Im Interview spricht Regisseur Anton Corbijn über die Dreharbeiten zu seinem neuen Film “The American“ mit George Clooney als Auftragskiller.

Er ist der geborene Autodidakt. Fotografie, Musikvideos oder Spielfilme - alles hat sich Anton Corbijn selbst beigebracht. Vor drei Jahren konnte er mit seinem Debütfilm "Control" über die Band Joy Division und den frühen Tod ihres Sängers Ian Curtis viele Preise gewinnen. Jetzt tummelt sich der holländische Starfotograf mit seinem Film "The American" unter den Top drei der US-Kinocharts, an diesem Donnerstag kommt der Film in die deutschen Kinos. George Clooney spielt in dem Thriller einen alternden Auftragskiller, der sich in einem italienischen Bergdorf auf seinen letzten Auftrag vorbereitet.

Abendblatt:

George Clooney ist nicht nur Ihr Hauptdarsteller, sondern auch einer der Produzenten. Wer Geld gibt, will auch mitreden. Was wollte er?

Anton Corbijn:

In der Praxis war die Zusammenarbeit mit ihm sehr angenehm. Er hat in mehr als 30 Filmen mitgespielt und selbst schon dreimal Regie geführt, also viel mehr Erfahrung auf diesem Gebiet, als ich je haben werde. Wenn wir uns festgefahren hatten, kam er fast immer mit Lösungsvorschlägen. Aber um es gleich klarzustellen: Dies ist kein Film, den zwei Regisseure gedreht haben. Die Herausforderung für ihn lag ja auch in der Rolle. So einen dunklen Charakter hat George noch nie gespielt.

Sie haben in den Abruzzen gedreht, kurz nachdem dort ein Erdbeben wütete. Hatten die Leute dort nicht andere Dinge im Sinn, als sich um ein Filmteam zu kümmern?

Corbijn:

Nein, sie waren glücklich, dass trotzdem Leute kamen und Geld ausgaben. Wir haben die örtliche Wirtschaft mit vier Millionen Dollar unterstützt und sind dort mit offenen Armen empfangen worden. Die Gegend ist nicht gerade von Touristen überlaufen. Aber im vergangenen Jahr sind auch die wenigen, die sonst kamen, noch weggeblieben. Ich hoffe, dass der Film auch wie eine Werbung für die Region funktioniert. Es ist nicht dieser Postkartenkitsch, wie man ihn aus amerikanischen Filmen kennt, die sich immer auf Venedig, Rom, die Toskana und Florenz stürzen.

Einige Szenen haben Sie allerdings in Schweden gedreht. War das nicht ein enormer Kontrast: sehr viel Schnee und sehr wenige Farben?

Corbijn:

Wie haben dort ganz am Schluss gedreht und erst nach einer Pause von zwei Wochen, damit George Zeit hatte, sich einen Vollbart wachsen zu lassen. Am schlimmsten waren die Temperaturen. Es war sehr kalt. George hatte darunter besonders zu leiden, er musste ohne Handschuhe arbeiten und dabei noch mit einem Gewehr hantieren, dessen Metall sich natürlich sehr unangenehm anfühlte.

Es gibt Regisseure, die sagen, den zweiten Film zu drehen ist noch schwerer als den ersten. Wie haben Sie das erlebt?

Corbijn:

"Control" habe ich gedreht, weil er so viel mit meinem Leben zu tun hatte, ich kannte die Band Joy Division und den Sänger Ian Curtis. Ich dachte, das ist der eine Film, den ich mache. Dass dem jetzt noch ein zweiter folgt, hat mich selbst überrascht. Deshalb wollte ich alles ganz anders machen als in "Control".

Wonach haben Sie gesucht?

Corbijn:

Nach anderen Genres. Es sollte eine fiktive Handlung sein, in der Gegenwart spielen, und ich wollte in Farbe drehen. Im ersten Film hatte ich bis auf Alexandra Maria Lara nur englische Schauspieler. Diesmal ist es eine europäisch-amerikanische Mischung.

Hat Ihre Arbeit an den Filmen die Art, wie Sie heute fotografieren, beeinflusst?

Corbijn:

Das habe ich noch nicht herausgefunden. Aber die Musikvideos haben schließlich meine Fotos beeinflusst, obwohl ich dachte, es würde andersherum sein.

Fotografieren Sie denn noch?

Corbijn:

Im Oktober habe ich eine Ausstellung in Frankfurt. Dort sind Fotos aus der Zeit vor und nach "Control" zu sehen. Sie heißt "Inwards and Upwards" und zeigt Leute, die mir sehr wichtig sind. Viele Maler sind dabei wie zum Beispiel Gerhard Richter. Aber auch Nelson Mandela und Musiker wie Tom Waits und Iggy Pop.

Wohin geht Ihre künstlerische Reise?

Corbijn:

Ich werde definitiv noch einen Film drehen. Danach mache ich Kassensturz: Will ich so leben? Bin ich gut genug, um mich Regisseur zu nennen? Ich will ja nicht die Energie und Zeit der anderen Menschen vergeuden.

Wären Sie heute jung - würden Sie Ihr Glück wieder als Fotograf versuchen?

Corbijn:

Keine Ahnung. Die Fotografie ist heute eine andere Welt. Jeder ist heute ein Fotograf, speziell meine Art zu fotografieren gibt es nicht mehr. Ich glaube ohnehin, dass ich in Wahrheit nur ein frustrierter Maler bin.

"The American" läuft ab Donnerstag in den Kinos. Previews heute: Abaton 19.30, 22.50, Streit's 20.15

Buch zum Film Anton Corbijn: Inside "The American". Schirmer/Mosel, 164 Seiten, 49,80 Euro

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