Das Theater Rottstraße 5 aus Bochum zählte am Wochenende zu den lieb gewordenen Bekannten des Kaltstart-Festivals im Kulturhaus III&70.

Hamburg. Es gibt einige lieb gewordene Bekannte beim Kaltstart-Festival, mit denen die Festivalleitung seit Jahren eine fruchtbare Zusammenarbeit unterhält. Und für die man die vielen Treppen zu den Studios im etwas muffigen Kulturhaus III&70 gern erklimmt. Dazu zählt das Theater Rottstraße 5 aus Bochum.

In einem Nachspiel zu der letztjährigen "Siegfried Superheld"-Adaption begeisterte jetzt Katja Uffelmann als "Kriemhild - In Bombenstimmung" in der zugespitzten Textfassung von Ulf Goerke und Matthias Wulst. Im Lederkostüm mit transparenter Hose gibt sie den Domina-Racheengel, die Witwe Siegfrieds, die sich den Mörder und Nibelungenschatzräuber Hagen vorknöpft. Wie ein in die Ecke gedrängtes Tier stößt sie hervor: "Und natürlich darf geschossen werden." Eindrucksvoll verkörpert Uffelmann die kühl kalkulierende Rebellin.

Auf Poesie und leise Töne setzt dagegen Mira Tscherne in ihrem selbst erarbeiteten Monolog nach Aglaja Veteranyis Roman "Warum das Kind in der Polenta kocht". Einer Kühltruhe entsteigend, zugleich auch Spiel- und Puppenkiste, taut sie die "eingefrorenen", verdrängten Erinnerungen eines heimatlosen und missbrauchten Zirkuskindes auf, die sie berührend und ohne viel Aufwand aus der Sicht eines rebellischen Mädchens erzählt.

Ebenfalls vom Stadttheater Bremerhaven kommt das Junge Theater mit Holger Schobers "Feiert! Facebook! Folgt!" Die Probe für ein Protestkonzert wird zur Befragung der Band-Mitglieder und ihrer Absichten, das System zu verändern. In Soli erinnern sich die vier gescheiterter Revolutionsversuche und lassen es ebenso bei Lippenbekenntnissen bewenden. Amüsant und schonungslos ehrlich fällt diese (selbst-)ironische Jugendstudie aus.

Eine bruchstückhafte Identitätssuche unternehmen auch Julius Ohlemann und Thomas Strecker von der Hochschule für Musik und darstellende Kunst Frankfurt/Main in "Being Lenz". Der in Georg Büchners Fragment beschriebene Dichter Jakob Michael Reinhold Lenz bleibt ein Rätsel. War er ein Genie? War er krank? Die Spieler bemühen sich erst gar nicht um eine theatrale Behauptung. Sie breiten, unterbrochen von Spielsequenzen, ungeschützt ihre Reflexionen aus. Trotzdem gelingt es ihnen, unterhaltsam Lenz mithilfe von allerlei Utensilien, Briefen, Heiligenbildern und Skelettteilen zum Leben erwecken

Kaltstart-Festival bis 14.7., Kulturhaus III&70, Schulterblatt 73; www.kaltstart-hamburg.de