Der Trompeter Nils Wülker, derzeit mit seiner Band auf Club-Tournee, leitet in diesem Jahr das Jazzprogramm auf Schloss Agathenburg.

Hamburg. Ihn süß finden: Das ist das Einfachste von der Welt. Er lächelt mit den Augen so, dass junge Frauen unruhig werden und Schwiegermütter finden, sie seien doch noch nicht so alt. Sich darauf nichts einzubilden: Das ist für Nils Wülker das Einfachste von der Welt. Schließlich ist er auf selbige nicht zum Schöne-Augen-Machen gekommen. Wülker, 35, macht lieber schöne Musik, eine, die man fraglos Jazz nennen kann. Aber für Jazz, wie man ihn kennt, ist sie viel zu aufgeräumt, zu zart, so gar nicht kratzbürstig. Dieser Tage ist der seit vielen Jahren in Hamburg beheimatete Trompeter aus Bonn mit seinem Quintett auf Deutschlandtournee. Am Montag spielt er im Kulturforum Kiel, in Hamburg ist er erst wieder beim Elbjazz-Festival Ende Mai zu hören.

Wülker reist mit der vor wenigen Monaten auf dem eigenen Label Ear Treat veröffentlichten CD "Just Here, Just Now" im Gepäck. Eine auf solide 180 Gramm Vinyl gepresste LP-Version davon hat er auch dabei. Das Album markiert in stilistischer Hinsicht eine Wandlung, weil Nils Wülker sich nunmehr allein auf seine Trompetenstimme verlässt. "Früher habe ich meine Musik zweistimmig gedacht, immer war da eine Linie fürs Saxofon dabei", erzählt er. Aber Wülkers Wandlungen vollziehen sich organisch; der Gitarrist Arne Jansen, der das Klangbild mit seinem ungemein differenzierten Spiel entscheidend prägt, ist ja auch erst seit wenigen Jahren in der Band, und schön war die Musik davor auch schon.

Das jüngste Werk ist nicht nur Wülkers kommerziell erfolgreichstes. Er staunt fast, wie gut die Platte auch vom Feuilleton aufgenommen wurde. Sogar die "FAZ" rühmte ihn für den "schier unversiegbaren Fluss melodischer Einfälle". Die oft auf dem Flügelhorn gespielten Melodien tun gar nicht erst so, als sei an der Musik irgendwas verrucht. Sollte sie Abgründe beschwören, so tun die sich eher unter Steilwänden im Gebirge auf als im Charakter des Menschen. Schließlich balanciert Nils Wülker sein Leben als Jazzmusiker gern beim Klettern aus. Die gesanglichen, sorgfältig inszenierten Vogelflüge der Wülkerschen Kompositionen auf "Just Here, Just Now" entfalten ihre eigene, ganz unspektakuläre Magie. Sie verleitet einen am Ende der viel zu kurzen 50-minütigen Spieldauer unwillkürlich zum Betätigen der Repeat-Taste.

Weil sich zu Wülkers musikalischem Urteilsvermögen seine Fähigkeit zur Integration gesellt und weil er dazu ein sehr umgänglicher Mensch ist, hat ihm die Stiftung Schloss Agathenburg bei Stade in diesem Jahr die Konzeption ihres Jazzprogramms übertragen. Acht Konzerte zwischen März und November zu organisieren, mit sich selbst als einziger Telefonkraft: Als Musiker kennt man das eher umgekehrt.

"Es hat Spaß gemacht", sagt Wülker. Man muss ihm dabei schon in die Augen sehen, um zu erkennen, wie viel Spaß es ihm tatsächlich gemacht hat. Aber dann sieht man auch, dass er sogar ein bisschen stolz ist auf sein Programm. Nils Wograms Nostalgia, Jessica Gall, Yakou Tribe, Sebastian Gille - es sind Namen, die alle auch passen zu diesem bescheiden auftretenden Könner.

Die Fahrzeit von Hamburg gibt der Teilzeit-Impresario mit unter einer Stunde an. Er selbst spielt das einzige Open-air-Konzert in Agathenburg, am 17. August. "Und das ist dann kein Festival-Gig, sondern ein volles Konzert."