Kultursenator Reinhard Stuth beantwortete Fragen des Schauspielhaus-Ensembles nach Einsparungen und der Zukunft des Hauses.

Hamburg. Kultursenator Reinhard Stuth besuchte Mittwochmorgen gut eine Stunde das Schauspielhaus, um drängende Fragen des Ensembles zu beantworten. "Wie, stellen Sie sich vor, kann das Theater 1,2 Millionen einsparen?", wurde er gefragt. "Soll das Haus kaputtgespart werden, um meistbietend verkauft zu werden?" "Suchen Sie schon nach einem neuen Intendanten?" Oder: "Welche Überlegungen lagen den Kürzungen zugrunde?" Im voll besetzten Zuschauerraum - das Schauspielhaus hat 350 Mitarbeiter, Mitarbeiter des Thalia-Theaters und des von Schließung bedrohten Altonaer Museums waren ebenfalls gekommen - beantwortete der Senator die Fragen, teils tapfer, teils zögerlich, teils auch von wenig Sachkenntnis getrübt. Beim Verlassen des Theaters wurde er von 700 Kindern und Jugendlichen empfangen, die im Chor skandierten: "Wir sind laut, weil man uns Theater klaut. Niemals aus die Maus für das Schauspielhaus."

Als wichtigste Antworten muss man das Bekenntnis Stuths werten, im Schauspielhaus "ein Ensemble- und Repertoiretheater erhalten zu wollen", ebenso die Aussage: "Wir werden jetzt die Bücher prüfen." Möglicherweise lasse sich so "das Sparvolumen abfedern". Warum sich der Senat, besser noch die Behörde, nicht vor den Kürzungsbeschlüssen mit dem Schauspielhaus beschäftigt hat, wurde Stuth immer wieder gefragt, blieb aber die Antwort schuldig. Stattdessen hieß es gebetsmühlenartig, das Thalia-Theater habe auch weniger Geld und käme damit aus.

Auf die Feststellung, das Schauspielhaus habe nur 2,4 Millionen, um künstlerisch frei zu entscheiden, wer und was auf der Bühne Kunst zeigen solle, entgegnete Stuth befremdet, das könne ja nicht sein in einem Etat von 19 Millionen. Doch, genau so ist es, denn der Rest geht für fixe Kosten weg. Muss man nun 1,2 Millionen sparen, müsste man das gesamte Ensemble entlassen. Oder alle Produktionen im großen Haus absagen. Oder das Junge Schauspielhaus schließen. "Wollen Sie das Haus schließen?", hieß eine der Fragen, und nach "Ah, äh, äh, ähem" sagte Stuth: "Das wäre keine Option."

Findet sich unter diesen Voraussetzungen überhaupt ein attraktiver Kandidat, der hier Intendant werden will? "Wir führen Sondierungsgespräche und betreiben die Intendanten-Suche mit Hochdruck", erklärte Stuth. Von wem er sich dabei beraten lässt, blieb unklar. In der deutschsprachigen Theaterlandschaft gibt es viele Künstler, die gerne helfen würden, aber von der Behörde nicht angesprochen werden.

"ICH HABE DEN EINDRUCK, SIE BRENNEN NICHT FÜR KULTUR"

Inzwischen hat Frankfurts Schauspiel-Chef Oliver Reese dem Schauspielhaus ein kostenloses Gastspiel angeboten. Als "Protest- und Solidaritätsaktion" könne er Michael Thalheimers Inszenierung "Ödipus/Antigone" zeigen, sagte er: "Die Aufführung handelt unter anderem von zu später Einsicht, von Hybris und Blindheit der Politiker."

Seit 15 Jahren verzeichnet das Schauspielhaus schon einen Werteverlust der Zuwendungen. Die 1993 gezahlten (umgerechnet) 18,6 Millionen Euro sind heute nur noch 13,3 Millionen wert. Tarifsteigerungen, die anderen Angestellten im öffentlichen Dienst zustehen, sind jahrelang nicht an die Mitarbeiter des Theaters weitergegeben worden. Wie man jetzt mit noch weniger auskommen soll, bleibt ein Rätsel. Der marode Bühnenturm und seine Technik immerhin sollen saniert werden. Für 16,5 Millionen. Das sind 2,1 Millionen weniger, als durch die Kostenvoranschläge für dringend notwendig erachtet worden waren.