Der schwedische Pianist und Hamburg-Pendler Martin Tingvall siegte beim souveränen Heimspiel mit seinem Trio in der kleinen Laeiszhalle.

Hamburg. Wer will schon Spielverderber sein, wenn sich ein ausverkauftes Auditorium in seinem Jubel so einig scheint? Noch dazu, wenn die Ovationen einer einheimischen Jazzband gelten? Dem Tingvall Trio, das am Montag in der Kleinen Laeiszhalle ein bemerkenswert gemischtes Publikum begeisterte, ist innerhalb kurzer Zeit der Sprung von Klubs wie dem Birdland in Hamburgs feinstem Konzertsaal gelungen. Das verdient Respekt und Anerkennung.

Der schwedische Pianist Martin Tingvall gibt der Band nicht nur den Namen. Er ist des Trios Anker und Katapult, Seele und Kobold. Wie er selbst zwischen einem kleinen Dorf in Südschweden und Hamburg, pendelt sein Klavierspiel zwischen Hochenergie und pianistischen Subtilitäten. Weil er über das seltene Gen melodischer Erfindungsgabe verfügt, nennt Tingvall seine Stücke zu Recht Lieder, auch wenn das ungewöhnliche Wort womöglich seinem charmant Schwedisch eingefärbten Deutsch geschuldet ist. Gesanglichkeit ist das Kennzeichen seiner Themen und Motive, und Tingvall lädt sie mit einer emotionalen Tiefe auf, die die Hörer unmittelbar ergreift.

Die Basslinien von Omar Rodriguez Calvo laufen mit tänzerischer Beweglichkeit durch Tingvalls Musik. Oft bereichern sie die Melodie mit einer zweiten Stimme. Als klassisch ausgebildeter Kontrabassist erfreut Omar das Ohr mit sauberer Intonation, und auch seine Bogenarbeit kann sich hören lassen - nicht nur, wenn er verblüffend echt klingende Walgesänge anstimmt.

Was den musikalischen Funkenflug der Band immer wieder bremst, ist das Schlagzeug. Statt dem Instrument eine eigene Stimme und Funktion zu geben, doppelt Jürgen Spiegel nahezu alle Impulse, die vom Klavier ausgehen. Wie ein Synchronschwimmer vollzieht er jede dynamische Veränderung mit. Er ergibt sich auch völlig Tingvalls Hang zum etwas aufgeregt Hymnischen, was manchmal dazu führt, dass vor lauter Schlagzeuggewitter das Klavier kaum zu hören ist. Manchmal fühlt man sich an eine Rockband erinnert, bei der der Mann am Licht begeistert jeden Akzent in der Musik mit einem Farbwechsel seiner Lampen betont, weil er am liebsten selbst am Schlagzeug säße. Spiegel trommelt, als wäre er am liebsten der Pianist. Sollte das Tingvall Trio diesen Irrtum aufklären, steht der Weltkarriere nichts mehr im Weg.