Schauspielerin Keira Knightley über Untreue in Beziehungen, die Planbarkeit des Lebens und selbst gebackene Muffins am Set.

Sich vorzustellen, diese Frau könnte ihren Freund betrügen - nun, das dürfte für viele Männer derzeit ein netter Zeitvertreib sein. In ihrem neuen Film "Last Night" spielt Keira Knightley Joanna, eine verheiratete Frau, die von einem früheren Lover in Versuchung geführt wird. Und im echten Leben? Da lächelt Keira Knightley . Und sieht aus wie frisch geschlüpft.

Abendblatt: Keira, sind Beziehungen heute komplizierter als früher?

Keira Knightley: Nein. Beziehungen waren schon immer komplex. Ich kann das natürlich nicht mit Sicherheit sagen, aber auch wenn ich mit meinen Eltern darüber rede, kommt mir das nicht so vor, oder wenn ich Bücher lese aus dem 18., 19. Jahrhundert. Da hatten die Menschen dieselben Probleme.

Man liebt sich, man betrügt sich.

Knightley: Genau. In "Last Night" geht es für mich auch um die Frage, welcher Betrug schlimmer ist, der körperliche oder der emotionale. Ich mochte von Anfang an, dass der Film kein Urteil abgibt, keiner der Figuren wird eine Lektion erteilt. Das Urteil, wer hier untreu ist, soll jeder Zuschauer für sich entscheiden.

Sind Sie ein eifersüchtiger Mensch?

Knightley: Ich glaube schon ...

Sie glauben?

Knightley: Hm, weiß ich nicht. Das kommt ganz auf die Umstände an.

Könnten Sie Untreue verzeihen?

Knightley: Das ist nicht einfach zu beantworten, und seit meiner Rolle in "Last Night" frage ich mich tatsächlich: Was ist schlimmer? Mit jemandem zu schlafen - oder ohne Sex eine intensive Nacht in den Armen eines Mannes zu verbringen? Ich glaube, Letzteres würde ein Ehemann nicht gerne hören ...

Sie sind seit drei Jahren in einer festen Beziehung mit Ihrem Kollegen Rupert Friend. Wie ist das eigentlich, verändert sich mit den Jahren die Beziehung oder verändert man sich selbst?

Knightley: Meistens ist es ja so: Wenn man glücklich in einer Beziehung ist, soll alles bleiben, wie es ist. Wenn man unglücklich ist, soll sich alles verändern. Ein Dazwischen gibt es fast nie. Und jedes Mal ist es anders, man kann nie verallgemeinern. Darum habe ich auch keine Pauschalantworten parat. Und am Set habe ich dauernd mit den Schreinern und Beleuchtern darüber diskutiert.

Sie sagen sehr oft, dass Sie keine Antworten haben. Worauf hätten Sie gern eine?

Knightley: Ich glaube, dass es im Leben nur wenige absolute Antworten gibt. Die Dinge ändern sich ständig. Im Film wacht Joanna morgens auf und fühlt sich völlig sicher in ihrer Beziehung, und dann biegt sie um die Ecke, stößt mit ihrem Ex-Freund zusammen, und ihr ganzes Leben verändert sich. Das ist die Wahrheit: Wir verändern uns ständig und haben wenig Kontrolle darüber, was mit unserem Leben passiert.

Also ändern doch wir uns, nicht die Beziehung?

Knightley: Wahrscheinlich ist das so, ja. Ich selbst weiß tatsächlich nicht, was in zwei Wochen sein wird. Als ich noch jünger war, hatte ich konkrete Pläne: erst College, dann Uni, danach die Schauspielschule und die Royal Shakespeare Company. Und? Nichts davon ist passiert.

Warum?

Knightley: Ich bekam mit 16 das Angebot, "Dr. Zhivago" fürs Fernsehen zu machen. Erst wollte ich Schule und Schauspielerei parallel machen, das war zu schwierig, also bat ich um ein Jahr Beurlaubung vom College. In diesem Jahr wurde mir dann "Fluch der Karibik" angeboten ... Seitdem glaube ich nicht mehr an Pläne. Und ich werde leicht klaustrophobisch, wenn ich jetzt schon weiß, was ich nächstes Jahr mache. Ich fühle mich wohler, wenn ich offen zugebe, dass ich keine oder nur wenig Kontrolle über die Zukunft habe.

Hätte ein normaler Job als Angestellte für Sie etwas Beengendes?

Knightley: Hm. Ich mag halt keine Routinen.

Aber irgendwann besteht ja auch eine Beziehung aus Routinen. Wie verbringen Sie die gemeinsamen Abende mit Ihrem Freund? Auf dem Sofa vor dem Fernseher?

Ich habe gar keinen Fernseher! Mir hat das Programm nicht gefallen. Ich mag Fernsehspiele und Dokumentarfilme, aber dafür habe ich einen DVD-Player. Dieser endlose Quatsch im Fernsehen, da dachte ich irgendwann: ,Was passiert mit meinem Leben? Wo geht die Zeit hin? Und warum habe ich den Eindruck, dass mir der Verstand aus den Ohren läuft?' Darum habe ich den Fernseher rausgeworfen. Mein Hirn hat mehr davon, wenn ich ein Buch lese.

Möchten Sie mal Kinder haben? Das muss man ja auch ein bisschen planen ...

Knightley: Klar möchte ich irgendwann Kinder. Aber noch nicht jetzt. Erst wenn die Zeit dafür reif ist.

Haben Sie denn überhaupt eine häusliche Ader? Können Sie kochen?

Knightley: Einfache Sachen schon. Zuletzt habe ich Brathähnchen gemacht. Na ja, das kann ja jeder. Aber ich backe gern. Was ich immer mache, ist Muffins für die ganze Crew zu backen und ans Set mitzubringen.

Was genau hat Sie gereizt, bei "Last Night" mitzuspielen? Zuletzt hatten Sie in London ja auch Theater gespielt.

Knightley: Massy, Massy Tadjedin, die Regisseurin. Ich habe sie mit 18 kennengelernt, damals habe ich in ihrem Kurzfilm ,The Jacket' mitgespielt. Seitdem sind wir eng befreundet. Als ich mal eine Zeit lang in L.A. gewohnt habe, trafen wir uns häufig und diskutierten über ihre Filmidee ... was Frauen eben so machen. (Kichert.) Und so wurde "Last Night" ihr Langfilmdebüt.

Dafür, dass es ein Debüt ist, hat sie mit Eva Mendes, Sam Worthington und Guillaume Canet ein ziemlich fulminantes Ensemble auf die Beine gestellt. Hatten Sie ein Mitspracherecht bei der Besetzung der Rollen?

Knightley: Das nicht, aber weil ich die Erste an Bord war, haben wir über die anderen gesprochen. Sam Worthington wollte sie unbedingt haben - und das war noch vor seinem Durchbruch mit ,Avatar'. Guillaume Canet als mein Ex-Lover kam zuletzt dazu. Ein toller Typ, der unglaublich viele Talente hat, auch als Musiker. Wir haben uns Songs von ihm am Set angehört. (Flüstert.) Ich weiß nicht mehr, was genau es war, es war auf Französisch - aber es klang toll!