Ein Wettbewerb entscheidet über den neuen Bühnenturm im Schauspielhaus. Während des Umbaus wäre das Parkett überdeckelt.

Hamburg. Der Neubau des Bühnenturms im Deutschen Schauspielhaus nimmt konkrete Formen an. "Wir wollten einen großen Wurf, gute Ideen", sagt Hans-Joachim Rau, der technische Direktor des größten deutschen Theaters, rückblickend über den Gestaltungswettbewerb, den das Haus im September 2009 ausgeschrieben hatte. Eine 14-köpfige Jury, in der unter anderem Vertreter aus dem Bezirk, den Behörden, dem Amt für Landschaftsplanung und dem Schauspielhaus sitzen, hat jetzt zwölf Vorschläge ausgewählt, die zügig mit Details ausgearbeitet werden sollen. "Natürlich könnte uns drohen, dass alle Planungen in der Schublade landen", erklärt Rau. "Aber wir gehen davon aus, dass im Juni eine Senatsvorlage für weitere Schritte sorgen wird."

Nach diesen Planungen soll der erste Spatenstich für den neuen Bühnenturm am 1. Juli 2011 kommen.

Ein Problem bleibt: Wo soll man spielen, wenn die Bühne während der Bauarbeiten nicht zur Verfügung steht? Aber auch dafür hat man im Schauspielhaus bereits eine Lösung parat. "Zur Bühne hin lassen wir den eisernen Vorhang runter. Auf Höhe der Brüstung zum ersten Rang ziehen wir eine Zwischenebene auf", sagt Rau. Dort, wo jetzt der erste und zweite Rang ist, sitzen dann die Zuschauer, und im erhöhten Parkett wird gespielt. Allerdings nur in einer Art "Light"-Version oder auch "unplugged" ohne großen Bühnenaufbau. Schließlich kann man hier kaum Technik installieren. Die Schauspieler müssen sich dann auf "die arenaartige Rundumsicht" einstellen, wie in Shakespeares altem "Globe Theatre", erklärt der kaufmännische Direktor Jack Kurfess. Da gab es auch keine Technik. Dafür saß man nah dran. "Wir bereiten auch die Regisseure darauf vor. Sie müssen mit Lichtstimmungen, Möbeln, Requisiten oder Video auskommen." Kurfess rechnet mit 200 000 bis 300 000 Euro Kosten für den Einbau. "Die können wir aus dem dann nicht ausgeschöpften Ausstattungsetat und als Nebenkosten aus den Baukosten begleichen." So sieht es auch die Kulturbehörde.

Beim Neubau des Bühnenturms geht es darum, wie dieser so in den denkmalgeschützten Bau integriert werden kann, dass es auch äußerlich gefällt. Denn die größte deutsche Sprechbühne ächzt. Die Untermaschinerie, die Obermaschinerie, die Drehbühne, die Züge und Aufzüge - nichts geht mehr. Die letzten baulichen Erneuerungen liegen mehr als 25 Jahre zurück. Ein Gutachten, das seit gut vier Jahren vorliegt, bescheinigt Deutschlands baulich schönstem Theater einen Sanierungsbedarf von 30 bis 35 Millionen Euro. Darüber hat das Abendblatt mehrfach berichtet, und so gab es 2009 von der Kultur- und der Finanzbehörde Absichtserklärungen, die Sanierung der Bühne voranzutreiben.

Bis Ende Januar 2010 hatten 185 Teilnehmer ihre Ideenskizzen und Vorschläge an die Firma Drost consult, die den Wettbewerb ausgeschrieben hatte, geschickt. Hinter dem 1900 erbauten Schauspielhaus soll dann beispielsweise ein moderner Bühnenturm aus Aluminium, Kunststoff, Glas, Naturstein, Kupferlamellen oder Edelstahl herausragen. 15 Millionen würde ein neuer Bühnenturm kosten, die Sanierung der Untermaschinerie noch einmal 3,5 Millionen. Mit 18,5 Millionen hätte man also die Hälfte der dringend benötigten technischen Gesamtsanierung des Theaters gut im Griff.

Auch die "Freunde des Schauspielhauses" wollen mit speziellen Sammelaktionen die Umgestaltung unterstützen. "Alle Mitglieder waren von der Lösung begeistert", bestätigt Vorsitzende Sibylla Ribbentrop. "Wir sind auch gespannt darauf, wie das Theaterspielen auf 'abgespeckter Bühne' aussieht." Knapp 700 Plätze könnten so erhalten bleiben und man bräuchte nicht in eine Ersatzspielstätte zu wechseln. So wie es andere Theater, etwa in Mannheim, Dortmund oder Berlin, während ihrer Umbauten machen mussten. Noch träumt Rau davon, dass am 1. August 2012 die Übergabe des modernisierten Bühnenturms stattfinden kann. Aber zunächst muss ein Preisgericht Ende Juni den Sieger des Wettbewerbs küren.