Im Ki.Ka-Prozess wurde der einstige Herstellungsleiter des Senders wegen Bestechlichkeit und Untreue zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt.

Erfurt. Dies ist eine Fernsehgeschichte ohne Happy End. In ihr treten fast nur Verlierer auf. Wahrscheinlich wird es von ihr noch ein paar Remakes geben. Es ist aber höchst unwahrscheinlich, dass Fortsetzungen dieses Stoffes einen erfreulicheren Ausgang haben werden.

Die vorerst letzte Klappe fiel gestern im Schwurgerichtssaal des Landgerichts Erfurt. Das letzte Wort hatte der Vorsitzende Richter Thomas Schneider: Er verurteilte den ehemaligen Herstellungsleiter des Kinderkanals (Ki.Ka) Marco K. wegen Bestechlichkeit und Untreue zu einer Haftstrafe von fünf Jahren und drei Monaten.

Er hatte den Sender zwischen 2002 und 2010 um 8,2 Millionen Euro betrogen, um seine Spielsucht zu finanzieren. K. ließ Produktionsfirmen Scheinrechnungen für nie erbrachte Leistungen erstellen. Die Beträge, die dabei zusammenkamen, teilte er sich mit den Firmen. Im Prozess ging es aber nur um Unterschlagungen aus den Jahren 2005 bis 2010 und eine Schadenssumme von 4,6 Millionen Euro. Die übrigen Delikte sind bereits verjährt. K., dessen Anwältin Doris Dierbach vergeblich für eine Strafe von drei Jahren und sechs Monaten sowie eine Aufhebung des Haftbefehls plädiert hatte, ist die erste große Verliererin dieser Geschichte.

Der 44-Jährige wurde wie bereits an den vorangegangenen Verhandlungstagen in Hand- und Fußfesseln vorgeführt. Diese entwürdigende Prozedur ist in thüringischen Gerichten üblich. An bessere Tage erinnerte am letzten Prozesstag nur sein weißes Hemd der Edelmarke Ralph Lauren.

Beschädigt gehen aus dieser Geschichte aber auch der amtierende und der ehemalige Programmgeschäftsführer des Ki.Ka, Steffen Kottkamp und Frank Beckmann. Letzterer ist heute Fernsehdirektor des NDR. Den beiden TV-Managern schrieb Richter Schneider ins Stammbuch, als Vorgesetzte von K. ihrer "Verantwortlichkeit nicht nachgekommen" zu sein. Beide hatten vor Gericht erklärt, sie seien für den Bereich des Angeklagten schlicht nicht zuständig gewesen.

+++ Kommentar: Zeit für Konsequenzen +++

Verlierer Nummer vier ist der MDR, der bei der Kontrolle des Ki.Ka die Federführung hat. Dieser Kontrollverpflichtung kam der bereits in der Vergangenheit durch diverse Affären auffällig gewordene Sender aber kaum nach. Bereits 2008 entdeckten Revisoren des Hessischen Rundfunks und des ZDF Mängel im Controlling des Ki.Ka. Für die Umsetzung ihrer Empfehlungen durch den MDR hatte Richter Schneider nur Spott übrig: "Das war ein Scherz", sagte er. Das Image der Öffentlich-Rechtlichen hat durch die Ki.Ka-Affäre, ihrer bislang kostspieligsten, enormen Schaden genommen.

Der größte Verlierer dieser traurigen Geschichte ist aber der Gebührenzahler. Die 8,2 Millionen Euro, die K. veruntreute, sind wohl endgültig verloren. Der Herstellungsleiter hat die Summe verspielt. Das ihm gebliebene Vermögen wird nicht mal ansatzweise ausreichen, um den Schaden zu ersetzen. Mit viel Glück werden die Versicherungen des MDR für einen Teil des veruntreuten Betrags aufkommen.

Ob die Anwälte von K. Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen werden, steht noch nicht fest. Dies wäre eine mögliche Fortsetzung dieser TV-Geschichte.

Weitere Folgen eines anderen Erzählstrangs sind dagegen bereits in Arbeit: Im nun abgeschlossenen Verfahren ging es lediglich um Scheinrechnungen, die K. die Berliner Produktionsfirma Kopp Film ausstellen ließ. Wegen angeblich ähnlicher Vereinbarungen mit anderen Firmen sind bisher nur Ermittlungsverfahren anhängig. In Erfurter Justizkreisen zweifelt aber kaum einer daran, dass es noch zu weiteren Prozessen in der Causa K. kommen wird.

Vielleicht wird dann auch klar, ob der ehemalige Herstellungsleiter im Sender Mitwisser gehabt hat. Richter Schneider stimmte es jedenfalls "nachdenklich", wie viele Ki.Ka-Mitarbeiter im Verfahren von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machten.