Das Filmfest Hamburg startet voll durch. Zum Beispiel mit Wotan Wilke Möhring in „Das Leben ist nichts für Feiglinge”.

Hamburg. Nach der gelungenen Eröffnung des Filmfests am Donnerstagabend wird an diesem Wochenende noch eine ordentliche Schippe draufgelegt. Gleich 63 Filme laufen am Sonnabend und Sonntag, Komödien, Dramen, Dokumentationen - für jeden Geschmack etwas. Einige Empfehlungen der Abendblatt-Kulturredaktion.

"Das Leben ist nichts für Feiglinge" ist schon mal ein ziemlich guter Titel - weil es natürlich stimmt, dass das Leben finstere Zeiten bereithält, die es einem schwer machen, morgens unter der Bettdecke hervorzukriechen. Markus Färber (Wotan Wilke Möhring) steckt in einer solchen Phase: Seine Frau ist gestorben, die 15-jährige Tochter (Helen Woigk) trauert auf ihre Art: Sie rebelliert. Verknallt sich in einen Schulabbrecher und Hobbyskater (Frederick Lau) und brennt mit ihm nach Dänemark durch. Dann erkrankt auch noch Färbers Mutter an Krebs. Der Film von André Erkau (Regie) und Gernot Gricksch (Buch) besticht durch schrägen Witz, Mut zum Pathos und tolle Darsteller.

Sa 19.30 Uhr, Cinemaxx 1

"Jackie" So hat man Schauspielerin Holly Hunter noch nicht gesehen. Filziges Haar, verkniffene Mundwinkel, der Gesamteindruck pendelt irgendwo zwischen Autismus und Ekelpaket. Jackie haust in einem Wohnwagen und hat vor Jahrzehnten für ein schwules Pärchen Zwillinge ausgetragen. Als sie nach einem schweren Sturz nach New Mexico in die Reha muss, reisen die längst erwachsenen Töchter (Carice van Houten und Jelka van Houten) eher unfreiwillig von Fulltimejob und Babyplanung zu ihrer "Eizellen-Lieferantin" an. In schönster Road-Movie-Manier (samt Gröleinlage bei offenem Fenster) machen sich die drei unterschiedlichen Frauen auf den Weg, der natürlich auch ein Selbstfindungstrip ist, ein sehr schön anzusehender.

Sa 21.45 Uhr, Cinemaxx 8

"Him, Here, After" Jahrzehntelang bekämpften sich tamilische Separatisten und das Militär von Sri Lanka. 2009 endete der Konflikt, der etwa 100 000 Tote forderte, mit dem Sieg des Militärs. Ein tamilischer Kämpfer, der nur "Him" genannt wird, kehrt in sein Dorf zurück. Doch er trifft auf breite Ablehnung der Bewohner, weil er als Einziger überlebt hat. Der Regisseur Asoka Handagama hat mit "Him, Here, After" ein aktuelles Drama verfilmt, in dem er die individuellen Schwierigkeiten und die Unsicherheiten einer Gesellschaft zeigt, die sich nach einem Bürgerkrieg neu zusammenfinden muss.

Sa 22 Uhr, Kleines Abaton

"Take This Waltz" Einmal mehr erweist sich Michelle Williams als Idealbesetzung in Independent-Liebesdramen. Unter der Regie von Sarah Polley ("An ihrer Seite") gerät ihr hübsch geordnetes Leben als jung verheiratete Frau eines Kochbuchautors aus den Fugen, als sie dem unkonventionellen Daniel begegnet. Weil die Zufallsbegegnung ausgerechnet in der Nachbarschaft wohnt, ist ihr Herz fortan hin- und hergerissen zwischen sicherer Vertrautheit und der verführerischen Verheißung von Abenteuer. Und weil sich Sarah Polley auf feine zwischenmenschliche Töne versteht, wird aus "Take This Waltz" mehr als nur eine weitere Dreiecksgeschichte.

So 17 Uhr, Cinemaxx 8

"The Sapphires" Sie waren die erste Aborigines-Girl-Band. In den 60er-Jahren - bis kurz zuvor waren die australischen Ureinwohner vor dem Gesetz noch nicht als menschliche Wesen, sondern als "Teil der Flora und Fauna" angesehen worden, so der Vorspann des Films - sangen sie gegen Vorurteile an. Und bewarben sich erfolgreich um den Job als musikalische Truppenbetreuung der US-Soldaten in Vietnam. Sympathische Protagonistinnen, witzige Dialoge, viel, viel Soul und eine wahre Geschichte. Der Drehbuchautor verarbeitet die Erinnerungen seiner Mutter. Vor dem Film singen die Floorettes live.

So 19.30 Uhr, Cinemaxx 1

"The New World" Sie besetzen Parkplätze oder pinseln nachts heimlich Zebrastreifen auf Straßen: Die Anti-Auto-Aktivisten in der estnischen Hauptstadt Tallinn stehen im Mittelpunkt einer Dokumentation, für die Regisseur Jan Tootsen die Gruppe fünf Jahre lang begleitet hat. Der Film erzählt auch von einer tiefen Krise, in die die Spaß-Guerilla-Gruppe schließlich gerät.

So 20 Uhr, 3001

"No" Gael Garcia Bernal, einer der herausragenden lateinamerikanischen Schauspieler, verkörpert in "No" einen jungen Werbeprofi, der 1988 in Chile die Kampagne gegen Diktator Augusto Pinochet leiten soll. Dabei erhält die Opposition nicht mehr als acht Minuten Sendezeit im Fernsehen. Dieses Politdrama von Pablo Lorrain beruht auf einer wahren Begebenheit und wurde in Cannes mit dem Art Cinema Award ausgezeichnet.

So 21.30 Uhr, Passage 1

Die Filme laufen im Original mit deutschen oder englischen Untertiteln.

Filmfest Hamburg bis 6.10. im Cinemaxx Dammtor, Metropolis, B-Movie, Passage, 3001, Studio, Abaton; Karten zu 7,50 unter www.filmfesthamburg.de