Die Galerie Christian Vogt zeigt schon historische Aufnahmen des Fotografen Hans Rudolf Uthoff aus dem Ruhrgebiet.

Natürlich gab es längst den Farbfilm. Aber erstens arbeitete der Fotograf Hans Rudolf Uthoff damals für Werkszeitschriften in der Stahlindustrie und im Bergbau, die erschienen in Schwarz-Weiß. Und zweitens müssen Bilder aus dem Ruhrgebiet der 50er, 60er-Jahre einfach schwarz-weiß sein. Dass sie auch jede Menge buntes Leben zeigen - geschenkt. Aus dem kollektiven Gedächtnis ist diese Region in dieser Zeit in Farbe nicht abrufbar.

Unter Anleihe eines Songtitels von Bochums berühmtem Sohn Herbert Grönemeyer gab Uthoff, gebürtiger Hannoveraner, einer kürzlich erschienenen Sammlung seiner Ruhrpott-Bilder aus den Jahren 1950 bis 1969 den Titel "Tief im Westen" (bei Klartext, Essen). 36 davon zeigt jetzt die Galerie Christian Vogt Collection & Photography.

Tief im Westen verstaube die Sonne, sang Grönemeyer einst, und dass man nachts laut den Pulsschlag aus Stahl höre. Hier kann man ihn sehen. Uthoff hat das harte Arbeitsleben in den Zechen und Stahlverarbeitungsbetrieben fotografiert, die Müdigkeit der Schichtarbeiter, die Kumpels beim Duschen und Scherzen. Neben dem Alltagsleben aber schuf Gott auch im Pott den Sonntag, und den vertrieb man sich mit Go-Kart-Rennen, Taubenzüchten, Skatspielen oder im Schrebergarten.

Uthoff richtete seine Kamera mit derselben Neugier auf große Ereignisse wie auf Nebenschauplätze. Bundespräsident Heinrich Lübke schreitet würdig an Schaulustigen entlang, die mit ihm zur Eröffnung des Ruhrfestspielhauses in Recklinghausen gekommen sind (1965), und schüttelt Bauarbeitern die Hand. Anlässlich der Eröffnung der Schau "7000 Jahre Kunst in Iran" in der Villa Hügel hält Uthoff eine Szene zwischen Berthold Beitz und dem letzten Erben der Krupp-Dynastie, Arndt von Bohlen und Halbach, fest, die in ihrer Beiläufigkeit alles sagt über das Machtverhältnis zwischen den beiden.

Seine Liebe aber gilt den Männern und Frauen, die damals mit ihrer Hände Arbeit im Ruhrgebiet das Wirtschaftswunder mit ankurbeln halfen. Und besonders den Kindern: Auf der Straße spielen sie mit einfachsten Utensilien, und auf dem Spielplatz in der Wohnsiedlung, um den die Mütter mit Strickzeug sitzen, scheinen sie nichts zu vermissen, obgleich die einzige Attraktion eine Sandkiste ist. Eine der schönsten Aufnahmen zeigt einen bullenstolzen Knirps in vollem Uniformwichs und soldatischer Haltung vor einer Bergmannskapelle. Manches mag sich noch erhalten haben vom Brauchtum im Revier. Doch zumindest in manche von Uthoffs Motiven ist ihr Verschwinden schon eingeschrieben.

Tief im Westen Ausstellung bis 30.7. Galerie Christian Voigt (Bus 109), Milchstraße 26-28 geöffnet Di und Do-Sa 14.00-20.00 u.n.V. unter T. 410 40 23