Jan Peter Bremers Roman “Der amerikanische Investor“ ist eine kunstvoll-komische Parabel über das Leid eines gequälten Mannes.

Mit den Berggruens wird gerade eher kein freundlicher Umgang gepflegt. Der Kunsthändler Heinz Berggruen, ein gebürtiger Berliner, der nach langen Jahren in seine Heimatstadt zurückgekehrt war und ihr seine Kunstsammlung verkaufte, wird in einer Biografie ("Heinz Berggruen. Leben und Legende") der amerikanischen Autorin Vivien Stein heftig angegriffen. Er habe sein Kunstgeschäft auf zweifelhafte Weise betrieben und nicht immer Steuern gezahlt, heißt es da. Es wird am Mythos des berühmten Mannes gekratzt, weswegen sich seine Verteidiger derzeit zahlreich formieren.

Ob auch Nicolas Berggruen Fürsprecher findet? Der Sohn des hoch angesehenen Berliner Ehrenbürgers, der Karstadt- und demnächst vielleicht auch Kaufhof-Käufer Nicolas Berggruen, ist das Vorbild der titelgebenden Figur des neuen Romans von Jan Peter Bremer. Er heißt "Der amerikanische Investor" und ist eine bittersüße Parabel auf das Leid eines Mannes in den mittleren Jahres seines Lebens.

Nein, damit ist nicht der Investor gemeint, sondern der Protagonist des kurzen Romans, der perfekt komponiert ist. Dieser Protagonist ist, wie sein Erfinder, Schriftsteller. Einer, der gerade eine Schreibblockade und gewaltige Eheprobleme hat, vor allem aber unter seiner Bruchbude leidet. Ja, die Bleibe ist sogar das Grundübel seiner Malaisen. Die angemietete Wohnung liegt in Berlin-Kreuzberg in einem Gründerzeitbau und sie senkt sich langsam hinab. In die Wände fressen sich Risse.

+++ Hamburger Bestseller +++

Ein Riss ist auch in der Ehe des armen Kerls zu spüren, des traurigen Dichters, dessen Existenz eine Tradition hat in der deutschen Kunst- und Kulturgeschichte: Man denke an Carl Spitzweg, August von Kotzebue, Robert Walser und Joachim Lottmann. Jan Peter Bremers Roman passt vorzüglich in diese Reihe, er beschreibt ein Künstlerschicksal, das übrigens einen aktuellen Bezug hat. Das marode Haus ist von einem Investor erworben worden. Ebenjenem Mann, dem in dem Roman eine fast mythische Aura zugeschrieben wird: Der amerikanische Investor taucht leibhaftig nie auf, er ist eine Fantasie des Erzählers. Er weiß nicht viel von ihm, das aber hat einige Aussagekraft: Denn der Gegenspieler ist nicht von dieser Welt und auch nicht aus einer anderen. "Das, was von einem bleibt, hatte der amerikanische Investor (...) gesagt, ist nicht das, was man erwirbt, sondern das, was man erschafft. Sein immenses Vermögen, durch Finanzspekulationen aufgebaut, wie der amerikanische Investor freimütig bekannte, verdanke er einem fast herkömmlichen Stuhl, einem Erbstück, das er sogleich verkauft habe. Der Erlös aus diesem Verkauf, den er sofort wieder investiert habe, sei der Grundstock seines Reichtums. Das Geheimnis seines Erfolges (...) sei, dass ihn Eigentum gar nicht interessiere. Er fühle sich sowieso nur in seinem Flugzeug wohl. Allein die Vorstellung eines festen Wohnsitzes, des immer gleichen Schlafzimmers, der Haustür, durch die man jeden Morgen durch den Garten auf die Straße tritt, löse in ihm ein lähmendes Gefühl aus."

Dergleichen Äußerungen kennt man eben von Berggruen dem Jüngeren, und deswegen hantiert der Erzähler in seinem so aussichtslosen Unterfangen (ein Beschwerdebrief an den Investor will ihm einfach nicht von der Hand gehen) mit derselben moralischen Anklage, die auch die Gentrifizierungsgegner einsetzen: Der Investor sei natürlich nur am Profit interessiert.

Die literarische Bearbeitung des typischen Großstadt-Stoffs ist nie plump, sondern kunstvoll. Trotzdem wäre es übertrieben, in Jan Peter Bremers Roman ein politisches Stück zu vermuten. "Der amerikanische Investor" handelt von einem Mann, der ein ganz schöner Jammerlappen sein kann. Vom Sich-selbst-nicht-Mögen und einer beruflichen Krise: "Worin bestand seine Aufgabe als Schriftsteller eigentlich? Bestimmt nicht in der Träumerei, dass es woanders besser sei!"

Er übt sich in einer Lebensflucht. Obwohl er doch in der Rettung der Familienunterkunft - außer Frau und zwei Kindern gibt es einen Hund - und natürlich der Ehe zwei hehre Ziele hat, müht er sich mit einem eindringlichen Schreiben an den Investor ab: Dabei hat der nicht einmal eine Postadresse.

Jan Peter Bremer widmet das Buch seiner Straße; es ist also auch eine Liebeserklärung an das Leben in Kreuzberg, wo echte Menschen in echten Häusern leben.

Der Roman lebt von seiner grotesken Übertreibung. Die Selbstbezichtigungen ("Sein Dasein war das Dasein eines Rentners") sind köstlich. Der Erzähler ist einer von vielen, ein Held der Durchschnittlichkeit.

Jan Peter Bremer: "Der amerikanische Investor". Berlin Verlag. 157 S., 16,90 Euro

Weitere Buchtipps:

Posen beunruhigender Fremdheit

Vom Scheitern eines jungen Mannes am Theater

Vergiss Alzheimer