Ende März entscheidet ProSiebenSat.1, ob der Nachrichtenkanal verkauft wird. Medienunternehmer Stefan Aust hat starkes Interesse.

Hamburg. Stefan Aust ist ein aufmerksamer Leser. Als der ehemalige "Spiegel"-Chefredakteur Ende November einem Zeitungsinterview mit dem Vorstandschef von ProSiebenSat.1, Thomas Ebeling, entnahm, dass die Senderfamilie ihren Nachrichtenkanal N24 womöglich verkaufen wird, griff er zum Telefon und rief Thorsten Rossmann an. Der gelernte Journalist ist Vorsitzender der Geschäftsführung von N24. Mit ihm entwickelte Aust ein Konzept zur Übernahme des Senders.

Dieses Konzept ist mittlerweile weit gediehen. Es sieht vor, dass Aust und Rossmann federführend eine Firma gründen, die N24 samt der Tochtergesellschaft Maz & More kaufen soll. Als Minderheitsgesellschafter wollen sie auch die N24-Manager Frank Meißner, Karsten Wiest und Maria von Borcke sowie den ehemaligen Kaufmännischen Leiter von Spiegel TV, Torsten Pollfuß, der nun Teilhaber von Austs Produktionsgesellschaft agenda media ist, an Bord holen.

Nach Angaben von Ebeling belaufen sich die jährlichen Verluste von N24 auf einen zweistelligen Millionenbetrag. Bei einem Verkauf, der aber nur eine von mehreren Optionen ist, rechnet der ProSiebenSat.1-Chef deshalb nicht mit einem hohen Preis. "Wir müssen realistisch bleiben", sagte er der "FAZ". Potenziellen Käufern will er den Kanal durch einen Vertrag schmackhaft machen, der N24 die Produktion der Nachrichten seiner gesamten Senderfamilie zusichert.

Bis Ende des ersten Quartals will ProSiebenSat.1 entscheiden, ob N24 überhaupt verkauft wird. Vor Anfang April ist nicht mit der Aufnahme von Verkaufsgesprächen zu rechnen.

Dem Abendblatt sagte Aust, ihm seien keine weiteren Interessenten für N24 bekannt. Laut einem Sendersprecher gab es aber schon mit dem einen oder anderen "lose Gespräche".

Wie er mit Rossmann den Sender in die schwarzen Zahlen führen will, mag Aust nicht verraten. Wegen des angestrebten Kaufs will er keines seiner anderen Projekte aufgeben. Für die Essener WAZ-Gruppe entwickelt Aust ein Magazin. Mit agenda media produziert er Fernsehdokumentationen. "Im Prinzip wäre das nicht so verschieden zu dem, was ich früher gemacht habe", sagte er. Aust war in der Spiegel-Gruppe in Personalunion Chefredakteur des Nachrichtenmagazins, Geschäftsführer von Spiegel TV und verantwortlich für den einstigen Metropolensender XXP. Ins operative Geschäft will er bei N24 aber nicht einsteigen.

Als Geschäftsführer von Spiegel TV wollte Aust N24 schon einmal übernehmen - zusammen mit der gesamten ProSiebenSat.1-Gruppe. Ein gemeinsames Gebot von Spiegel TV und der Verlagsgruppe Bauer scheiterte 2003 am Widerstand der "Spiegel"-Gesellschafter.