Olaf Scholz präsentierte im Kurt-Schumacher-Haus die neue Hamburger Kultursenatorin Barbara Kisseler, die erste klare Worte fand.

Hamburg. Wer eine politisch gedachte Pressekonferenz mit einem Machiavelli-Zitat beginnt, signalisiert damit viel mehr, als er tatsächlich sagt. Barbara Kisseler stellte sich bei ihrer Präsentation im Kurt-Schumacher-Haus als designierte Kultursenatorin der Regierung von Olaf Scholz so vor: "Nichts ist schwieriger zu handhaben, nichts gefährlicher durchzuführen und nichts von zweifelhafteren Erfolgsaussichten begleitet, als eine Neuordnung der Dinge."

Das in Berlin bewährt-bekannte Bonmot verfehlte seine Wirkung bei der Premiere in Hamburg nicht - weil ihm klar strukturierte Ansagen und Sichtweisen folgten. Scholz erklärte: "Dass Kisseler bislang Chefin der Berliner Staatskanzlei war, ist fast das Beste an ihr. Das stellt sicher, dass sich Kultur im Senat durchsetzen wird. Das ist meine Absicht." Wie viel für die Kultur zusätzlich versprochenes Geld beim Wechsel von der Spree an die Elbe den Ausschlag gab, behielten die Parteilose und der SPD-Politiker weiterhin für sich. Aber die zu hörenden Signale allein schon in Richtung Karin Beier und Schauspielhaus sind schon siebenstellig.

Das Erstaunen, wie denn jemand aus dem vermeintlichen Nabel der Kulturwelt freiwillig nach Hamburg abwandern könne, konterte Kisseler souverän. So toll seien die Bedingungen dort auch nicht immer und überall, außerdem sei die Aussicht, hier etwas eigenverantwortlich gestalten zu können, irrsinnig begeisternd. Die Baustellen-Liste ist bekannt und lang genug: Vertrauensbildung, Planungssicherheit, Schauspielhaus ...

Kisseler formulierte ihre vielen Ziele geradeheraus, ohne vor ihrer Wahl schon voreilig konkret zu werden. Ihre Aufgabe als Anwältin der Künstler sei es, den Platz zwischen den Stühlen einzunehmen und "in therapeutischer Art" zwischen Künstlern und Politikern zu vermitteln. Man dürfte Kultur nicht nur in die repräsentativorientierte Ecke für Sonntage stellen, Kultur müsse den Alltag bestimmen. Sie wünscht sich noch mehr Selbstbewusstsein von Künstlern, will den Dialog zwischen unterschiedlichen Kreisen der Stadtgesellschaft in Gang bringen und den freien Künstlern mehr Aufmerksamkeit zukommen lassen. Dafür könne man auch über neue Projektfonds-Konzepte nachdenken. Auch die Hamburger Protesterfolge der letzten Monate hallen in ihrer Agenda nach: "Man muss Räume in der Stadt für künstlerische Betätigung vorhalten. Das ist in Hamburg keine ganz leichte Aufgabe."

Viel problematischer als "nicht ganz leicht": der Krisenherd Elbphilharmonie. Immerhin sei ihr Vater Bauunternehmer gewesen, frotzelte Kisseler, als sie auf die chronische Überforderung ihrer Amtsvorgänger bei diesem komplexen Thema angesprochen wurde. Dennoch blieb es hier beim übermächtig großen Fragezeichen.

Die Frage zur womöglich problematischen Zukunft der Roten Flora wiederum thematisierte Scholz. "Wollen wir mal sehen, ob da ein Problem entsteht. Niemand hat vor, etwas am jetzigen Zustand im Großen und Ganzen zu ändern." Und zum zukünftigen Kulturbehörden-Zuschnitt sagte Kisseler: "Der Sport ist zu meinem großen Glück nicht mehr da." In vielerlei Hinsicht aber würde es Sinn machen, Kultur und Medien zusammenzudenken.

Machiavelli, der für seine raffinierten Winkelzüge berühmte Staatsphilosoph, schrieb seinerzeit: "Nicht der Titel verleiht dem Mann Glanz, sondern der Mann dem Titel." Ersetzt man "Mann" durch "Frau", wird klar, wie hoch die neue Hamburger Regierung die Messlatte bei der Kulturpolitik zu hängen gewillt ist. Weder Scholz noch Kisseler sprachen das aus. Unüberhörbar war es trotzdem.