Zuschauer. Aber wir haben von Anfang an gesagt: Das ist ein Experiment. Mit Schimanski hat das damals funktioniert. Allerdings hatte der auch im Fernsehen – zu einer Zeit, als es nur wenige TV-Programme gab – zig Millionen mehr Zuschauer. Es kann sein, dass das Kino-„Tatort“-Experiment wieder funktioniert, es kann sein, dass das nicht passiert. Ich bin gespannt.

Publikum in den ersten Minuten besser nicht schocken

Wie geht es danach im Fernsehen für Tschiller und seinen Kollegen Yalcin Gümer (Fahri Yardim) weiter?

Schweiger : Den nächsten „Tatort“ werden wir erst im nächsten Jahr drehen. Welche Richtung wir Nick und dem Yalcin geben, wer der nächste Gegenspieler sein wird, ob wir künftig jeweils abgeschlossene Episoden machen – das ist alles noch offen. Möglicherweise wird Alyona Konstantinova, die im Kinofilm die russische Prostituierte Dasha spielt, dabei sein – für den Yalcin. Für Nick müssen wir noch überlegen.

TV-Premiere für Schweigers Kino-„Tatort“

Für Til Schweigers „Tatort“-Kommissar ist das Finale in Moskau bereits eine Woche vor dem Endspiel der Fußball-WM in Russland. Sein Kino-Ausflug „Tschiller – Off Duty“ für die Krimireihe ist erstmals im Fernsehen zu sehen – ein Actionspektakel mit Showdown in Russlands Hauptstadt.
Für Til Schweigers „Tatort“-Kommissar ist das Finale in Moskau bereits eine Woche vor dem Endspiel der Fußball-WM in Russland. Sein Kino-Ausflug „Tschiller – Off Duty“ für die Krimireihe ist erstmals im Fernsehen zu sehen – ein Actionspektakel mit Showdown in Russlands Hauptstadt. © 2016 Warner Bros. Ent. | NIK KONIETZNY
Vier „Tatort“-Folgen hat Til Schweiger für das Fernsehen bereits abgeliefert. Fortlaufend erzählten die Filme von Tschillers Kampf gegen den kurdischen Astan-Clan. Firat Astan (Erdal Yildiz) ist auch in
Vier „Tatort“-Folgen hat Til Schweiger für das Fernsehen bereits abgeliefert. Fortlaufend erzählten die Filme von Tschillers Kampf gegen den kurdischen Astan-Clan. Firat Astan (Erdal Yildiz) ist auch in "Tschiller – Off Duty" mit von der Partie – man muss die TV-Episoden aber nicht vorher gesehen haben, um den Actionstreifen zu verstehen. © 2016 WarnerBros.Ent. | Nik Konietzny
Der Film funktioniert als eigenständiges Spektakel. Actionreicher und aufwendiger als je zuvor.
Der Film funktioniert als eigenständiges Spektakel. Actionreicher und aufwendiger als je zuvor. © 2016 WarnerBros.Ent. | Nik Konietzny
Auch Schweigers Tochter Luna gehört wieder mit zum Ensemble. In ihrer Rolle als Tschillers Tochter Lenny ist sie durch den Mord an ihrer Mutter traumatisiert und macht sich still und leise auf den Weg nach Istanbul, um den Tod ihrer Mutter Isabella zu rächen.
Auch Schweigers Tochter Luna gehört wieder mit zum Ensemble. In ihrer Rolle als Tschillers Tochter Lenny ist sie durch den Mord an ihrer Mutter traumatisiert und macht sich still und leise auf den Weg nach Istanbul, um den Tod ihrer Mutter Isabella zu rächen. © 2016 WarnerBros.Ent. | Nik Konietzny/
Ermittlerkollege und Kumpel Yalcin Gümer (Fahri Yardim) gelingt es, ihr Handy in Istanbul zu orten.
Ermittlerkollege und Kumpel Yalcin Gümer (Fahri Yardim) gelingt es, ihr Handy in Istanbul zu orten. © 2016 Warner Bros. Ent. | NIK KONIETZNY
Da Erzfeind Astan mittlerweile aus türkischer Haft entkommen konnte, steht fest: Tochter Lenny schwebt in Lebensgefahr. Gemeinsam verlassen die Kollegen Hamburg und nehmen den ersten Flug nach Istanbul.
Da Erzfeind Astan mittlerweile aus türkischer Haft entkommen konnte, steht fest: Tochter Lenny schwebt in Lebensgefahr. Gemeinsam verlassen die Kollegen Hamburg und nehmen den ersten Flug nach Istanbul. © 2016 Bros. Ent. | NIK KONIETZNY
Vater Nick jagd schon bald durch die türkische Metropole.
Vater Nick jagd schon bald durch die türkische Metropole. © 2016 Warner Bros.Ent. | NIK KONIETZNY
Es wird geprügelt, geschossen, getötet. Tschiller rast durch die Straßen und über die Dächer Istanbuls und hechtet sich über Häuserschluchten.
Es wird geprügelt, geschossen, getötet. Tschiller rast durch die Straßen und über die Dächer Istanbuls und hechtet sich über Häuserschluchten. © 2016 Warner Bros. Ent. | NIK KONIETZNY
Er stürzt sich in Zweikämpfe , nimmt es gleich mit mehreren Polizisten auf und übersteht spektakuläre Autorasereien.
Er stürzt sich in Zweikämpfe , nimmt es gleich mit mehreren Polizisten auf und übersteht spektakuläre Autorasereien. © 2016 Warner Bros. Ent. | NIK KONIETZNY
Die Jagd führt nach Moskau: Lenny ist von zwielichtigen Organhändlern in die russische Hauptstadt verschleppt worden. Für Nick beginnt endgültig ein Rennen gegen die Zeit.
Die Jagd führt nach Moskau: Lenny ist von zwielichtigen Organhändlern in die russische Hauptstadt verschleppt worden. Für Nick beginnt endgültig ein Rennen gegen die Zeit. © 2016 Warner Bros. Ent. | NIK KONIETZNY
„Ich hab Isabella verloren, Lenny verlier ich nicht“ – so klar wie Tschillers Ansage sind auch die Fronten in dem 135 Minuten langen und bildgewaltigen Actionspektakel. Einige neue Figuren kommen bis zum Showdown in Moskau hinzu, es gibt kurze Dialoge in Türkisch, Russisch oder Englisch.
„Ich hab Isabella verloren, Lenny verlier ich nicht“ – so klar wie Tschillers Ansage sind auch die Fronten in dem 135 Minuten langen und bildgewaltigen Actionspektakel. Einige neue Figuren kommen bis zum Showdown in Moskau hinzu, es gibt kurze Dialoge in Türkisch, Russisch oder Englisch. © 2016 Warner Bros.Ent. | NIK KONIETZNY
Frauen spielen bis auf eine Liebesnacht mit Berrak Tüzünataç am Bosporus und eine russische Prostituierte (Alyona Konstantinova) keine große Rolle, Nick hat ja Yalcin und braucht keine Tschiller-Girls. Apropos Girls: 300 Millionen Euro soll das jüngste James-Bond-Abenteuer „Spectre“ gekostet haben, sagte Schweiger. „Off Duty“ komme auf knapp neun Millionen.
Frauen spielen bis auf eine Liebesnacht mit Berrak Tüzünataç am Bosporus und eine russische Prostituierte (Alyona Konstantinova) keine große Rolle, Nick hat ja Yalcin und braucht keine Tschiller-Girls. Apropos Girls: 300 Millionen Euro soll das jüngste James-Bond-Abenteuer „Spectre“ gekostet haben, sagte Schweiger. „Off Duty“ komme auf knapp neun Millionen. © 2016 WarnerBros.Ent. | Nik Konietzny
Zwischendurch darf auch der Humor nicht zu kurz kommen. Tschillers Kollege Gümer hat schon in den TV-Filmen für viele Lacher gesorgt und übernimmt auch hier den wichtigen „Buddy“-Part.
Zwischendurch darf auch der Humor nicht zu kurz kommen. Tschillers Kollege Gümer hat schon in den TV-Filmen für viele Lacher gesorgt und übernimmt auch hier den wichtigen „Buddy“-Part. © 2016 Warner Bros. Ent. | NIK KONIETZNY
Das Zusammenspiel der beiden privat ebenfalls Befreundeten sorgt zwischen Stunts und Schießereien für amüsante Szenen, bis hin zum demonstrativen Po-Grapscher vor homophoben Russen.
Das Zusammenspiel der beiden privat ebenfalls Befreundeten sorgt zwischen Stunts und Schießereien für amüsante Szenen, bis hin zum demonstrativen Po-Grapscher vor homophoben Russen. © 2016 Warner Bros. Ent. | NIK KONIETZNY
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Tschiller wird doch aber wohl auch künftig nicht den typischen „Tatort“ liefern?

