Interview mit dem Historiker Prof. Wolfgang Krieger

Professor Wolfgang Krieger ist Experte für die Geschichte der Geheimdienste an der Universität Marburg. Mit ihm sprach das Abendblatt über die historischen Vorbilder des Films.

Hamburger Abendblatt:

Welcher Doppelagent hat den größten Schaden für den Westen angerichtet?

Prof. Wolfgang Krieger:

Wenn Schaden für Menschen gemeint ist, die durch einen Doppelagenten ums Leben gekommen sind, dann hatte der Fall Aldrich Ames in der CIA die schlimmsten Folgen. Ames hat die gesamten amerikanischen Kontakte im sowjetischen Geheimdienst und zum Teil im Militär verraten, und diese Leute sind alle hingerichtet worden. Den größten materiellen Schaden hat nach meiner Ansicht die Walker-Familie angerichtet. John Anthony Walker, sein Bruder und sein Sohn waren alle in der US-Marine tätig und haben in der 80er-Jahren Hochtechnologieprojekte der Amerikaner an die Sowjets verraten. Als das aufflog, mussten auf der amerikanischen Seite für Milliardenbeträge neue Hard- und Software angeschafft werden, um den Schaden zu beheben.

Auch der Westen nutzte Doppelagenten, zum Beispiel Dmitri Poljakow und Oleg Penkowski.

Krieger:

Penkowski, ein Oberst im sowjetischen Generalstab, war sehr wichtig. Aber wenn man den Krieg innerhalb der Geheimdienste betrachtet, dann war der spektakulärste Fall wohl der KGB-Resident in London, Oleg Gordijewski. Er war 1974 bis 1985 für den britischen Geheimdienst tätig und hatte enormen Nutzen für den Westen, denn er lieferte sehr viele politische Informationen in den zehn schwierigen Jahren vor Gorbatschow. Die damaligen Sowjetführer waren praktisch nicht einsatzfähig und der Kurs der Sowjetunion warf viele Fragen auf. Damals vermittelte Gordijewski dem Westen sehr wichtige Einblicke, ohne dass er damit der Sowjetunion sehr geschadet hätte. Soviel ich weiß, hat er dafür kein Geld genommen. Er wurde dann in die UdSSR zurückberufen und von den Briten in einer abenteuerlichen Operation wieder herausgeschmuggelt.

Welcher Doppelagent hat der UdSSR denn den größten Schaden zugefügt?

Krieger:

Das war der KGB-Offizier Wladimir Wetrow mit dem Agentennamen "Farewell". Er arbeitete in den 80er-Jahren für den französischen Geheimdienst DST und hat für den Westen eine riesige Menge an Informationen über die Technologiespionage der Sowjetunion beschafft, deren Ausmaß man noch gar nicht kannte. Darauf hat er den Westen aufmerksam gemacht. Er ist dann durch Alkohol und anderes in eine persönliche Krise geraten und schließlich von den Sowjets entdeckt und hingerichtet worden.