Frank Elstner, Deutschlands einflussreichster und längstgedienter Showmaster, wird 70 Jahre alt – ein Rückblick auf eine bewegende Karriere.

Hamburg. Praktisch ist Frank Elstner im Fernsehen zu Hause, seit er 1958 als 16-Jähriger in der Nachmittagsserie "Grundgesetz" einen Schwererziehbaren spielte. Im Fernsehen hat Elstner die abwechslungsreichste und längste Karriere gemacht, die es in Deutschland gab. Trotz Carrell, Biolek, Kulenkampff oder Gottschalk. Elstner hat erfunden, moderiert, produziert, er hat die Fernsehlandschaft in Deutschland nachhaltig geprägt und beeinflusst. Er ist ein Unterhaltungstier, einsatzfreudig, ideenreich, neugierig, pflichtbewusst und wagemutig.

Der grauhaarige, freundliche Herr mit der Brille, den jemand, der 40 Jahre fern von hier gelebt hat, für den Beamten vom Ortsausschuss halten könnte, ist Deutschlands vielseitigster, kreativster und längstgedienter Showmaster. Fragt man ihn heute, was er erreicht hat, antwortet er: "Ich habe fünf wunderbare Kinder. Beruflich am erfolgreichsten war ich sicher damit, das Hörfunkprogramm von Radio Luxemburg auszuweiten." Ist er bescheiden? Nein, nur ganz normal.

Ein Profi war Elstner schon in dem Alter, als Gleichaltrige noch unter Pickeln litten und davon träumten, mal "irgendwas mit Medien" zu machen. Mit zehn Jahren hatte der Junge, der da noch Tim Maria Franz Elstner hieß, sein Debüt als Hörfunksprecher beim NWDR - als "Bambi", und er blieb beim Kinderfunk. "Ich kam aus einer Künstlerfamilie, bin im Umfeld der Garderobe groß geworden. Als Kind habe ich mich immer wichtig gemacht, indem ich Theater gespielt habe. Mit 14 Jahren habe ich sogar ein Schwarzwald-Musical geschrieben, das in einer großen Halle in Rastatt aufgeführt wurde."

Elstners Mutter war eine sehr erfolgreiche Tänzerin, der Vater Operettenbuffo, der als Besitzer eines kleinen Theaters Pleite machte. Seine Eltern zogen dauernd um. "Ich hab die schlimmste Jugend hinter mir", sagt Elstner. Die letzten sechs Jahre seiner Schulzeit verbrachte er auf dem Erzbischöflichen Gymnasialkonvikt St. Bernhard. "Die Erziehung war streng. Wenn Sie sechs Jahre lang jeden Morgen um sechs Uhr zum Frühsport aufstehen und dann in die Messe gehen, haben Sie gelernt, was Disziplin und Bescheidenheit heißt", sagt er rückblickend. Dass Elstner durchs Abitur flog, ist sicher eines der einschneidendsten Erlebnisse in seinem Leben. "Ich konnte nun nicht mehr Theaterwissenschaft studieren."

Geblieben ist ihm für den Rest seines Lebens ein ungeheurer Wissensdurst. "Ich wollte nie mehr nichts wissen", erzählt er "meine natürliche Neugier hilft mir dabei." Ein Jahr ging Elstner zum Theater, "aber das war nichts für mich. Ich wollte keine Texte auswendig lernen. Als ich mal auf die Bühne ging, um den Mörder meiner Mutter zu spielen, hörte ich eine Frau sagen: ,Der ist aber süß.' Da wusste ich, dass ich kein Schauspieler war."

Frank Elstner verfügt über eine unerhört tolle Mikrofonstimme. Und er sieht aus wie der nette Nachbar, dem man gerne sein Haus überlassen würde, wenn man in Urlaub fährt. Der nichts kaputt macht und bei der Rückkehr die Post sortiert übergibt. Vielleicht ist das ein Teil des Geheimnisses seines Erfolges: Frank Elstner ist der Jedermann im Rampenlicht. Der Normalmensch, der seine Aufgabe im Fernsehen geschmeidig erfüllt, ohne Peinlichkeiten, Krach oder Stottern. Jedem, der in seine Sendungen kommt, versteht er das Gefühl zu geben, bei Frank sei er gut aufgehoben. Das schafft diesen ungeheuren Publikumseffekt, das Gefühl: Selbst wenn etwas schiefgeht, Elstner wird's schon richten. "Ich bin auch während meiner Arbeit Konsument und versuche, mich mit der Rolle des Zuschauers zu identifizieren", sagt er. Dabei ist der 70-Jährige, der seit 60 Jahren im Geschäft ist, alles andere als Durchschnitt. Er ist ein Ausnahmetalent. Menschlichkeit und Professionalismus sind die Eckpfeiler im Leben des Frank Elstner.

