Vier der sechs Endrunden-Teilnehmer des Deutschen Buchpreises lesen beim Harbour-Front-Festival aus ihren Texten.

Frankfurt/Hamburg. Ist die Bestückung der Finalrunde des Deutschen Buchpreises jetzt überraschend oder gerade das Gegenteil? Diese Frage kann man sich jedes Jahr wieder stellen, eine befriedigende Antwort findet man nicht. Seit gestern steht die Shortlist der Buchpreis-Ausgabe 2012 fest: Hoffnung machen dürfen sich fünf Autoren und eine Autorin, am Ende die renommierte Auszeichnung nebst 25 000 Euro Preisgeld einzuheimsen. Vier der Nominierten lesen auf dem Harbour Front Literaturfestival.

Da wären: die bereits einmal für die Frankfurter Auszeichnung nominierten Stephan Thome (2009 Finalist mit "Grenzgang") und sein zweiter Roman "Fliehkräfte" sowie Clemens J. Setz (2009 Finalist mit "Die Frequenzen") und sein dritter Roman "Indigo". "Fliehkräfte" handelt vom Lebens- und Liebesblues eines alternden Ehemanns, "Indigo" ist ein schwarzes Rätselstück, das eine böse Welt fantasiert. Die Nominierung dieser beiden ist also keine wirkliche Überraschung. Favorisiert sind sie wohl aufgrund der vorher erworbenen Meriten - vielleicht auch nicht. Apropos: Ein seltenes Kunststück gelang dem gebürtigen Hamburger Wolfgang Herrndorf. Mit seinem im November 2011 erschienenen Wüstenthriller "Sand" ist der Gewinner des Preises der Leipziger Buchmesse nun erneut in der Finalrunde. Ein Doppelsieg glückte bislang niemandem.

+++ Harbour Front Festival eröffnet +++

Weniger im Fokus des Interesses als die bisher Genannten standen zuletzt die übrigen drei Shortlist-Autoren: Ursula Krechels Roman "Landgericht" handelt von einem Exilanten, einem Richter, der in der Nachkriegszeit nach Deutschland zurückkehrt. Auch der 1959 in Neumünster geborene Ulf Erdmann Ziegler erzählt in "Nichts Weißes" von der Nachkriegszeit: Allerdings wird hier nicht nur mit Blick auf große Daten fabuliert.

Die Hauptfigur ist die Typografin Marleen Schuller, ihr Leben wird in fünf Teilen geschildert: So entsteht en passant ein Panorama der alten Bundesrepublik, das sich auf verhältnismäßig knappen 250 Seiten entfaltet. Der sperrigste Titel unter dem Finalsextett stammt von dem vor einiger Zeit erblindeten, 84-jährigen Schriftsteller Ernst Augustin, dessen "Robinsons blaues Haus" eine verspielte, versponnene Schelmengeschichte ist, bei der man nicht weiß, wo vorne ist und wo hinten.

Im vergangenen Jahr gewann Eugen Ruge mit seinem Familien- und Wenderoman "In Zeiten des abnehmenden Lichts" den Deutschen Buchpreis. Der Sieger 2012 steht am 8. Oktober fest, dann wird sein Name im Frankfurter Römer am Vorabend der Buchmesse verkündet.

Stephan Thome liest am 15.9., 19 Uhr, im "Spiegel"-Haus aus "Fliehkräfte"

Ursula Krechel liest am 17.9., 19 Uhr, im Brahms Kontor aus "Landgericht"

Ulf Erdmann Ziegler liest am 19.9., 19 Uhr, in der Axel-Springer-Passage aus "Nichts Weißes"

Clemens J. Setz liest am 21.9., 21 Uhr, auf der "Cap San Diego" aus "Indigo"

Tickets für alle Veranstaltungen des Harbour Front Festivals in den Hamburger Abendblatt-Ticketshops und unter T. 30 30 98 98.