Auf der Bühne immer in Bewegung: Der Bratscher Nils Mönkemeyer spielt zur Saisoneröffnung gemeinsam mit den Philharmonikern in der Laeiszhalle.

Hamburg. Nils Mönkemeyer tanzt. Auf der Bühne im Großen Saal der Laeiszhalle sind der Bratscher und sein Instrument immer in Bewegung, und das mit einer Anmut, die seine gemütliche Statur nicht unbedingt erwarten ließe - ob er sich gerade zu den schwärmerisch ausgreifenden Melodiewellen schlängelt oder mit einem Aufbäumen des Oberkörpers ein Ausrufezeichen hinter eine Phrase setzt. Man kann es geradezu sehen, wie er in Kontakt mit dem Orchester ist. Und hin und wieder lächelt er zur Klarinettistin Sabine Meyer hinüber.

Mit Meyer und den Philharmonikern unter Simone Young probt Mönkemeyer gerade Max Bruchs Doppelkonzert für Klarinette, Bratsche und Orchester. Am Sonntagmorgen eröffnen die Künstler damit die neue Konzertsaison der Philharmoniker; außerdem stehen Tan Duns "Self Portrait", Haydns Sinfonie "Mit dem Paukenwirbel" und die 7. Sinfonie von Sibelius auf dem Programm.

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Das Doppelkonzert teilt das Schicksal fast des gesamten Oeuvres von Bruch, es steht nämlich im Schatten von dessen berühmtem Violinkonzert. Ob's an der Besetzung liegt? Jedenfalls hat der Komponist mit Klarinette und Bratsche zwei Instrumente ausgewählt, die nicht so brillant in die Höhe drängen wie die Geige, sondern ihren Hauptwirkungskreis in der Mittellage haben. Sie verbinden sich auf ähnliche Weise mit den einzelnen Stimmen des Orchesters, haben aber sehr unterschiedliche Klangfarben: Der Klarinettenklang schmiegt sich ins Ohr, sodass sein Anfang gerade im piano manchmal fast unbestimmbar ist. Die Bratsche dagegen ist mit ihrem hellen, rasierklingenfeinen Tonansatz sofort präsent.

"Das Stück erinnert mich an ein Foto, das in Sepia und in Schwarz-Weiß vor einem liegt: Wir haben das Gleiche, sehen es aber unterschiedlich", sagt Mönkemeyer nach der Probe, als er seinen Kaffee in der Hand hat. Endlich. "Doppelter Kaffee, aber auch doppelte Wartezeit", spottet er in Anspielung auf den Namen des Coffeeshops gegenüber der Laeiszhalle. Warten ist offenbar nichts für den 33-Jährigen, jedenfalls sitzt er fast genauso agil auf seinem Stuhl, wie er spielt, immer bereit für eine neue Gesprächswendung - und immer zum Lachen aufgelegt.

Man kann sich schon vorstellen, dass ausgerechnet dieser Mann es geschafft hat, die Bratsche, das unglamouröse Stiefkind des Musikbetriebs, in die Klassik-CD-Charts zu hieven. Mönkemeyer nimmt mit seinem Publikum Kontakt auf. "Ich sehe mich in einer Vermittlungsfunktion, über das Spielen hinaus", sagt er. "Viele junge Leute schreiben mir, ich gehe auch gern in Schulen."

Bei dem Wort "Popstar" winkt er ab. "Ich glaube, das Solistenbild wandelt sich. Wir sind nicht mehr die Halbgötter auf der Bühne." Dabei sind seine Ansichten über die Zukunft der Klassik durchaus nicht das, was in diesen Jahren jeder von den Dächern der Konzerthäuser pfeift, Motto: das Publikum dort abholen, wo es ist. "Ich habe diese neuen Konzertformen alle ausprobiert, Lounge und Club und so", resümiert Mönkemeyer. "Ich bin zu dem Schluss gekommen: Wir brauchen Stille, wir brauchen den Konzertsaal. Wir dürfen nicht außer Acht lassen, was an der Klassik besonders ist. Wenn wir uns anbiedern, kommen wir nicht weiter." Mönkemeyer spielt für junge Leute denn auch keine Best-of-Häppchen, sondern strengt sie an mit Brahms und Schumann. Und sie hören zu.

1. Philharmonisches Konzert So 2.9., 11.00, Mo 4.9., 20.00, Laeiszhalle (U Gänsemarkt), Johannes-Brahms-Platz, Karten zu 9,- bis 44,- unter T. 35 68 68; www.nilsmoenkemeyer.de