Die Pilobolus-Truppe kommt mit ihrem Tanztheaterstück “Shadowland“ erstmals nach Hamburg

Kampnagel. Mit einer Hippiekommune hat in den frühen 70er-Jahren alles angefangen. In Washington Depot, einem kleinen Kaff im amerikanischen Bundesstaat Connecticut, zwei Autostunden von New York entfernt, wo sich Fuchs und Hase bis heute Gute Nacht sagen. Da hat sich Robby Barnett damals mit ein paar Kumpels niedergelassen, ein Typ, der heute immer noch mit Häkelschal und Häkelmütze herumrennt. Damals, sagt der Amerikaner rückblickend, hätten sie lange darüber diskutiert, ob sie lieber eine Tanztruppe oder eine Rockband gründen sollten. Offenbar hatten Barnett und seine Kumpels nach eigener Einschätzung Talent für beides.

Sie haben sich für den Tanz entschieden. Glücklicherweise. Denn Rockbands gibt es genug, aber das, was aus Washington Depot kommt, ist einmalig. Allerdings ist Tanz nicht die richtige Kategorie, wenn man die Kunst der Truppe einsortieren will.

Genau gesagt passt die Pilobolus-Truppe in keine Schublade. Sie macht eine Art von Illusionstheater, für das man die Beweglichkeit, die Athletik und die Anmut von ausgebildeten Tänzern braucht. Denn nur die absolute Präzision und Leichtigkeit geben ihren Schattenspielen die Poesie, den Witz und die Schwerelosigkeit, die diese Kompanie weltweit tatsächlich einmalig macht. Es ist eine raffinierte Mischung aus Schattentheater, Akrobatik und Modern Dance. Inzwischen haben amerikanische, französische und italienische Ballettkompanien Schattenchoreografien von Pilobolus in ihre Repertoires aufgenommen. Das war für die Außenseiter eine Art Ritterschlag.

Ein Pilobolus ist übrigens ein Pilz, der seine Sporen explosionsartig fortschleudert, und zwar in einer Geschwindigkeit, die das menschliche Auge nicht erfassen kann. Ein besonderer Reiz der Pilobolus-Show liegt darin, dass sie zwischendurch einen kurzen Blick hinter die beweglichen Leinwände gewährt, der Zuschauer also sehen kann, wie sich die Truppe formiert.

Drei Jahre haben sich Barnett und seine Leute für die Entwicklung ihrer ersten abendfüllenden Licht-und-Schatten-Show Zeit gelassen. Sie haben Ideen kreiert, probiert, verworfen. Der Songwriter und Filmmusikproduzent David Poe hat die Musik geschrieben, Drehbuchautor Steven Banks, der in Hollywood lange für die Zeichentrickserie "SpongeBob" verantwortlich war, die Geschichte, die ein bisschen an "Alice im Wunderland" erinnert.

Doch eigentlich ist das ganze Stück Teamarbeit. "Das hat mit der Arbeitsweise der Gruppe zu tun", sagt Banks. "Die Tänzer sind es gewohnt, nicht einfach Anweisungen zu folgen, sondern eigene Ideen einzubringen." Der Plot - ein kleines Mädchen muss in seinen Träumen eine Reihe von Abenteuern bestehen, es fällt unter die Menschenfresser, schlägt sich im Dschungel und im Wilden Westen durch - entstand während der Proben, was für den Autor manchmal frustrierend war, weil er nichts allein bestimmen konnte. "Die Truppe organisiert sich eben selbst", sagt Pilobolus-Produzent Itamar Kubovy, und Banks muss zugeben, dass ihm vieles allein am Schreibtisch niemals eingefallen wäre.

"Die Tänzer probieren alles, wirklich alles aus. Wenn ich sie frage: 'Könnt ihr eine Frau darstellen, die auf einem Pferd sitzt?', dann probieren sie so lange, bis es klappt."

Jetzt ist die Pilobolus-Truppe erstmals auf Deutschland-Tournee. Nach ausverkauften Gastspielen in Berlin, Düsseldorf, Köln und Stuttgart kommt die "Shadowland"-Show in die Kampnagelfabrik. Wer hingeht, wird aus dem Staunen nicht herauskommen.

Shadowland 22.12.-8.1.2012 (außer 24./27.12., 2.1.2012) jew. 20.00, 25./26./31.12., 7./8.1.2012 auch 15.00, Kampnagel (Bus 172, 173), Jarrestr. 20-24, Karten zu 37,90 bis 67,90 unter der Abendblatt-Ticket-Hotline 040/30 30 98 98 sowie an allen bek. Vorverkaufsstellen; www.shadowland-show.de