Mitsingen, mitklatschen, mitschunkeln: Mirko Botts “Oh Alpenglühn!“ versetzt das Publikum in einen Höhenrausch im Schmidt-Theater.

Hamburg. Zünftig ist der Abend. Der volkstümliche Freistaat Bayern übernahm zur Premiere von Mirko Botts musikalischer Gebirgsposse "Oh Alpenglühn!" das Schmidt-Theater. Einige Gäste erschienen in hirschledernen Knickerbockern mit Hosenträgern, Kellner in rot-weiß karierten Hemden reichten Wodka mit Waldmeister, Transen im Dirndl spielten Münchner Wies'n. Die Show vor der Show war von Regisseur Corny Littmann, ebenfalls stilecht in Tracht, genauso sorgfältig inszeniert wie die vom Publikum stürmisch gefeierte Uraufführung mit dem urkomischen Duo Carolin Fortenbacher und Nik Breidenbach.

Autor Mirko Bott setzt in seinem Gipfel-Klamauk eine Großstadtneurotikerin in der einsamen Bergwelt aus. Auf schwindelerregenden Pumps stöckelt Musical-Diva Carolin alias Carolin Fortenbacher über die Hüttenschwelle und schluchzt am Rande des Nervenzusammenbruchs: "Mein Manager vermisst seinen Terminkalender, mein Mann will sich nicht scheiden lassen, und ich hab die falschen Schuhe an."

Nach der Obstlerflasche langend, zwitschert die Schnapsdrossel Koloraturen des "Frühlingsstimmenwalzers" als schreiend komische Parodie auf Wahnsinnsarien in der Oper. Zum Sound von Lady Gagas "Bad Romance" beutelt sie die Gier nach dem stoischen Herbergswirt Poldi (Nik Breidenbach): Die Diva soll Kühe melken und den Stall ausmisten, bestaunt aber Poldis Muskeln: "Alles so massiv und kräftig hier, unkapriziös und triebhaft." Sie vertauscht das Designerkostüm mit dem Dirndl und landet schließlich in seinen starken Armen.

Breidenbachs barfüßiger Kraftlackel entpuppt sich jedoch als Muttersöhnchen von der Alm. Bild und Stimme von Mama Resi beherrschen ihn. Wie Dr. Jekyll gegen Mister Hyde kämpft der Naturbursche gegen sein zweites Ich mit einem Song aus dem Musical - ein weiterer Wahnsinnshöhepunkt in Littmanns Inszenierung, die kein Klischee auslässt. Heiko de Boer und Urmel Meyering zitieren im Bühnenbild Postkarten-Kitsch und lassen rote Scheinwerfer höllenmäßig glühen. Wie in so manchem Urlaub überrascht das jähe Ende und verspricht bereits eine Fortsetzung des blau-weißen Folklore-Spaßes, der ganz unverblümt und parodistisch Heimatfilm-Idylle und Hitchcocks "Psycho"-Horror mischt.

Carolin Fortenbacher und Nik Breidenbach zeigen sich in komödiantischer und stimmlicher Topform. Und spielen selbstironisch mit ihrer eigenen Vergangenheit als Protagonisten in Musicals. Mit diesem Alpenkracher werden sie garantiert Kult.

Oh Alpenglühn! bis 27.8., Schmidt-Theater, Karten von Euro 12,10 bis 45,10 unter T. 31 77 88 99 und www.tivoli.de

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