Die renommierten “12 Cellisten“ der Berliner Philharmoniker sind am Sonnabend zu Gast in der Hamburger Laeiszhalle. Ein Interview.

Hamburg/Berlin. Man nennt sie gern "die glorreichen zwölf". Die Londoner "Times" schrieb einmal über die "12 Cellisten" der Berliner Philharmoniker, wenn jemand den Weg zum Jenseits kenne, dann diese Musiker. Am 5. Januar konzertieren sie seit langer Zeit wieder einmal in Hamburg. Ein Gespräch mit ihrem Geschäftsführer Martin Menking - ebenfalls Cellist - über Arrangements und den Wunsch nach kleinen Solos für jeden Musiker.

Hamburger Abendblatt:

Die Berliner Philharmoniker haben 13 Cellisten, eigentlich sind es sogar vierzehn, wenn man die Vakanz dazu zählt. Ist jeder gleichzeitig Mitglied der 12 Cellisten?

Martin Menking:

Jeder, der ins Orchester aufgenommen wird, wird automatisch auch Mitglied bei den 12 Cellisten.

Und wenn einer das nicht wollen würde?

Menking:

Dann hätte er ein Problem. Aber tatsächlich liegt das Problem eher darin, dass alle möglichst immer dabei sein wollen. Alle haben so viel Spaß daran und sind so begeistert, dass keiner bei den Konzerten aussetzen will.

Andererseits kann es doch vorkommen, dass zwei Kollegen krank sind. Was machen Sie dann?

Menking:

Wenn einer krank wird, kommt eine Aushilfe.

Aus welchen Orchestern?

Menking:

Unter anderem aus dem Deutschen Symphonie Orchester Berlin. Andreas Grünkorn und David Adorjan, die beiden Solocellisten des DSO - Adorjan ist jetzt Solocellist des NDR-Sinfonieorchesters - haben sehr viel bei uns ausgeholfen. Es kommt nicht nur darauf an, dass jemand gut spielen kann, sondern auch, dass er sich in die Gruppe gut einfügt und dass man sich gut verträgt, denn wir verbringen sehr viel freie Zeit miteinander. Wir werden von vielen Nicht-Cellisten des Orchesters beneidet um das, was wir machen, und zwar nicht nur um den Erfolg und um die Tourneen, sondern auch um den Zusammenhalt. Aber es ist eben auch sehr viel Arbeit, und das muss man wollen. Wir selber wissen das übrigens zu schätzen, dass wir uns so gut vertragen.

Die 12 Cellisten können logischerweise nur auftreten, wenn das Orchester frei hat ...

Menking:

Das macht uns rar.

In Hamburg werden Sie Ihr Programm mit dem "Hymnus" beginnen, den der Leipziger Cellovirtuose Julius Klengel 1922 geschrieben hat. Erklären Sie uns kurz, warum?

Menking:

Der "Hymnus" war ein Geburtstagsgeschenk zu Nikischs 65., er war damals Chefdirigent der Berliner Philharmoniker. Danach ist das Stück in der Versenkung verschwunden. Die 12 Cellisten der Berliner Philharmoniker haben es 1972 wieder belebt, und weil der Erfolg so groß war, hat sich das Ensemble gegründet.

Nach Klengels "Hymnus" und Stücken von Jean Françaix und Boris Blacher, die für die 12 Cellisten komponiert wurden, werden Sie zur U-Musik wechseln und unter anderem Filmmusiken von Ennio Morricone oder Michel Legrand spielen. Nach welchen Gesichtspunkten stellen Sie Ihre Programme zusammen?

Menking:

Wir richten uns natürlich möglichst nach den Wünschen des Veranstalters. Wenn der sagt "Ich möchte eine Uraufführung dabeihaben", dann überlegen wir, wen wir beauftragen können. Wir hatten 1012 zum Beispiel eine Uraufführung von Sofia Gubaidulina, und 2013 spielen wir voraussichtlich drei weitere Uraufführungen. Manche Veranstalter möchten ein fetziges Programm haben, andere sagen: "Bitte, hauptsächlich klassisch und nicht diese komischen kleinen Stücke da!"

Wer macht die Arrangements für Sie?

Menking:

Sehr unterschiedlich. Wir hatten einen wunderbaren Komponisten, Wilhelm Kaiser-Lindemann aus Preetz, der sehr viel für uns geschrieben und vor allem für uns arrangiert hat, aber der ist leider vor zwei Jahren gestorben. Von ihm haben wir sehr viele Stücke, die wir sehr gerne spielen, weil er wusste, wie man mit zwölf Celli umgeht.

Dass es nicht monochrom wird ...

Menking:

Genau. Man kann solche Arrangements natürlich chorisch schreiben - immer drei Leute spielen eine Stimme -, dann hat man vier Stimmen, aber das ist eigentlich langweilig. Wir sind zwölf Leute, wir wollen alle was zu spielen haben. Es kommt darauf an, jeden gleichberechtigt etwas spielen zu lassen, jedem ein kleines Solo zu geben. Kaiser-Lindemann kannte uns sehr genau, er wusste einfach, wer was konnte.

Und jetzt?

Menking:

Wir haben im Kollegenkreis einige, die arrangieren. David Riniker hat ganz tolle Sachen geschrieben, Ludwig Quandt, unser Erster Solocellist, hat auch schon arrangiert, aber wir suchen weiter nach guten Arrangeuren. Die sind aber wahnsinnig schwer zu finden. Wenn wir mit Komponisten zusammenarbeiten, versuchen wir ja auch zu sagen, was geht und was nicht geht. Die meisten sagen dann: "Wir wissen das schon", aber am Ende ist man doch wieder enttäuscht.

2012 haben die 12 Cellisten ihr 40-jähriges Bestehen gefeiert, 2013 ist Verdi- und Wagner-Jahr. Wird sich das in Ihren Programmen niederschlagen?

Menking:

Von Verdi haben wir ein Stück für uns arrangiert, das wir neulich unter Christian Thielemann gespielt haben. Die "Quattro pezzi sacri". Aber man kann nicht alles arrangieren. Bei vielen Stücken sagt man doch hinterher: "Das klingt im Original viel besser." Wir versuchen aber durchaus, spezielle Wünsche zu erfüllen. Ludwig Quandt hat zum Beispiel Schumann fürs Schumann-Fest in Düsseldorf arrangiert, weil die gesagt haben: "Ihr könnt nur kommen, wenn ihr auch Schumann mitbringt!"

Wer entscheidet, ob ein Arrangement gelungen ist oder nicht?

Menking:

Es ist selten so, dass die einen total dafür sind und die anderen total dagegen. Wenn wir nicht einer Meinung sind, kann man entweder nachbessern oder das Stück weglassen. Was natürlich enttäuschend für den Arrangeur ist.

Auf Ihren Auslandsreisen müssen Sie vernünftigerweise einen Zeitpuffer einplanen, sonst steht das Orchester komplett ohne Celli da ...

Menking:

Ja, man kann nicht aus Nowosibirsk um halb zehn landen, und um zehn ist Orchesterprobe. Bis jetzt ist - toi, toi, toi! - immer alles gut gegangen.

12 Cellisten Laeiszhalle, 5.1., 20 Uhr, Infos und Karten: www.elbphilharmonie.de