Vor allem im Januar ist er ein stetiger Begleiter, auch wenn man Haustiere weder mag noch besitzt: Der Kater. Entkommen kann ihm niemand.

Im Englischen spricht man, viel zu nüchtern, nur vom "Hangover", wenn man eine physisch-psychische Notlage meint, sie folgt gemeinhin dem Rausch. Oft wird der hervorgerufen von toxischen Stoffen, die wir unserem Körper zuführen; manchmal aber auch schüttet der Körper ganz von selbst die Botenstoffe aus, die dem Gehirn das Gefühl geben: Ganz schön geil, das alles. Das Leben, du selbst, die anderen, der Weltfrieden. Räusche sind Feste, und Festen folgt im Deutschen – der Kater.

Weil man diesen doch jedem irgendwie bekannten Umstand (auch den enthaltsam lebenden Zeitgenossen, die Drogen jeglicher Form verabscheuen, dürfte eine mentale Talfahrt nach euphorischer Bergerklimmung nicht fremd sein) auch als Katzenjammer bezeichnet, dürfte der sprachliche Ursprung der wunderbaren germanischen Nomenklatur klar sein: Er stammt aus der Tierwelt. Wobei es findige Studenten – wer soll es anders sein? – waren, die im 19. Jahrhundert eine interessante doppelte Ebene einbauten, wo es um die Benennung eines unbeliebten und doch immer mutwillig herbeigeführten Phänomens ging.

Wohl dem, der daran glaubt, dass der nächste Höhenflug verlässlich anhebt

Denn das Unwohlsein nach der Trunksucht fühlte sich ja auch an wie ein Katarrh, und der klingt doch fast wie "Kater". Und wer nach dem Genuss der hochprozentigen Gifte Stunden auf dem WC verbrachte, der miaute mitunter auch wie eine Katze, die mit ihrem Schwanz in der zugeschlagenen Tür hängen geblieben ist. Katerlaute sind Klagelaute.

Wer Weihnachten und Silvester als Etappenziele eines auslaufenden Jahres betrachtet und sich zwecks Auffüllung des leeren Akkus einen bestimmten Einlauf angedeihen lässt, der weiß, wovon in diesen Zeilen die Rede ist: von der Ernüchterung nach dem großen Augenblick. Wo sollte man unbarmherziger von ihr umfangen werden als an den kalten Tagen des Jänners, wie die Österreicher den Januar nennen, wahrscheinlich, weil "Jänner" mehr wie "Jammer" klingt? An Tagen, die sich wie bleierne Gewichte auch an gut gelaunte Überflieger hängen, weil jetzt der ganze Ranz wieder von vorne losgeht und das Jahr in seiner vollen, anforderungsreichen Pracht ausgestreckt und hämisch lachend vor einem liegt?

Wohl dem, der sich auch bei schlimmsten Gefühlsniederungen esoterisch bettet und ganz fest daran glaubt, dass nach dem Kater auch wieder die Alltagserdung Einzug hält (nur Spötter und Depressive nennen das: Dämmerzustand) und der nächste Höhenflug verlässlich anhebt. Anderen ist sogar das Katerfrühstück versagt: Man muss ja abspecken, und schuld ist nur die mit dem Festerausch einhergehende Völlerei.

Die ärmsten unter unseren Zeitgenossen leiden nicht nur unter dem dringenden Gefühl, sich übergeben zu müssen; sie haben auch hartnäckige Katerkopfschmerzen: Ja, denken die sich spätestens dann: Das war so für die Katz', das Rumgesaufe. Schlimm, diese Malaise, die, hört man allenthalben, doch so unnötig war wie ein Kropf, heißt es.

Der Kater folgt dem Überschwange auf dem Fuße, und ist der süße Rausch erst weg, breitet sich die sauer schmeckende Niedergeschlagenheit aus, auch in denen, die ein Ziel erreicht haben, eine Aufgabe erfüllt haben, einen Punkt abgehakt. Dem Kater entkommt halt keiner, niemals. Und ehe wir jetzt alle Prozac nehmen, erinnern wir uns an Tante Roselinde (Name beliebig austauschbar), die immer sagte: Auf Regentage folgen sonnige. Ganz unbekannt ist der zumindest für Sprachästheten sehr schöne Begriff "Katzenjammer" übrigens nicht in welschen Landen: Auch die Amerikaner kennen ihn, die Band Kyuss hieß sogar ursprünglich so. Sie macht hämmernden Rock, der heftig gegen die Schläfen klopft.

Gegen Kater helfen Unternehmungen – Tipps dafür finden Sie hier!