Mit einem Konzert präsentierten sich 550 Schüler im Cruise Center in Hamburg. Gefördert werden auch sozial benachteiligte Jugendliche.

Hamburg. "Ist die Queen Mary da?", fragt der Taxifahrer. "Heute Abend geben 550 Kinder ein Konzert." Der Kopf fährt herum. Ein ungläubiger Blick nach hinten, der Wagen kriegt gerade noch die Kurve. Der Schriftzug auf den zwei weißen Bussen vor dem Hamburg Cruise Center kündigt mit knallrotem "X"-Kreuzungspunkt "The Young ClassX" an. Am Eingang drängeln sich schon die Besucher. Kein maritimes, ein supermusikalisches Ereignis erwartet sie: Das erste öffentliche "Young ClassX"-Konzert und die Präsentation des groß angelegten Förder-Projekts "The Young ClassX" von Otto Group und Salut Salon.

Die Idee dazu haben Angelika Bachmann und Iris Siegfried vom Damenquartett Salut Salon mit Alexander Birken aus dem Vorstand der Otto Group verwirklicht. Ihr Anliegen ist es, vor allem Kinder und Jugendliche aus benachteiligten Stadtteilen oder Verhältnissen zu erreichen, um ihnen klassische Musik nahezubringen.

Über der Bühne im Saal ein Bildschirm. Schweinwerferbatterien strahlen rot und blau. Viele junge Leute wuseln durcheinander. Eine Atmosphäre wie vor einem Pop-Konzert. Junge Geiger kommen, Cellisten und Bläser. Das "Young ClassX"-Orchester und der musikalische Leiter Clemens Malich eröffnen mit Dvoraks "Slawischem Tanz" den Abend.

Moderatorin Bettina Tietjen begrüßt die Gäste, stellt die Förderinitiative vor und bringt sie mit ihrer charmant saloppen Art auf den Punkt: "Jugendliche sollen Bock auf Musik kriegen." Die Ouvertüre hat's bewiesen. "Musik gehört zum Leben und macht schlau", betont Christa Goetsch im Talk mit Tietjen. Die Zweite Bürgermeisterin und Schulsenatorin vertritt den erkrankten Schirmherrn Ole von Beust. Auch in seinem Namen bedankt sie sich beim zweiten Schirmherrn Michael Otto für das gezeigte privatwirtschaftliches Engagement und die soziale Verantwortung. Die Otto Group gibt bis 2013 jährlich einen hohen sechsstelligen Betrag für "The Young ClassX".

"Jedes Kind braucht einen Engel", singt nun der Unterstufenchor aus Hamburger Schulen. Zwölf Schulen beteiligen sich bereits, es sollen aber noch mehr werden, so wünscht sich Chorleiter Peter Schuldt ("Gospeltrain"). Er hat nicht nur seine Sängerschar im Griff, sondern bald auch das Publikum. Er ermuntert es, den Chor bei der südafrikanischen "Siyahamba"-Hymne mit "Body-Percussion", mit rhythmischem Klatschen, Trampeln und Schnipsen zu verstärken.

Neben dem Chorsingen gibt es noch die Bereiche Instrumentalunterricht und das Jugendorchester unter Malichs Leitung. Dazu die beiden Busse "MusikMobil" und eine Internet-Plattform zur Vernetzung.

Salut Salon geben ein Beispiel, wie man in die witzigen "Bruder Jakob"-Variationen am Klavier Klassiker wie Bach, Schubert oder Richard Strauss "einschmuggelt". Und auch das Publikum und sogar Ehrengäste wie Christa Goetsch, Kultursenatorin Karin von Welck oder Prof. Hermann Rauhe zum Mitsingen animiert. Der frühere Präsident der Musikhochschule - so zitierte Schuldt - auf die Frage, wie es ihm gelänge, die Kinder zum Chorsingen zu gewinnen und dann am Ball zu halten: "Wer selber nicht brennt, kann andere nicht entzünden." Er und Bachmann besuchten die Schulen. "Manche Kinder haben noch nie gesungen, aber rund 50 Prozent wollten gleich mitmachen", berichtet der Leiter des Chorprojekts. Und das beabsichtigen Bachmann und Salut Salon mit den 1993 gegründeten Coolen Streichern auch: "Unser Hauptziel ist es, den Leuten zu zeigen, dass Klassik nicht weh tun muss und Spaß machen kann", so Bachmann. Beim Plaudern mit Tietjen gestand die 7 Jahre alte Athina: "Die Geige hat zuerst für mich wie ein Puschelschwanz geklungen." Der 11-jährige Kolja erfuhr über das Internet vom Projekt und meint trocken: "Wenn man Lust hat, dann übe ich am Tag 45 bis 60 Minuten." Die beiden entzückenden Publikumslieblinge mit den kessen Popstar-Hüten hielten aber professionell mit beim "Ungarischen Tanz" von Brahms und ernteten Jubel - auch für ihre Sprüche.

Das Konzert - übrigens eine logistische Leistung von Geschäftsführer Tobias Wollermann - zeigte im Crosover von Pop und klassischer Musik die Möglichkeiten, sie Jugendlichen zu vermitteln. Beatboxer RoBeat gab dem ganzen Orchester den Rhythmus vor. Volkan Baydar von "Orange Blue" unterstützte den Mittel- und Oberstufenchor bei "Hit The Road, Jack". Und beim gemeinsamen Singen von "Dona nobis pacem" zum Finale kam in die aufgeheizte Stimmung schließlich so etwas wie heiliger Ernst. Alle Besucher erhoben sich von den Sitzen und stimmten in den Kirchenkanon ein.

www.theyoungclassx.de