Los Angeles. „The Revenant“ mit Leonardo DiCaprio ist der große Sieger der Golden-Globe-Verleihung. Der Favorit, das Drama „Carol“, geht leer aus.
Männer- oder Frauenfilm? Die Antwort bei der 73. Golden-Globe-Verleihung in Hollywood in der Nacht von Sonntag auf Montag war ganz eindeutig. In der Kategorie Bester Film traten beim Drama „Carol“ gegen „The Revenant“ an, das Meisterwerk um eine Liebe zweier Frauen gegen den Überlebenskampf von Leonardo DiCaprio allein in der Wildnis, bei der Komödie (die Globes unterscheiden im Gegensatz zu den Oscars zwischen E und U) „Joy“, die Filmbiographie einer Hausfrau, die zum Werbe-TV-Star wird, gegen „Der Marsianer“ mit Matt Damon allein im All. Und immer siegten die Männer. Und die Solo-Parforce-Performances.
„The Revenant“, der in Deutschland gerade erst angelaufen ist, wurde sogar zum großen Gewinner des Abends: Der Mexikaner Alejandro Gonzáles Iñárritu gewann als bester Regisseur und Leonardo DiCaprio als bester Hauptdarsteller. Die beiden Herren strahlten nach der Verleihung mit den drei Globen in ihren Händen. „Carol“ dagegen, der mit fünf Nominierungen als der große Favorit ins Rennen gegangen war, ging völlig leer aus.
Dass DiCaprio gewinnen würde, war nicht anders erwartet worden. Große Überraschung dagegen bei den Frauen, wo Cate Blanchett und Rooney Mara beide für „Carol“ nominiert waren und sich wohl gegenseitig ausstachen. Stattdessen gewann die noch eher unbekannte Brie Larson für das irische Extremdrama „Room“, in dem eine Mutter und ein Sohn in einem Gartenhäuschen gefangen gehalten werden.
Ein Abend der Verlierer
So war dieser Abend vor allem ein Abend der Verlierer: Nicht nur „Carol“ ging leer aus, sondern auch „The Danish Girl“ (drei Nominierungen) um eine der ersten Geschlechtsumwandlungen der Geschichte. Das sagt viel aus über die Akzeptanz von Minderheiten. Aber auch die ambitionierten Politdramen fielen durch: „The Big Short“ (vier Nominierungen), in dem große Stars uns noch mal zeigen, wie es zur Finanzkrise kam, und „Spotlight“ (drei Nominierungen) über die Aufdeckung von Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche. Im Zweifel setzt Hollywoods Auslandspresse also auf Unterhaltung und große Schauspielerfilme statt auf große Reizthemen. Und auf Survival-Kino.
„Der Marsianer“ war der zweite große Sieger des Abends, Matt Damon gewann auch als bester Komödiendarsteller. Auch wenn sich Regisseur Ridley Scott doch ein wenig wunderte, warum sein Film in dieser Kategorie lief. Auch „Steve Jobs“ kam auf zwei Globes, allerdings nur in der Kategorie bestes Drehbuch und beste Nebendarstellerin (Kate Winslet). Jennifer Lawrence nahm für „Joy“ bereits ihren dritten Goldglobus entgegen. Und einen heimste auch Sylvester Stallone für seinen jüngsten „Rocky“-Film „Creed“ ein. Stallone war schon 1977 für den ersten „Rocky“ nominiert, ging damals aber leer aus. In „Creed“ steigt er nicht mehr selbst in den Ring, sondern trainiert einen Jüngeren – und wird dafür dann doch mal geehrt.
Gradmesser für die Oscars
Was bedeutet das nun alles für die Oscars? Der Globe gilt ja bei vielen immer noch als Gradmesser für jenen. Obwohl es inzwischen so viele andere Auszeichnungen gibt, dass man von einer regelrechten „Award Season“ spricht. Der Globe taugt dabei von allen am wenigsten zum Vergleich. Weil er von einer Schar von Journalisten verliehen wird, die von den großen Studios verwöhnt und gehätschelt wird. Und weil er eben die E/U-Unterscheidung trifft. Beim Oscar könnten Matt Damon und Leo DiCaprio dann direkt aufeinander treffen, und ob Letzterer dann endlich auch mal beim Oscar zum Zuge kommt, ist durchaus nicht ausgemacht. Er hat ja schon drei Globes zuhause stehen, aber noch keinen Academy Award.
