Das Hamburger Comic-Festival lädt ab Donnerstag ein zu Ausstellungen, einer Fachmesse, Partys und Vorträgen.

Magazin. Kontraste sind immer gut beim Malen. Zumindest geben sie dem Gezeichneten Struktur. Anke Feuchtenberger, Professorin an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften an der Armgartstraße, hat ihren Studenten in diesem Semester diesbezüglich eine dankbare Aufgabe gestellt. Sie sollten jeweils Comics zum Thema "Milch und Kohle" zeichnen.

Das Ergebnis ist ab morgen auf dem Comic-Festival zu begutachten. Dort sind 15 der im Studiengang Illustration angefertigten Arbeiten zu sehen. Um genau zu sein: Der Titel der Bildgeschichten heißt "Milch und Kohle. Die Mutter" und nimmt also nicht nur Bezug auf einen Erzählungsband Ralf Rothmanns, sondern greift auch ein Urmotiv der Psychologie auf.

"Allerdings sollten sich meine Studenten nicht zu sehr auf die Psychologie verlegen", sagt Feuchtenberger. Handwerklich arbeiten ließ sich mit dem Gegensatz Weiß und Schwarz jedenfalls gut. Dass das Comic-Festival, das unter anderem von der Hamburgischen Kulturstiftung, der Stadtteilkulturförderung des Bezirksamts Mitte und dem GWA St. Pauli gefördert wird, mit einer Veranstaltung beginnt, bei der Anke Feuchtenberger ihre Hände mit im Spiel hat, ist nicht verwunderlich: Ihr Tun spielte eine große Rolle für die Entstehung der äußerst vitalen Hamburger Comic-Szene.

Graphic-Novel-Größen wie Sascha Hommer oder Simon Schwartz (dessen Graphic Novel "Packeis" als bester Comic des Jahres ausgezeichnet wurde) studierten bei ihr, und auch sonst gibt es viele, die sich auf Feuchtenbergers narrativen Comic-Stil berufen. Die gebürtige Ostberlinerin lehrt seit anderthalb Jahrzehnten in Hamburg und tritt als Comic-Verlegerin im Mami-Verlag in Erscheinung. Weil sie sich aber nicht selbst loben will, lacht sie nur bei der Frage nach ihrem Einfluss auf die Szene - und sagt: "Ich will meinem Tun nicht zu viel Bedeutung beimessen."

Das ist hübsch bescheiden, ändert aber nichts daran, dass die 49-Jährige eine Generation von Zeichnern geprägt hat. Natürlich spottet sie ein bisschen, wie so viele, über die Karriere der Graphic Novels, die so etwas wie Comics in einer anderen Verpackung sind. Durch das Interesse der Literaturseiten im Feuilleton sind Bildgeschichten mit einem Male bildungsbürgerlich geadelt - ts, ts. "Aber ich bin froh über alles, was dem Comic hilft", sagt Feuchtenberger.

Stolz ist sie auf den Erfolg ihrer Studenten - einige von ihnen, wie etwa Line Hoven, zeichnen mittlerweile für große deutsche Zeitungen.

Auf dem bis Sonntag laufenden Festival sind auch Arbeiten des finnischen Künstlers Marko Turunen zu sehen. Dessen Graphic Novel "Der Tod klebt an den Fersen" erscheint jetzt auf Deutsch in Feuchtenbergers Verlag. Sie hält viel von dem Skandinavier: "Er erzählt eine ergreifende autobiografische Geschichte, und er ist zeichnerisch sehr kunstvoll."

Das Comic-Festival sieht Feuchtenberger auf dem richtigen Weg, "es erarbeitet sich gerade eine Tradition". Überzeugen kann sich von dieser Tatsache im Allgemeinen und Turunens Fertigkeiten im Besonderen jeder in der Galerie 21 im Vorwerkstift, die Auszüge aus seinem Werk zeigt. Das Programm insgesamt ist klein, aber fein: Die Galerie Affenfaust zeigt die melancholischen und surrealen Tagebuchcomics der New Yorker Zeichnerin Gabrielle Bell, die Galerie Hinterconti die Cartoons von Tom Gauld aus London, die den Mythos von David und Goliath behandeln. Die Hamburger Zeichnerinnen Birgit Weyhe und Marijpol zeigen in einer Gemeinschaftspräsentation im Druckdealer ihre neuen Arbeiten.

Das Zentrum des Festivals liegt am Hein-Köllisch-Platz, dort fungieren 14 Ladengeschäfte, Schankwirtschaften und weitere Orte als temporäre Galerien. In den dortigen "Satellitenausstellungen" sind Comics, Zeichnungen, Drucke und Animationsfilme von Künstlern aus Hamburg, Berlin, Leipzig, London und Bielefeld zu sehen.

Herzstück des Festivals ist die Verlagsmesse mit zahlreichen Verlagen, Hochschulen und Designern, die ihre Produkte am Sonnabend und Sonntag in den Räumen des GWA St. Pauli dem Fachpublikum und allen Interessierten präsentieren. Abgerundet wird das bunte Programm durch Vorträge, Führungen und Partys.

Comic-Festival 27.-30.9., Eröffnung mit der Ausstellung "Milch und Kohle" Do 27.9., 19.30, Magazin (S Stadthausbrücke), Teilfeld 8; Infos unter www.comicfestivalhamburg.de