In die Musik-Doku “Rockabilly Ruhrpott“ ist viel Herzblut geflossen

"Rockabilly ist noch echt, ist keine Mode, sondern eine Lebenseinstellung." Sagt natürlich jemand, der selbst seine Haare mit Brillantine einfettet, die Jeans krempelt und dem Elvis der frühen "Sun Records"-Tage hinterhertrauert. Andererseits: Der Mann hat ja recht. Die Rockabilly-Szene ist so klein, so überschaubar, da lässt sich nicht das große Geld verdienen - weshalb eine feindliche Übernahme durch multinationale Unterhaltungskonzerne nicht zu befürchten ist. Wer zum Rockabilly oder zur Rockabilla wird, der hat seine Heimat fernab vom Mainstream gefunden - auch im Ruhrpott, dem Zentrum der deutschen Szene.

Claudia Bach, Christin Feldmann und Produzentin Juliane Thevissen haben sich nun auf Spurensuche begeben und setzen dem "Rockabilly Ruhrpott" in ihrer gleichnamigen Doku ein filmisches Denkmal. Ein schöner Film ist das geworden, einer, aus dem die Sympathie für die Protagonisten strahlt, einer, der Lust macht, mal wieder eine Wanda-Jackson- oder Eddie-Cochran-Platte aufzulegen. Oder sich noch einmal mit Dick Brave (= Sasha) auseinanderzusetzen, dessen Erfolg in dieser sehr traditionsbewussten Szene nicht nur bejubelt wird.

Einziges Manko der mit historischem Filmmaterial angereicherten Bestandsaufnahme: Kritische Nachfragen kommen zu kurz. Da gibt sich das Regie-Team schnell mit oberflächlichen Antworten zufrieden und hakt nicht ausreichend nach. Die Frage, ob eine kulturell so rückwärts gewandte Szene auch entsprechende Rollenbilder verinnerlicht hat, wird jedenfalls nicht wirklich geklärt. Und das Thema Rassismus, das sich immer mal wieder an der omnipräsenten Südstaatenflagge entzündet, bleibt eine Nebensächlichkeit. Doch das sind vergleichsweise kleine Kritikpunkte an einer Doku, in die sichtbar so viel Herzblut geflossen ist.

Bewertung: empfehlenswert

Rockabilly Ruhrpott Deutschland 2010, 60 Min., ab 6 Jahren, R: Christin Feldmann, Claudia Bach, täglich im Passage; www.rockabillyruhrpott.de