Wie sehr der Globe als Oscar-Vorbote taugt, zeigte auch das vergangene Jahr: Da stach Richard Linklaters Langzeitbeobachtung „Boyhood“ Inárritus Broadway-Satire „Birdman“ aus. Beim Oscar war es dann aber genau anders herum. Die Chance, dass die Preise übereinstimmen, ist ziemlich genau fifty-fifty, der Globe nur ein Preis von vielen. Er ist nur eben nach dem Oscar der mit der meisten Tradition. Und dem zweitgrößten Glamour-Effekt, was die Red-Carpet-Show angeht, den Teppichfaktor also und die Modenschau Was-trag-ich-heut-am-Körper.
Neben Filmen zeichnet die Hollywood-Auslandspresse auch Fernsehproduktionen aus. Und wie bei den Oscars, steht sie hier hinter dem Emmy zurück. Kleine Überraschungen auch hier: Die Serie „Mr. Robot“ stach „Game of Thrones“ aus, die Miniserie „Wolf Hall“ siegte über „Fargo“. Und Lady Gaga gewann als beste Schauspielerin in der Kategorie Miniserie.
Durch den Abend führte einmal mehr der britische Komiker Ricky Gervais. Der ist bekannt für seine Gifteleien und teilte denn auch wie gewohnt aus. Erst begrüßte er die anwesenden Stars als „widerwärtigen, pillenschluckenden, sexuell perversen Abschaum“. Verteilte weitere Giftspritzen. Um am Ende zu verkünden, dass er nun ein sicheres Versteck aufsuchen werde, wo ihn „nicht einmal Sean Penn finden“ werde – eine Anspielung auf das heimliche Treffen von Penn mit dem mexikanischen Drogenboss Joaquín „El Chapo“ Guzmán, das weltweit Schlagzeilen machte. Mit ihrem Moderator beweist die Auslandspressevereinigung immerhin Humor. Denn Gervais hatte in der Vergangenheit auch schon über deren Bestechlichkeit geätzt.
Das sind die Gewinner der Golden Globes
• Die Preisträger im Überblick:
FILM
Bestes Filmdrama: „The Revenant - Der Rückkehrer“
Beste Komödie/Musical: „Der Marsianer - Rettet Mark Watney“
Bester Schauspieler in einem Drama: Leonardo DiCaprio („The Revenant - Der Rückkehrer“)
Beste Schauspielerin in einem Drama: Brie Larson („Room“)
Bester Schauspieler in einer Komödie/Musical: Matt Damon („Der Marsianer - Rettet Mark Watney“)
Beste Schauspielerin in einer Komödie/Musical: Jennifer Lawrence („Joy - Alles außer gewöhnlich“)
Bester Nebendarsteller: Sylvester Stallone („Creed - Rocky’s Legacy“)
Beste Nebendarstellerin: Kate Winslet („Steve Jobs“)
Beste Regie: Alejandro González Iñárritu („The Revenant - Der Rückkehrer“)
Bestes Drehbuch: Aaron Sorkin („Steve Jobs“)
Beste Filmmusik: Ennio Morricone für „The Hateful Eight“
Bester Filmsong: „Writing’s On The Wall“ aus „James Bond 007 - Spectre“
Bester Animationsfilm: „Alles steht Kopf“ (Regie: Pete Docter, Ronnie Del Carmen)
Bester nicht-englischsprachiger Film: „Son of Saul“ (Ungarn, Regie: László Nemes)
FERNSEHEN
Beste Serie - Drama: „Mr. Robot“ (USA Network)
Bester Schauspieler - Drama: Jon Hamm („Mad Men“)
Beste Schauspielerin - Drama: Taraji P. Henson („Empire“)
Beste Serie - Komödie/Musical: „Mozart in the Jungle“ (Amazon)
Bester Schauspieler - Komödie/Musical: Gael García Bernal („Mozart in the Jungle“)
Beste Schauspielerin - Komödie/Musical: Rachel Bloom („Crazy Ex-Girlfriend“)
Beste Miniserie: „Wolf Hall“
Bester Schauspieler Miniserie: Oscar Isaac („Show Me a Hero“)
Beste Schauspielerin Miniserie: Lady Gaga („American Horror Story: Hotel“)
Bester Nebendarsteller Miniserie: Christian Slater („Mr. Robot“)
Beste Nebendarstellerin Miniserie: Maura Tierney („The Affair“)
(dpa)