Das Curth-Flatow-Stück “Kundendienst“ an der Komödie Winterhuder Fährhaus ist ein urkomischer Spaß mit ernsthaften Momenten.

Hamburg. "Sie müssen herrlich tanzen können, diese Anmut ihrer Bewegungen, dieser schwebende Gang ..." Diesen Satz hört man oft am Freitag in der Komödie Winterhuder Fährhaus bei der Premiere von Curth Flatows urkomischem Stück "Kundendienst". Es ist ein Satz aus der Verführkunst Gilbert Dumonts, des liebevollen Kosmetikvertreters, der alles tun würde, um seiner Frau Denise ihren dekadenten Lebensstil (Gucci-Kleider und rote Sportwagen) zu finanzieren. Alles. Also macht er sich an seine Kundinnen ran, um die Provision zu kassieren: "Tanzen, ausführen, und so weiter." Es ist vor allem dieses "und so weiter", das Dumont in arge Bedrängnis führt. Ehe er sich versieht, hat er zwar so viele Aufträge, dass seinem Chef Monsieur La Vallet vor Freude die Perücke in die Luft fliegt, aber auch drei Ehefrauen, die alle an ihm zerren. Schließlich landet er im Knast - wegen Polygamie, denn das Herz bietet Platz für vielerlei Lieben. Für jede nimmt er sich zwei Tage in der Woche Zeit. Mittwoch ist Ruhetag.

Mit seinen 74 Jahren rennt Heinz Rennhack als getriebener Kosmetik-Casanova mit juveniler Verve über die Bühne, springt wild in die Betten. Das Knistern, die Liebe, der Tango mit dem Vertreterkoffer in der Hand, die Expertise - man nimmt es ihm ab. Im feschen Zweiteiler, mit Sonnenbrille und Hut, das Hemd über der Goldkette aufgeknöpft, sieht er wirklich fabelhaft aus.

Das findet auch Schauspielerin Claudia Wenzel. Viermal. Die TV- und Theaterschauspielerin spielt sowohl die drei Ehefrauen - die anspruchsvolle Denise Dumont, die schroffe superreiche Kosmetikriesenwitwe Madame Isabelle ("Die Fahnen vom Sommerschluss-Verkauf hingen auf halbmast") und die nymphomanische Chefeinkäuferin Jeanne Reard - als auch die Frau, in die er sich wirklich verliebt. Die, die ihn so mag, wie er ist: Simone Allegret.

Mit dezidierten Gesten, sich stark unterscheidenden Stimmlagen und Akzenten und nur einer Verschiebung des Blickes gelingt es Claudia Wenzel, vier verschiedene Frauenfiguren auf die Bühne zu bringen. Dies kulminiert im großen Showdown. Während der vom Ausüben seiner ehelichen Pflichten erschöpfte und erkrankte Dreifach-Ehemann mit Mandelentzündung im Krankenhaus liegt, machen sich alle Ehefrauen auf den Weg, ihn zu besuchen. Jede mit einem anderen Hut. Wenzel setzt rasant einen nach dem anderen auf, wechselt mit den Hüten ihre Identität und muss selbst manchmal lachen, wie schnell sie von dem einen in das andere Stereotyp verfallen kann. Es macht Spaß, ihr dabei zuzusehen.

Ähnlich verhält es sich auch mit den Auftritten von Gisbert-Peter Terhorst, der nicht nur Monsieur La Vallet spielt, sondern auch den unterwürfigen Gefängniswärter Thibaut und diverses Personal: vom Zimmermädchen bis zu Boris, einer Symbiose aus Hund und skurrilem Diener.

In Marcus Gansers kurzweiliger Inszenierung wird der Prozess der Kostümierung auf die Bühne geholt und oft nur angedeutet. Noch während Dumont Thibaut im Gefängnis von seinen Abenteuern berichtet, bewegen sich Türen und Bilder zu Szenenapplaus und französisch angehauchter Akkordeonmusik wie in dem Film "Die fabelhafte Welt der Amélie", wird aus einem Raum ein anderer, und zu guter Letzt legt Heinz Rennhack als Dumont seinem Kollegen Gisbert-Peter Terhorst die Krawatte an. Aus Thibaut wird Monsieur La Vallet. Nur Gilbert Dumont bleibt er selbst: ein liebender Mann, dessen heillos komische Überforderungsmomente bei allem Witz stets auch ein Moment des Ernstes in sich tragen. Doch ein Tanz macht das Leben leichter.

Kundendienst weitere Termine bis 17. Juli; Infos und Karten unter www.komoedie-hamburg.de