Mit Maya-Kultur und Barock aus Ecuador zeigt das Völkerkundemuseum zwei hochkarätige Ausstellungen zu lateinamerikanischen Themen.

Hamburg. Hamburgs Museen haben derzeit viele Probleme, dieses ist jedoch speziell: Museumsdirektor Wulf Köpke nennt es ein Luxusproblem, im Abstand von nur einem Tag gleich zwei wirklich hochkarätige Südamerika-Ausstellungen zu eröffnen. Dabei ist es natürlich dem Zufall geschuldet, dass das Hamburger Museum für Völkerkunde diese Woche nicht nur seine seit vielen Jahren vorbereitete Maya-Schau , sondern außerdem eine wirklich spektakuläre Ausstellung zum "Indianischen Barock aus Ecuador" starten kann. Denn ursprünglich wollte der ecuadorianische Präsident Rafael Correa persönlich zur Ausstellungseröffnung anreisen. Vor 14 Tagen hat er die Reise - wohl aus innenpolitischen Gründen - abgesagt. Der Termin ist jedoch geblieben.

Dass die Ausstellung "Himmel aus Gold - Indianischer Barock aus Ecuador" in Hamburg gezeigt werden kann, ist ein mittleres Wunder, denn die dort präsentierten Objekte sind keine Museumsstücke, sondern Kunstwerke aus Kirchen und Klöstern, die nie zuvor im Ausland gezeigt wurden.

+++ Abendblatt-Test: So gut sind Hamburgs Museen +++

"Es ist nur dem Renommee unseres Hauses und unseren guten Kontakten geschuldet, dass ein südamerikanisches Land seine wertvollsten Kulturschätze monatelang in Hamburg zeigt", sagt Köpke, der nicht verschweigen will, dass die Schau fast ausschließlich von den südamerikanischen Partnern finanziert worden ist. Anders hätte sich das finanziell klamme Museum dieses Projekt auch gar nicht leisten können, was ein bezeichnendes Licht auf die kulturpolitische Situation der Hansestadt wirft.

Gleichwohl ist im protestantisch-nüchternen Hamburg der Anblick so vieler goldglänzender Engel, geflügelter Madonnen und segnender Heiligenfiguren ebenso ungewohnt wie faszinierend. Und dass diese katholischen Kunstwerke ausgerechnet von indianischen Künstlern geschaffen wurden, macht sie noch interessanter.

So hat die Muttergottes von Quito, ein Nationalheiligtum, weit ausgebreitete Flügel, was einen Bezug zum Kondor nahe legt, der in der Inka-Mythologie eine große Rolle spielt. Ausgerechnet die Kunst der europäischen Gegenreformation wurde von indianischen Künstlern dazu genutzt, ihre eigene gestalterische Identität zu entwickeln, frei nach dem Motto: Neues aufnehmen, ohne die eigene Tradition dafür preiszugeben. "Es bedeutet uns viel, diese brocken Schätze, die zu den wertvollsten kulturellen Leistungen unseres Landes gehören, hier in Hamburg zeigen zu können", sagt die aus Quito angereiste Ausstellungskuratorin Ximena Carcelén, die sich seit langem mit der kolonialen Kunst beschäftig. Auf den ersten Blick wirken die die Skulpturen und Bilder wie Werke des spanischen Barock, doch bei näherer Betrachtung fallen dann doch Besonderheiten auf, etwa indianische Motive und Symbole, vor allem aber eine bemerkenswert ausgefeilte kunsthandwerkliche Technik. In Quito bestand eine Kunsthandwerksschule, die auf dem gesamten lateinamerikanischen Kontinent geschätzt wurde. Kein Wunder also, dass die indianischen Künstler ihre religiösen Werke auch exportierten. Alle Objekte dieser großartigen Ausstellung sind Leihgaben aus Ecuador.

Das "Herz der Maya" schlägt dagegen schon seit vielen Jahrzehnten in Hamburg, denn das Völkerkundemuseum verfügt über eine der weltweit bedeutendsten Maya-Sammlungen. Vor allem Franz Termer, der zweite Direktor des Hauses, sorgte dafür, dass der Bestand gepflegt und entwickelt wurde. Das Museum besitzt heute etwa 8000 Fotos, 1400 archäologische Fundstücke aus vorspanischer Zeit und mehr als 5000 völkerkundliche Gegenstände und Objekte der Alltagskultur. Dazu zählen zum Beispiel Trachten, Keramiken, Küchengeräte, Musikinstrumente, Holzmasken aber auch komplette Tanzkostüme, religiöse Kunst, Kinderspielzeug und zeitgenössische Gemälde. Ein Grund für diese Reichhaltigkeit sind auch die intensiven Handelskontakte, die Hamburger Kaufleute schon seit dem 19. Jahrhundert nach Guatemala unterhalten haben.

Und spätestens nachdem der Sammler Carlo W. Elmenhorst 1989 sein Lebenswerk dem Museum geschenkt hatte, war klar, dass es eine große Maya-Ausstellung geben würde.

Nach jahrelanger Vorbereitung ist nun eine Ausstellung zu sehen, die archäologische und ethnologische Aspekte geschickt miteinander verknüpft und ein vielschichtiges Bild der Maya-Kultur vermittelt. Bemerkenswert ist auch das Ausstellungsdesign, das die Objekte ästhetisch ansprechend präsentiert, aber zugleich die Alltagsbezüge geradezu sinnlich nacherlebbar werden lässt. So läuft man zum Beispiel durch die Gasse eines guatemaltekischen Dorfes, betritt eine nachgebaute Kapelle, erlebt eine Marktsituation und durchschreitet schließlich ein Kirchenportal in Originalgröße. So schnell wie jetzt war Guatemala von Hamburg aus noch nie zu erreichen.

Himmel aus Gold , 6.11.-27.2.2011, Herz der Maya , 7.11.2010-21.12.2012, Di-So 10-18, Do bis 21.Uhr, Rothenbaumchaussee 64