Im Kinderfilm “Pommes essen“ spielt das Mitglied der Fantastischen Vier einen Bösewicht. Das hat ihn endgültig für den Schauspielberuf entflammt.

Hamburg. Smudo wird es offenbar langsam auf der Musikbühne zu eng. 23 Jahre nach der Gründung der Fantastischen Vier fährt er nicht nur Autorennen oder steuert sein "Beechcraft Bonanza"-Flugzeug durch den Himmel. Jetzt spielt er auch noch in Filmen mit. Zuerst lieh er nur einem Pinguin im Film "Madagascar" seine Stimme; dann sah man ihn in "Vorstadtkrokodile". Aber offenbar hat er noch lange nicht genug, denn nach seinem Mitwirken in "Das Haus der Anubis" hat er nun zum ersten Mal eine der Hauptrollen im Kinderfilm "Pommes essen" übernommen. Er ist der fiese Walther, der seiner Schwester Frieda, gespielt von Anneke Kim Sarnau, das Geheimrezept für ihre Currywurstsoße abluchsen will und dabei nicht zimperlich ist. Wir haben mit Smudo, der eigentlich Michael Bernd Schmidt heißt, über sein Verhältnis zum Essen gesprochen, den Hang zum Bösewicht, den Vorteil einer Psychotherapie und seinen Respekt vor "Detailfitzeligkeiten".

Hamburger Abendblatt: Mussten Sie sich für diese Rolle durch ein Casting zittern?

Smudo: Nein. Regisseurin Tina von Traben hatte mich in den "Vorstadtkrokodilen" gesehen. Ihr hatte wohl gefallen, dass ich ein Amateur bin. Ich kann nicht so gestelzt reden wie manche Profis. Und sie sagte, das sei auch ihr Stil. Sie möchte, dass die Leute normaler reden. Das kann ich nachvollziehen, aber es hat mir natürlich auch geschmeichelt. Ich habe mich dann mit einem Coach auf die Rolle vorbereitet.

Auf das normale Sprechen?

Smudo: Nein, auf die Rolle schlechthin. Es ging darum, was Walther so fühlt. Das hat mir viel gebracht und mich für den Beruf entflammt.

Entflammt? Ist das normales Sprechen? Sind Sie jetzt für die Musikwelt verloren?

Smudo: Nein, aber mal sehen, wie den Leuten dieser kleine, feine Film gefällt. Und dann hoffe ich natürlich, dass interessante Angebote kommen.

Es geht in diesem Film um die Wurst. Welches Verhältnis haben Sie zu Fast Food?

Smudo: Ich bin ein Bonvivant und koche gern. Da ich ein leidenschaftlicher Mensch bin, verfalle ich auch gelegentlich dem Fast Food. Ich habe ja auch Kinder, denen ich ab und zu mal eine Currywurst mache. Und zwar mit indirekter Hitze bei 200 Grad auf dem Grill. Danach lege ich sie auf den Sizzler, damit sie braune Streifen bekommt.

Wie normal sind denn "Bonvivant" und "Sizzler"? Nein, im Ernst: Was kochen Sie gern?

Smudo: Mein absoluter Kracher ist ein Rührei, das man leicht glänzend machen muss. Und Champignons duxelles, von denen Siebeck sagt, den Gemeinen Champignon müsste man vom Preis her eigentlich trüffelartig einsortieren, denn er ist so wunderbar im Geschmack. Man schmilzt etwas Butter in einer Kasserolle, dann häckselt man - schrrn, schrrn, ich habe so einen wunderbaren Häcksler - eine Schalotte ganz klein. Die dünstet man in der Butter an und nimmt sie vom Feuer, bevor sie braun wird. Dazu gibt man 150 Gramm Champignons, am besten braune, und macht sie auch ganz klein. Danach presst man sie durch ein Tuch, bis sie ein hässlicher brauner Klumpen sind. Der saugt dann die Butter auf. Das ergibt eine Schmiere, die man mit Salz, Pfeffer, Zitrone und Tomatenmark abschmeckt. Das kann man auf Steaks essen oder auf Rührei. Es ist der Hammer.

Walther ist nicht gerade ein Sympathieträger. Haben Sie nicht gezögert, diese Rolle anzunehmen?

Smudo: Ich bekomme meistens Bösewichte angeboten. Vielleicht liegt das an meinem scheelen Gesicht. Das Schöne ist aber, dass Walther ein komplexer Charakter ist. Er hat ja auch seinen weichen Moment und schenkt seiner Nichte Patty immerhin sein Messerset.

Wie gefällt Ihnen der Jahrmarkt der Eitelkeiten beim Film, verglichen mit dem der Musik?

