Der ehemalige ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender startet auf n-tv einen neuen Polit-Talk. “Bei Brender!“ soll einmal im Monat zu sehen sein.

Hamburg. Draußen ist es kalt und nass. Dennoch kommt Nikolaus Brender nur im Jackett zum Interview-Termin. Den Mantel habe er zu Hause hängen lassen, sagt er, weil er überstürzt aufgebrochen sei, um seinen Gesprächspartner nicht warten zu lassen. Zu Hause, das ist für den ehemaligen ZDF-Chefredakteur Brender nun das beschauliche Wentorf. Seit Juli 2010 bewohnt er dort zusammen mit seiner Frau eine Etage im Haus seiner Schwiegereltern.

Vergleichsweise beschaulich ist nun auch Brenders Leben. Nachdem er Ende März 2011 das ZDF verlassen hatte, weil die CDU/CSU-Mehrheit im Verwaltungsrat des Senders seinen Vertrag nicht verlängern wollte, zog er sich für gut ein Jahr fast völlig zurück. Das änderte sich im vergangenen Mai, als er eine Kolumne in der "Zeit"-Beilage "Christ & Welt" übernahm. Und nun ist der 63 Jahre alte Journalist auch wieder im Fernsehen präsent: Heute startet auf n-tv sein neuer Polit-Talk "Bei Brender!"

Er versteht die Sendung als "eine erweiterte Form des Interviews". Gemeinsam mit drei weiteren Journalisten wird er einen politischen Gast befragen. Das Format erinnert an den amerikanischen Erfolgs-Talk "Meet the Press". "Ich wollte eine solche Sendung schon beim ZDF machen", sagt er. "Aus Platz- und Etatgründen wurde daraus nichts." Der Zufall wollte es, dass ihn nun der TV-Produzent Friedrich Küppersbusch, der auch den Talk von Sandra Maischberger verantwortet, für genau so ein Format gewinnen wollte. Nikolaus Brender sagte sofort zu.

Da die Sendung monatlich ausgestrahlt wird, soll "Bei Brender!" stets "der Mann oder die Frau des Monats" zu Gast sein. Den Anfang wird heute wegen der Euro- und Finanzkrise Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble machen. Neben dem Gastgeber werden ihn die Wirtschaftsjournalisten Marc Beise ("Süddeutsche Zeitung"), Ulrike Herrmann ("taz") und Jan Hildebrand ("Die Welt") befragen.

Um wieder stets auf dem Laufenden zu sein, hat Brender seinen Medienkonsum intensiviert. Die Weiterungen, die aus seiner gegen den Willen von ZDF-Intendant Markus Schächter von der Unions-Mehrheit im ZDF-Verwaltungsrat verfügten Ablösung resultierten, verfolgt er ohnehin aufmerksam: Rheinland-Pfalz hatte wegen des Falls Brender Verfassungsbeschwerde gegen die Zusammensetzung der ZDF-Gremien und den ZDF-Staatsvertrag erhoben, der sich Hamburg kürzlich angeschlossen hat.

Die Schriftsätze aller am Verfahren beteiligter Parteien hat Brender gelesen. Über die der unionsregierten Bundesländer wundert er sich. Dort würde stehen, dass die Besetzung der ZDF-Gremien mit Politikern unproblematisch sei, da sich der Einfluss der jeweiligen Lager aufheben würde. "Das ist doch Fiktion", schimpft Brender und erzählt, wie ihn einst der CSU-Politiker Markus Söder als frisch gewählter Generalsekretär seiner Partei besuchte und ihn aufforderte, sich bei der Besetzung seiner Abteilungen nach den Mehrheitsverhältnissen in den deutschen Parlamenten zu richten.

Brender lehnte dieses Ansinnen ab. "Natürlich", sagt er, "bin ich als Chefredakteur insgesamt für eine strukturelle Meinungsvielfalt verantwortlich. Das kann aber nicht heißen, dass ich meine Mitarbeiter nach ihrem politischen Weltbild auswähle, um bestimmte Mehrheitsverhältnisse in Bund und Ländern abzubilden."

Brenders direkte Art kam nicht gut an. Und auch mit seiner Bitte, Beschwerden schriftlich vorzubringen, machte er sich bei Politikern keine Freunde, die ihre Versuche der Einflussnahme nicht unbedingt dokumentiert sehen wollten. So kam die Ab-lehnung seiner Vertragsverlängerung durch die Unions-Mehrheit im ZDF- Verwaltungsrat nicht völlig überraschend. "Ich hatte eigentlich selbst vorgehabt, nach zehn Jahren im Amt den Posten des Chefredakteurs aufzugeben", sagt Brender. "Aber als ich merkte, dass die mich loswerden wollten, hat das meine Kampfeslust geweckt."

Es ist nicht so, dass er vom ZDF im Bösen geschieden wäre. Auf den Sender lässt er nichts kommen. Als eine Programmzeitschrift eine Geschichte über ihn mit der Schlagzeile "Blick zurück im Zorn" aufmachte, hat ihn das geärgert. Ansonsten macht Nikolaus Brender den Eindruck eines Mannes, der in sich ruht. Er freut sich, nun mehr Zeit für die Familie zu haben.

Ein Buchprojekt ist auch in Planung. Und die Sache mit dem in der Eile vergessenen Mantel ist nicht weiter wild. Nur im Jackett geht Brender nach dem Ende des Gesprächs zurück in die Kälte und schlendert gemessenen Schrittes die Straße hinunter.

"Bei Brender!" heute 17.10 Uhr und 23.10 Uhr (Wiederholung), n-tv