Die musikalische Wilhelmsburg-Komödie “Dicke Hose“ von Kultfilmer Henna Peschel enttäuscht

Henrik "Henna" Peschel, Jahrgang 1967, genießt in Hamburg Heimvorteil. Mit seinen beiden "Rollo Aller!"-Filmen (wo bleibt eigentlich der dritte?) stieg er unter hiesigen Filmfreaks zum kultigen Regiestar auf. "Madboy", im Sommer 2005 ohne nennenswertes Budget mit Freunden und Bekannten abgekurbelt und 2009 endlich ins Kino gekommen, ist eine unterhaltsame Liebeserklärung an Hamburg und seinen ruppigen Stadtteil Wilhelmsburg, in dem Peschel aufwuchs. Ein kleiner, hingeworfener Film, der von der Sehnsucht nach dem großen Kino und der Leidenschaft des Machers zeugte. Peschel bewegt sich außerhalb der Filmindustrie und des Verleihzirkus mit Presse und Werbung. Diese Tatsache an sich macht ihn schon sympathisch, und der Charme des Unperfekten, den seine Filme ausstrahlen, ist auch nicht ohne.

Warum die lange Vorrede? Nun ja, sie zeugt von einer gewissen Enttäuschung, denn "Dicke Hose" ist nicht so gut wie der Vorgänger, und das ist erst mal verdammt schade. Statt Spontaneität und Unmittelbarkeit hagelt es nun Klamauk und Doppeldeutigkeiten, statt lebendiger und natürlicher Dialoge gibt es nun obercoole Sprüche und angesagte Rapper-Attitüden. "Ey, Digga, Mann!" - irgendwann kann man diesen Jugendsprech nicht mehr hören. Von Wilhelmsburg geht es nun in einen anderen Stadtteil. "Damals in Altona fing alles an", schnackt der Off-Erzähler, als müsse er ein kompliziertes Handlungsgeflecht zusammenhalten oder dem Ganzen im Nachhinein Bedeutung verleihen. "Altona ist 'nen Ghetto", tönt es vom lauten Soundtrack. Ob das so stimmt? Schwamm drüber. Ach, und dann diese Geschichte: Sleepy (Marc "Sleepwalker" Wichmann) braucht Geld, um eine Karriere im Musik-Business zu starten. Und so kommt er auf die glorreiche Idee mit dem Essen auf zwei Rädern - in wechselnden Outfits, je nachdem, welches Nationalgericht gerade gewünscht wird. Sleepys Erfolg ruft Neider auf den Plan, die "Akropolis-Connection" zum Beispiel. Doch dann lernt er Ferris MC kennen, und alles wird gut.

Damit man nicht vergisst, wo man ist, blickt Peschel, tatkräftig unterstützt von Co-Autor und -Regisseur Miles Terheggen, stets auf Straßenschilder und Häuserfronten. Zeitraffer und Schnickschnack wie die Kamera auf Vorderrad-Höhe verweisen ständig auf die selbstbewusste und hippe Inszenierung. Und dann kommt Sebastian Krumbiegel, der Igelkopf von den Prinzen, und seufzt: "Ich will raus aus diesem Leben". Ey, Digga, Mann! Bitte nicht mehr so'n daddeliges Jungskino!

++--- Dicke Hose Dtl. 2009, 80 Min., ab 12 Jahren, R: Henrik Peschel, Miles Terheggen, D: Marc "Sleepwalker" Wichmann, Ferris MC, Adam Bousdoukus, täglich im Abaton, Zeise; www.dickehose-derfilm.de