Schweiger : Sicherlich werden wir aus den Einschaltquoten eine Lehre ziehen und nicht mehr so spektakulär anfangen. Denn das hat uns jedes Mal zwei Millionen von den älteren Zuschauern gekostet. Bei den jüngeren Zuschauern war das nicht so. Die, die nicht weggeschaltet haben, die sind drangeblieben wie ein Brett. Aber man sollte das Publikum in den ersten Minuten wohl besser nicht schocken.

Nur wenige Stunden nach Ihrem jüngsten TV-„Tatort“ setzten Sie einen Kommentar im sozialen Netzwerk Facebook ab, in dem Sie Regisseur Christian Alvart gefeiert und sich über Kritiker empört haben.

Schweiger : Ja, weil es mir wichtig war, noch einmal Christians Leistung zu würdigen. Außerdem gab es bei unseren „Tatorten“ von Anfang an immer wieder diese absurden Diskussionen darüber, dass das alles nicht realistisch sei. Dabei haben wir nie gesagt, wir bilden den deutschen Polizeialltag ab. Tschiller ermittelt nicht, Tschiller bekämpft.

Emma Schweiger will in Malibu zur Schule gehen

Auf der Leinwand hatten Sie zuletzt großen Erfolg mit Ihrer Tragikomödie „Honig im Kopf“. Was planen Sie dort nach dem Kino-„Tatort“?

Schweiger : Das nächste Projekt möchte ich erst verkünden, wenn ich genau weiß, dass das mein nächster Film wird. Wir arbeiten an verschiedenen Drehbüchern. Eines davon ist der Film über Flüchtlinge, die Idee ist grandios. Wenn es das Drehbuch auch wird, machen wir das – und mit Sicherheit nicht als „Keinohrhasen“ über Flüchtlinge.

In „Honig im Kopf“ war Ihre Tochter Emma wieder mit von der Partie, Ihre Tochter Luna hat unter anderem in allen bisherigen „Tatorten“ mitgespielt. Planen Sie mit Ihren Kindern auch die nächsten Projekte?

Schweiger : Emma will erst einmal für ein Jahr in Malibu zur Schule gehen. Bei ihr stellt sich immer die Frage, ob sie ihre Ferien für Dreharbeiten opfern will oder nicht. Luna weiß noch nicht so richtig, was sie machen möchte, für sie steht jetzt erstmal Reiten im Vordergrund. Und Valentin und Lilli haben keinerlei Interesse, vor einer Filmkamera zu stehen.

(dpa)