In der “Tunnel“-Ausstellung kann man herausfinden, ob man unter Angst vor ihnen leidet. Oder einfach nur etwas über ihre Geschichte lernen.

Hamburg. Der 100. Geburtstag des Alten Elbtunnels, der St. Pauli mit Steinwerder auf 426,50 Metern verbindet, ist im September gebührend gefeiert worden - für das Museum der Arbeit der Anlass, sich umfassend mit der Geschichte des Tunnelbaus in der Hansestadt zu beschäftigen. Noch bis zum nächsten Frühjahr läuft hier die Ausstellung "Tunnel - Hamburg und seine Unterwelt", sie zeigt, wie hier seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts unterirdische Verbindungen errichtet wurden. Auf einer großformatigen Stadtkarte im Eingangsbereich sind deutlich mehr Tunnel verzeichnet, als die meisten Besucher vermuten würden - vom Altonaer Schellfischtunnel bis hin zu der sich noch im Bau befindlichen Röhre der U 4 in die HafenCity.

+++ Tunnel für Hamburgs Hafen +++
+++ Glanz für Altonas Schmuddeltunnel +++

"Seit mehr als 150 Jahren verlegen die Stadtplaner in Hamburg Verkehrswege und Versorgungsanlagen systematisch in den Untergrund", heißt es im Begleitbuch der Ausstellung, in der es zunächst um die technische Seite des Tunnelbaus geht. Interessant ist hier zum Beispiel der Schellfischtunnel, der eigentlich Altonaer Hafenbahntunnel heißt. Vom Elbufer zum damaligen Altonaer Rathaus, dem heutigen Bezirksamt, trieb man die Röhre in den 1870er-Jahren noch in bergmännischer Bauweise durch den Hang, während die Verlängerung zum heutigen Altonaer Bahnhof über Tage realisiert wurde.

Da das beim St.-Pauli-Elbtunnel begreiflicherweise nicht ging, kam hier der Schildvortrieb zur Anwendung. Die Arbeiten wurden unter erhöhtem Luftdruck durchgeführt, Mediziner überwachten die Baustelle und die hier Beschäftigten, um sie vor der sogenannten Taucherkrankheit zu bewahren. Neben vielen realisierten Tunneln dokumentiert die Schau aber auch Tunnelprojekte, die nie umgesetzt wurden. So war bereits 1862 ein Alstertunnel geplant, und 1908 und 1926 fasste man den Bau eines Köhlbrandtunnels ins Auge - um sich fünf Jahrzehnte später doch für eine Brücke zu entscheiden.

Die Ausstellung ist interaktiv konzipiert, an vielen Stellen haben die Besucher die Möglichkeit, selbst tätig zu werden, etwa indem sie selbst ein hölzernes Tunnelsegment zusammenfügen. Es geht aber nicht nur um Baugeschichte und Technik, sondern auch um die Auswirkungen auf den Menschen: Tunnelangst ist ein wichtiges Thema. Bei etwa zehn Prozent der Bevölkerung macht sie sich körperlich bemerkbar - über Zittern und Atemnot bis hin zu Herzrasen und Schwindel.

Aber auch viele Menschen ohne diese Phobie empfinden den Aufenthalt in Tunneln als anstrengend und unangenehm. Wie man selbst veranlagt ist, lässt sich neuerdings auch mithilfe eines Tunnelsimulators praktisch überprüfen: An Wochenenden kann man in dem von der Universität Würzburg entwickelten Simulator Platz nehmen, virtuell einen Tunnel durchfahren und dabei testen, wie man auf unterschiedliche Situationen reagiert. Vielleicht hilft gegen Tunnelangst aber auch die heilige Barbara, die Nothelferin aller Bergleute und Tunnelbauer. Auch im protestantischen Hamburg ist ihre Statue auf jeder Tunnelbaustelle zu finden.

In der Ausstellung wird eine Figur der Märtyrerin gezeigt, die der Legende nach auf der Flucht vor Widersachern von einem Felsen geschützt wurde, der sich vor ihr auftat. Historisch belegt ist die Heilige, die im 3. Jahrhundert in Kleinasien gelebt haben soll, zwar nicht, trotzdem werden am 4. Dezember wieder Tunnelbauer in aller Welt ihren Gedenktag feiern - auch an der Baustelle der U 4 zwischen Jungfernstieg und HafenCity.

Tunnel - Hamburg und seine Unterwelt. Museum der Arbeit, Neue Fabrik, Wiesendamm 3, Mo 13.00-21.00, Di-Sa 10.00-17.00, So 10.00-18.00. Fahrten mit dem Tunnelsimulator Sa/So 13.00