Smudo: Eigentlich waren die Leute mir gegenüber sehr höflich und zuvorkommend. Mir gefällt der Zusammenhalt, der an so einem Set herrscht. Bei Fanta4 haben wir ja auch eigene Filme gedreht. Aber das war etwas anderes, denn da waren wir die Chefs. Weil ich daran so gewöhnt bin, hatte ich am Set zuerst auch noch mein Telefon dabei. Ich wusste nicht, dass das ein Tabu ist, und die Leute am Set trauten sich nicht, es dem Popstar zu sagen. Weil ich weisungsgebunden war, musste ich auf Lohnsteuerkarte arbeiten. Das hatte ich vorher noch nie gemacht. Als ich gegen eine Autotür gerannt bin, wurde ich zum ersten Mal im Leben krankgeschrieben. Ich habe viele Tricks und Kniffe gelernt und musste mich total mit mir beschäftigen. Als ob ich das nicht ohnehin schon ständig mache!

Was machen Sie gegen Narzissmus?

Smudo: Psychotherapie. Seit zwei Jahren gehe ich hin. Es gefällt mir sehr gut und hilft mir, die vielen Dinge, wie die Beziehung zu meinen Eltern, zu überdenken. Sie haben mir Mechanismen beigebracht, mit denen ich meine emotionale Welt gestalte. Ihre Mechanismen, ihr Regelwerk ist für mich aber jetzt nicht immer kompatibel. Die Therapie hilft dabei, ganz viel nicht immer nur auf sich zu beziehen. Sie dauert aber lange und fordert viel Training. Ich finde es sehr entspannend. Nach Narzissmus kommt ja auch gleich die Psychose.

Ist das die psychologische Variante der Schrauberweisheit "Nach fest kommt ab"?

Smudo: Genau.

Songschreiber und Schauspieler haben eine Gemeinsamkeit: Sie erzählen Geschichten. Könnten Sie sich vorstellen, für den Film zu schreiben?

Smudo: Ich habe schon viel über Dramaturgie gelesen. Es fasziniert mich sehr, wie man Handlungselemente logisch verknüpfen kann. Ich habe großen Respekt vor dieser Detailfitzeligkeit. Aber um das selbst zu machen, bin ich wohl zu wolkig und nicht bissig genug. Ein gutes Buch dauert sechs Jahre. Und dann kommt noch das Marketing dazu. Ich glaube, da könnte ich das Buch am Ende nicht mehr sehen. Für ein Album braucht man zwei Jahre. Das langt.

Steht eines in Aussicht?

Smudo: Im Herbst. Ich freue mich schon darauf.

Sind Sie eigentlich diszipliniert?

Smudo: Überhaupt nicht. Das ist mein Handicap. Ich kann mich nur über einen bestimmten Zeitraum auf etwas fokussieren. Eigentlich ist Kreativität der Impuls, der uns überleben lässt. Nur der Affe, der Hunger hat, kommt auf die Idee, zwei Kisten übereinanderzustapeln, um an die Bananen heranzukommen.

An der Oberfläche ist dieser Film eine Komödie. Aber er hat einen ernsten Hintergrund. Die Regisseurin hat erzählt, Ausgangspunkt der Geschichte war die Frage: Was ist, wenn ich für mein Kind nicht mehr da sein kann? Haben Sie sich die schon mal gestellt?

Smudo: Als ich die Szene im Film gesehen habe, habe ich gemerkt, wie nahe mir diese Frage geht. Das hat mich in meiner Vaterseele sehr berührt. Meine Frau und ich waren mit der Bahn zwei Tage weg, weil wir Hochzeitstag hatten. Die Kinder waren bei den Großeltern. Da nehmen wir die Bahn, nicht den Flieger oder das Auto, weil ich es horrormäßig fände, wenn wir beide einen Unfall hätten. Das ist traditionell ein normaler Alarmzustand, wenn es um die eigene Brut geht.

Sind Sie ein Traditionalist?

Smudo: Ich bin jetzt 44 Jahre alt und merke, dass ich hin und wieder zum Nostalgiker werde. Dabei ist das für mich eigentlich eine romantische Form des Reaktionären. Das will ich aber gar nicht, denn die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Gegenwart eigentlich immer in Ordnung ist. Ich möchte auch im Urheberrechtsstreit nicht reaktionär klingen, trotzdem muss man an den Paradigmenwechsel in der Moral appellieren und den Leuten beibringen, dass es nicht in Ordnung ist, die Künstler nicht zu bezahlen. Grundsätzlich bin ich aber ein moderner Gadget-Typ und benutze die Dinge auch, um mich jünger zu machen. Ich möchte nicht wie meine Eltern enden und den Videorekorder nicht mehr programmieren können. Aber ich fürchte, der Tag wird kommen.