„Himmel“

Wenn die Theater-Zuschauer rotieren müssen

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Foto: Roland Magunia

Das Theaterstück „Himmel“ im Jungen Schauspielhaus ist ein spannend inszeniertes Spiel, bei der die Zuschauer auf Drehstühlen sitzen.

Hamburg. Die Zuschauer sitzen auf Drehstühlen und müssen rotieren, um das Geschehen zu verfolgen. Als Bühne dienen erhöhte Stellagen an drei Seiten des Jungen Schauspielhauses, die vollgestellt sind mit Schreibtischen und Monitoren, an den Wänden sind Videoleinwände installiert. So sieht der moderne Überwachungsstaat aus, denn die fünf Akteure dort oben haben Zugriff auf Kommunikationsdaten in der ganzen Welt. Sie überwachen Telefonate und Mailverkehr, sie können sich in jedes private Gespräch hacken.

Die Analogie zur Überwachungswut der NSA und den Enthüllungen von Edward Snowden sind in Wajdi Mouawads Theaterstück „Himmel“ offensichtlich. Als der in Kanada lebende Libanese sein Stück 2009 als Teil des Zyklus „Das Blut der Versprechen“ schrieb, konnte er noch nichts von Snowdens Enthüllungen wissen. Doch die TV-Serie „24“ hatte bereits seit 2001 eine umfassende Überwachung durch staatliche Stellen thematisiert. In „Himmel“ versuchen die fünf Akteure, einer Verschwörung und einem bevorstehenden Attentat auf die Spur zu kommen – wie Jack Bauer in „24“.

Erschreckende Aktualität bekommt Mouawads Stück durch die Anschläge in Paris und Kopenhagen. Der arabische Dramatiker und sein deutscher Regisseur Konradin Kunze gehen allerdings nicht so platt vor, die Bedrohung irgendwelchen Dschihadisten in die Schuhe zu schieben. Islamistischer Terror ist nur eine von mehreren Bedrohungen, eine andere kommt aus den eigenen Reihen: Ein Netzwerk von jungen Anarchisten könnte hinter dem geplanten Anschlag stecken, ein Werk von Tintoretto der Schlüssel zu den Attentaten. Mouawad stellt in seinem Cyber-Drama auch die Frage: Was ist Widerstand und was ist Terrorismus?

Kunze und seine fünf Schauspieler schaffen es in diesem spannend inszenierten und komplexen Spiel, die Bedrohung von außen deutlich werden zu lassen. Gleichzeitig offenbart aber auch das innere Geheimdienstsystem Schwächen. Es geht um Macht, Opportunismus und den Mechanismus von Befehlsketten mit fatalen Folgen. Eine Erfahrung, die Jack Bauer auch immer wieder machen musste, wenn er in 24 Stunden mal wieder die Welt vor dem Bösen retten musste.

Nächste Termine: 24./25.2., jeweils 10.30 Uhr

( (oeh) )