Selbst Hamburger, die schon wenige Meter außerhalb der Stadtgrenzen von heftigem Heimweh angefallen werden, stellen fest: Leipzig ist eine wirklich schöne Stadt.

Die Straßen, selbst wenn sie grau und rottig sind, haben Gesicht, zeugen von Stolz und städtischem Sinn für ein Miteinander, häufig noch ohne von blinkender Werbung überzogen zu sein; der Stadt fehlt diese Art von Banalität gleichgeschalteter Städte. Das lässt sich genießen. Da möchte man die Daumen drücken, dass der große Bestand an Architektur aus der Gründerzeit, der Jahrhundertwende und aus der Weimarer Republik nicht dem Verfall zum Opfer fällt. Den großen Unterschied zu Hamburg zeigt die Zahl von 43 000 leer stehenden Wohnungen. Mit der "integrierten Stadtentwicklung" zu der die "Wächterhäuser" gehören, begegnet die Stadt dem Problem. Mehr als eine halbe Million Einwohner hat die bevölkerungsreichste Stadt in Sachsen heute wieder, nachdem in der Nachwendezeit die Zahl dramatisch sank.

Die Erinnerungen an die "Heldenstadt", mit den Montagsdemonstrationen 1989, als der Mut der Leipziger und ihr Symbol Nikolaikirche entscheidend die Wende beeinflusste, wird vom Stadtmarketing als "Leipziger Freiheit" gepflegt. Ebenso die Attribute: Gewandhausorchester, das Wirken von Johann Sebastian Bach und Felix Mendelssohn Bartholdy, Auerbachs Keller, Thomaner-Chor, Buchmesse und der Messestandort.

Doch für viele Bewohner Leipzigs bedeutet die Stadt nicht unbedingt nur Genuss. Dauerarbeitslosigkeit ist fester Bestandteil mit gut 16 Prozent; jeder fünfte Leipziger unter 65 Jahren war 2008 auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen. Mehr als 18 000 Kinder unter 15 Jahren erhielten 2009 Sozialhilfe. 16 000 Haushalte werden bezuschusst, trotz Beschäftigung. Millionäre gebe es in der Stadt nicht, hat die Stadt festgestellt.

Die "New York Times" hat Leipzig den zehnten Platz der "31 Places to Go in 2010" gegeben. (Hamburg ist nicht erwähnt). Eine Goldmedaille verlieh der Bundesbauminister für das historische Waldstraßenviertel mit 626 Denkmalen (von 845 Gebäuden).

Warum man 2010 in Leipzig gewesen sein muss, begründet die "New York Times" auch mit der Neo-Rauch-Retrospektive im Museum der Bildenden Künste (von April an), der Spinnerei und dem Diskussions- und Musik-Festival "PopUp" (Mai).