Das Pilobolus Dance Theatre animiert mit akrobatischen Körpern, Licht und Requisiten die magische Welt von “Shadowland“.

Hamburg. Im Hintergrund der Bühne der großen Kampnagel-Halle steht eine Wand auf Rollen. Davor ein weißes Kleidchen. An den Seiten Scheinwerfer-Batterien. Auch Requisiten hängen bereit. Eine lange Wurstkette, Reifen oder Äste und Bilderrahmen. Sieht ziemlich nüchtern aus. Noch weiß der Zuschauer nicht, wozu das alles gut sein soll. Und welch verblüffend visuelle Effekte, welch komische Schattenbilder und poetischer Zauber mit den einfachen Dingen und einem Dutzend biegsamer, kraftvoller und schöner Tänzerkörper zu erzielen sind.

Das Pilobolus Dance Theatre aus Amerika faszinierte bei der Premiere der "Shadowland"-Show die Zuschauer. Sie bejubelten im bis auf den letzten Platz besetzten Saal das Ensemble und sein Traumtanztheater. Als Zugabe zappten die Tänzer nochmals durch die Bildergeschichte und wandelten sie lustig ab: Sie bauten nicht nur flink die Freiheitsstatue, sondern türmten aus Armen, Beinen und Leibern auch den Michel samt Kuppel und Spitz.

Neugierig betritt die Tänzerin Molly Gawler die Bühne. Sie berührt das weiße Kleid, Glühlampen blitzen auf. Offenbar wirkt ein geheimer Zauber. Kollegen kugeln mit Purzelbäumen behände über den Boden herbei, heben das naseweise Kind hoch und kleiden es ein. Die Geschichte vom "Hundemädchen" beginnt. Die Wand dreht sich, und die Agenten aus "Shadowland" ziehen es ins magische, spannende Abenteuer zwischen Schlafen und Wachen.

Zwischen dem kleinen rollenden Screen und einer großen Leinwand im Vordergrund entfaltet das zwölfköpfige Ensemble zu David Poes filmartigem Soundtrack und balladenhaften Songs ein verblüffendes Schattentheater. Es gewinnt der alten Traditionskunst Comic-Witz und magische (Licht)Poesie ab - allein durch das Ideenfeuerwerk des Kreativteams um Steven Banks und Robby Barnett sowie den akrobatischen, so biegsamen wie kraft- und fantasievollen Körpereinsatz.

Was so eine kleine Hand doch so alles kann. Die Finger mutieren im Schattenbild zu züngelnden Flammen unter dem Kochtopf. Sie krabbeln als Krabben oder Spinnen am unteren Rand der Leinwand entlang.

+++ Abenteuer im Schattenreich +++

+++ Umjubelte Premiere: Shadowland begeistert Hamburg +++

Helles Entzücken bricht im Zuschauerraum aus, wenn das Mädchen, in ein kleines Hündchen verwandelt, auf den Rücken rollt, mit dem Schwanz wedelt, die "Hand-Ohren" aufstellt oder dann später bei der Autofahrt mit dem Cowboy im Fahrtwind flattern lässt. Es ist schier unglaublich, wie Molly Gawler präzise - den Unterarm meistens vor dem Gesicht - die Silhouette des Hundekopfes mimt.

Denn das ist auch ein besonderer Reiz der Show: Der Zuschauer kann beobachten, wie die Bilderfolgen durch die Körperballungen entstehen und sich wieder auflösen. Die Tänzer wachsen zu einer Riesenblüte zusammen und entfalten sich, werden im Blaulicht zur Qualle, die das Mädchen verschlingt. Sie bilden ein Auto und eine Burg mit Tor und Wimpel, sind aber auch bei Aktionen auf der Bühne zu sehen. Sie lassen Gawler durch die Luft schweben, umgarnen sie bei einem erotischen, fast nackt getanzten Trio. Denn das Hundemädchen begegnet einem Kentaur, einem Wesen halb Pferd, halb Mann, das in der jungen Frau die Liebeslust weckt. Doch keine Sorge: Die Szene ist jugendfrei.

Sie zeigt auch die plastische Bewegungssprache von Pilobolus. Beispielhaft ist das früher entstandene Duett "Symbiosis", ein verlangsamtes, auf dem raffinierten Spiel von Balance, Energie und Gewicht basierendes Modern-Dance-Duett. Es lebt von der Harmonie verschmelzender Körper. Sie ist die zentrale Kraft für die verblüffenden Bewegungskünste im Schattenland.

Shadowland bis 8.12., jeweils 20.00 (außer 24., 27.12. u. 2.1.), am 25., 26., 31.12. sowie 7. u. 8.1. auch 15.00, Kampnagel; Karten zu 37,90 bis 67,90 an allen Hamburger Abendblatt-Ticketshops und unter dem Ticket-Telefon 30 30 98 98 sowie an allen Vvk.; www.shadowland-show.de