"Ich möchte, ohne allzu große Opfer bringen zu müssen, vielen gefallen und habe sicher eine Begabung zur Gefälligkeit." Frank Elstner ist ein Meister der Selbstzucht. Fleißig, souverän, professionell bis zum Perfektionismus. "Meine Arbeit ist mein Leben", sagt er. Man muss ihn sich wie ein Pendel vorstellen, ständig in Schwingung zwischen den Polen Kreativität und Disziplin. Beides exerziert er bis zum Äußersten. Seit er 1981 - diese Anekdote hat er oft erzählt - nachts um drei am Küchentisch das Konzept von "Wetten, dass ..?" erfunden und die Moderation der Sendung nach sechs Jahren abgegeben hat, gilt er als Frühvollendeter.

Mit 22 Jahren wurde Elstner Moderator bei Radio Luxemburg, mit 30 war er dort Programmdirektor. Zwischenzeitlich hatte er seinen Namen von Tim auf Frank geändert. "Es gab dort schon einen Tom. Tim und Tom, das wäre mir vorgekommen wie Fix und Foxi." Der Sender war im Aufbau, "da konnte man viel ausprobieren, kreativ sein", sagt Elstner heute. "Ich hab jeden zweiten Tag eine neue Sendung erfunden. Wenn ich mich unter Druck setze, kommt am meisten bei mir raus."

Wäre eine solche Karriere heute vorstellbar? "Sicher nicht", sagt Elstner "ein Typ wie ich würde keinem Personalchef auffallen. Ich hab kein Abitur." Wie ein Mädchenschwarm sieht er auch nicht aus. "Aber", so sagt Elstner " ich bin sicher, dass sich auch heute Talent durchsetzt."

Von Jugend an wollte Elstner nichts anderes, als "Menschen zu unterhalten". Schon als Kind musste er überall etwas vortragen. "Ich hatte immer Ideen", sagt er. "Von 100 kann man zwar 99 wegwerfen, aber die 100. funktioniert." Als 14-Jähriger - und das ist ausnahmsweise mal keine Spielidee - hat er einen "Fensterlederschnitt" erfunden. Damals wurden Fensterleder in großen, unansehnlichen Stücken verkauft, die man sich selbst zurechtschneiden musste. "Ich hab mir überlegt, dass man die Dinger klein schneiden, bügeln, zusammenlegen und in Folie verpacken kann", erzählt er. Nun raten Sie mal, was man heute noch kauft?

Elstners TV-Durchbruch war seine Moderation von "Spiel ohne Grenzen". Elstner hat, wie bei vielen seiner Ideen, auf das Potenzial der Zuschauer gesetzt. Als seine größte Tugend bezeichnet er die Erkenntnis: Der andere könnte recht haben.

Fragt man Frank Elstner, ob er Glück im Leben gehabt habe, antwortet er: "Meine Frau sagt, ich sei ein unverbesserlicher Optimist. Ich habe 138 Nobelpreisträger porträtiert. Viele haben gesagt, ein guter Garant für ein glückliches Leben sei, rechtzeitig festzustellen, was man gerne tut."

Elstner hat sehr früh festgestellt, was er gerne tut. "Ich war immer ein Familienmensch." Er war immer neugierig auf Menschen. "Das hat mich angetrieben. Aber je älter man wird, desto mehr stellt man fest, dass man nichts weiß." Ist das jetzt Koketterie? Sicher nicht. Frank Elstner möchte noch die Welt bereisen, dazu hatte er zu wenig Zeit. Was er zum Leben braucht? "Tägliches Joggen, mindestens zehn Kilometer." Elstner hat keine ausgefallenen Leidenschaften für Statussymbole, könnte aber "für die nächsten 20 Jahre auf Dauerreise gehen".

Dazu wird es nicht kommen. Er hat ständig neue Ideen für Sendungen, aber "es ist heute schwerer, sie durchzusetzen, als früher". Kürzlich hat er erzählt, er möchte "nur noch das machen, was mir Spaß macht". Wie geht das? "Ich habe es mir vorgenommen", so schränkt er ein, "so wie ich 20 Jahre lang vorhatte, aufzuhören zu rauchen. Jetzt habe ich mir vorgenommen, mehr Freizeit mit meiner Familie zu verbringen." Am 19. April geht's los. Da wird Frank Elstner in Baden-Baden seinen 70. Geburtstag mit seiner Familie feiern.