Initiative sammelt 24.827 Unterschriften für Erhalt des Altonaer Museums. Kultwerk West will mehr Orte, an denen Neues entstehen kann.

Hamburg. Nicht immer ganz tonrein, dafür aber absolut textsicher sangen die 25 Mitstreiter der Bürgerinitiative "Altonaer Museum bleibt!" auf die Melodie des Hans-Leip-Songs "Einmal noch nach Bombay" ihre Protesthymne, als sie gestern Punkt 13 Uhr die Rathausdiele betraten. "Finger weg - von den Bücherhallen, Kürzung weg: so-fort! Finger weg - von Privattheatern, Finger weg von dem Deutschen Schauspielhaus! Finger weg vom Museums-Stiftungsrat: Das geht uns zu nah! Wir brauchen das Museum in Hamburg Al-to-na!", schmetterten die kulturbewegten Bürger, die ins Rathaus gekommen waren, um sich zwei Stunden vor Beginn der konstituierenden Sitzung der neu gewählten Bürgerschaft noch einmal nachdrücklich in Erinnerung zu bringen.

In 15 Ordnern überreichten sie Norbert Hackbusch, dem bisherigen Vorsitzenden des Kulturausschusses, die insgesamt 24.827 Unterschriften, die die Bürgerinitiative "für den Erhalt und eine auskömmliche Finanzierung aller Standorte der Stiftung Historische Museen" in den vergangenen Monaten gesammelt hat, um ein Volksgesetzgebungsverfahren in Gang zu setzen.

"Das ist mehr als die doppelte Anzahl der gesetzlich notwendigen Stimmen, die wir brauchen, um ein Verfahren einzuleiten, das die Stiftung Historische Museen in Hamburg auch in Zukunft vor Schließungen schützen und ihnen die notwendige Finanzierung zusichern soll", sagte Peter Schwanewilms, einer der drei Sprecher der Bürgerinitiative.

Norbert Hackbusch, der als Abgeordneter der Partei "Die Linke" auch der neuen Bürgerschaft angehören wird, nahm die Aktenordner freundlich entgegen. Er hoffe, meinte er schmunzelnd, dass er auch in der neuen Bürgerschaft den Vorsitz des Kulturausschusses übernehmen werde, um die "künftige Kultursenatorin kräftig rannehmen zu können".

Man werde darauf drängen, "dass die im Wahlkampf zahlreich gegebenen Versprechen und Ankündigungen für eine Kehrtwende in der Hamburger Kultur- und Museumspolitik fixiert und eingelöst werden", sagte Schwanewilms. Seine Sprecher-Kollegin Elisabeth von Dücker meinte, dass damit die Arbeit der Bürgerinitiative jedoch nicht beendet sei: "Wir haben uns vorgenommen, die Museen konzeptionell zu begleiten. Uns geht es um ein nutzerfreundliches Museum, das die Geschichte Altonas darstellt, dabei aber auch die gegenwärtige Lebenswirklichkeit und die Perspektiven der Stadt in den Blick nimmt", sagte von Dücker und nannte dabei Schwerpunkte wie Migration, Gentrifizierung und Stadtumbau. Um die Museen zu unterstützen, holt sich die Bürgerinitiative auch Anregungen von auswärts, so will man sich zum Beispiel in Frankfurt am Main informieren, wo das Historische Museum zurzeit ein neues Konzept unter dem Label Stadtlabor entwickelt.

Um eine neue Kultur der Bürgerbeteiligung geht es auch dem gleichfalls in Altona ansässigen Kultwerk West, das sich als "Mischung aus Zukunftswerkstatt, Experimentierfeld und Wohnzimmer" versteht. Mit sechs teils grundsätzlichen, teils aber auch recht konkreten Thesen hat sich die Kulturinitiative jetzt an die Öffentlichkeit gewandt (siehe rechts). Dazu meint Mitbegründerin Sigrid Berenberg: "Wir wollen damit Denkanstöße geben und richten uns an alle, vom Nachbarn bis zum Bürgermeister."

Berenberg ist klar, dass einige der Thesen kontrovers diskutiert werden dürften, etwa von den Angehörigen der Gängeviertel-Initiative. "Aber wichtig ist uns vor allem, möglichst unterschiedlichen und mitunter auch gegensätzlichen Sichtweisen Geltung zu verschaffen. Das haben wir auf unseren Veranstaltungen in den vergangenen Jahren gelernt."

Dass es zwischen Kultwerk West und der Bürgerinitiative "Altonaer Museum bleibt!" Auffassungsunterschiede gibt, zeigt sich auch in dem Thesenpapier, in dem durchaus polemisch vom "besucherlosen Altonaer Museum" die Rede ist. Doch beide Initiativen sind Ausdruck einer im Wandel begriffenen gesellschaftlichen Grundstimmung: Auch in Hamburg sind Bürger in immer stärkerem Maße bereit, sich für Kultur in ihrem Umfeld zu engagieren, nicht nur durch Proteste, sondern auch durch vielfältige Formen der Mitwirkung. "Es geht nicht nur um Wutbürger, sondern um Bürger, die sich einbringen, die mitgestalten und partizipieren", meint Elisabeth von Dücker.

Mit diesen wird die Hamburger Kulturpolitik künftig sehr viel stärker rechnen müssen.