Lavinia Wilson überzeugt in der Schweizer Bollywood-Komödie “Tandoori Love“

Indische Regisseure - Bollywood-Fans wissen das - drehen gerne mal in der fernen Schweiz, um die dortigen Alpen als Kaschmir-Gebirge durchgehen zu lassen. Der Schweizer Regisseur Oliver Paulus staunte jedenfalls nicht schlecht, als er bei seinen Reisen auf dem Subkontinent im Kino heimische Flecken auf der Leinwand entdeckte. "Was die Inder können, kann ich schon lange", mag er sich gedacht haben, und wenn es englische Bollywood-Filme gibt, so wie "Liebe lieber indisch", warum soll es dann nicht sogar welche aus der Schweiz geben? "Die Idee, eine Geschichte zu erzählen, in der ein indisches Filmteam die beschauliche Schweizer Bergwelt durcheinanderbringt, hat mich seither nie mehr losgelassen", gibt der Regisseur zu.

Und so kommt es, dass hier ein indischer Koch mitten im Supermarkt seinem Schwarm vor die Füße fällt, Liebesschwüre singt und der ganze Laden das Tanzbein schwingt. Hüpfende Tomaten, sich selbst einrollende Fischfilets - hier ist nichts unmöglich. Doch der Reihe nach. Wir befinden uns in einem Dorf im Berner Oberland, Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist der Gasthof Zum Hirschen, der allerdings schon mal bessere Zeiten gesehen hat. Die Gäste haben keine Lust mehr auf kalorienhaltige Schlachtplatten, sehr zur Sorge von Wirt Markus (Martin Schick) und seiner Verlobten Sonja (Lavinia Wilson), die hier als Kellnerin arbeitet.

Plötzlich gibt es Reis statt Rösti, Tandoori Chicken statt Bratwurst

Die Handlung kommt in Gang, als ein indisches Filmteam, angeführt von der zickigen Diva Priya (Shweta Agarwal), in das beschauliche Bergdorf kommt. "We need more tears!" Das ist die einzige, dafür umso häufiger ausgerufene Anweisung, die der Regisseur seinen Schauspielern gibt. Als Priyas Leibkoch Rajah (Vijay Raaz aus "Monsoon Wedding"), seiner feurig gewürzten Gerichte wegen, mal wieder in Ungnade fällt, haut er einfach ab - um anschließend im Supermarkt die schöne Sonja zu erblicken, mit den bereits erwähnten Folgen. Kompliziert wird's, als Markus - auf der Suche nach neuen Geschäftsideen - Rajah als Chefkoch anstellt. Reis statt Rösti, Tandoori Chicken statt geplatzter Würste - plötzlich brummt der Hirsch wieder. Was Markus allerdings nicht ahnt: Sein neuer Koch macht Sonja vehement den Hof und zaubert die schmackhaftesten Gerichte. Liebe geht bekanntlich durch den Magen. Aber auch Priya ist hungrig und hätte gern ihren vermissten Chefkoch wieder.

Paulus, der auch am Drehbuch mitschrieb, hatte eine Culture-Clash-Komödie im Sinn. "Dem aus westlicher Perspektive völlig unverständlichen, chaotischen Habitus des Bollywood-Filmteams steht in der Welt des Hirschen ein urig-schweizerischer Stammtisch gegenüber, der das Geschehen nüchtern beobachtet und mit einem eigenwilligen, derben und dezidierten Humor kommentiert", beschreibt der Regisseur seine Absicht. Biedere Bergdörfler gegen lebensfreudige Inder, Hausmannskost gegen scharfes Curry, Verklemmtheit gegen Sinnlichkeit - da wird so manches Klischee bedient.

Von zickig bis verführerisch zieht die schöne Lavinia Wilson alle Register

Damit nicht genug: Paulus konnte sich nicht entscheiden, was für einen Film er eigentlich inszenieren wollte. Burleske? Tanzfilm? Liebesgeschichte? Während die Tanzszenen professionell choreografiert sind und, ihres Überraschungseffekts wegen, Spaß machen, lassen die hölzernen Dialoge Pepp und Leichtigkeit vermissen. So steht die Unbeschwertheit der Bollywood-Elemente im eigentümlichen Gegensatz zur Trägheit der Inszenierung. Doch genug gemeckert. Jetzt ist es endlich Zeit, von der Hauptdarstellerin zu sprechen. Lavinia Wilson, Tochter eines Amerikaners und zur Drehzeit 28 Jahre alt, ist mit ihrer eigenwilligen Schönheit, ihrem natürlichem Charme und der ansteckenden Spielfreude einfach bezaubernd. Von perplex über zickig bis verführerisch zieht sie alle Register. Und tanzen kann sie auch. Ohne sie wäre "Tandoori Love" nur die Hälfte wert.

+++-- Tandoori Love Schweiz/Deutschland/Österreich 2008, 96 Minuten, freigegeben ab 6 Jahren, R: Oliver Paulus, D: Lavinia Wilson, Martin Schick, täglich im Blankeneser; Informationen im Internet unter www.arsenalfilm.de