Im ZDF-Thriller “Geheimnis der Wale“ (So, 20.15 Uhr) kämpft Veronica Ferres gegen einen skrupellosen Energiekonzern.

Ein Film mit Veronica Ferres ist nie nur ein Film. Ferres-Filme sind Events: teuer, aufwendig, viel beachtet. Was weniger zu tun hat mit dem jeweiligen Inhalt als mit der blonden Hauptdarstellerin, die zu den bekanntesten, bestbezahlten und ja, auch beliebtesten deutschen Schauspielerinnen zählt. "Allgegenwärtige Darstellerin ihrer selbst", hat der "Spiegel" sie einmal genannt, was böse klingt (und wohl auch so gemeint war), die Sache aber ganz gut trifft. Text lernen, zum Set gehen und den Rest der Fantasie des Zuschauers überlassen - das ist nicht Ferres.

Veronica Ferres identifiziert sich mit ihren Rollen, verliert sich in ihnen, rettet sie hinüber ins "richtige" Leben: in Talkshows, auf Titelseiten, ins öffentliche Bewusstsein. Sie spielt nicht Menschen mit beliebig austauschbaren Eigenschaften, sie verschreibt sich Projekten mit großem Engagement und vollem Herzen. Mit Veronica Ferres ist es ein bisschen wie mit Nicolas Sarkozy, den man auch nicht angucken kann, ohne gleichzeitig an Carla Bruni zu denken, die sich katzenhaft auf irgendwelchen Sofas räkelt und dazu, bien sûr, auf der Gitarre klimpert.

Image erschlägt Inhalt. Das ist ein Problem. Und schade, weil nicht wenige Filme, die Ferres in letzter Zeit gedreht hat, ziemlich gut sind: "Die Frau vom Checkpoint Charlie" etwa und zuletzt das Holocaust-Drama "Unter Bauern", in dem sie eine von den Nazis verfolgte Jüdin verkörpert.

Auch ihr aktueller Film, das Umweltthrillerliebesdrama "Das Geheimnis der Wale" (Regie: Philipp Kadelbach, Drehbuch: Richard Reitinger, Natalie Scharf) ist durchaus sehenswert. Es geht um einen skrupellosen Energiekonzern, der vor der neuseeländischen Küste nach Gas sucht - obgleich das für die dort lebenden Buckelwale den sicheren Tod bedeutet. Betroffen sind der renommierte Walforscher und Sonderling Johannes Waldmann (Mario Adorf), der alsbald verstirbt (Unfall? Mord?) und seiner Tochter Anna (Ferres) ein unfertiges Gutachten hinterlässt; ein windiger, profitgeiler Bürgermeister (Fritz Karl) sowie der undurchsichtige, aber attraktive Umweltschützer Chris Cassell (Christopher Lambert).

Trotz der vielen Handlungsstränge muss sich der Film ständig gegen seine Hauptdarstellerin behaupten, sich von ihr emanzipieren. Das gelingt nicht immer - und hängt zusammen mit dem fehlenden Abstraktionsvermögen jener Zuschauer, die sich in Fragen verlieren wie der, ob die Schauspielerin nun eine "Rettet die Wale"-Initiative gründet. Oder einen kleinen Wal adoptiert.

In einer Szene sitzt Anna Waldmann am Tresen und trinkt einen großen Schluck Bier. Ärger mit der halbwüchsigen Tochter. Ach, sieh an, denkt man, Veronica Ferres trinkt also Flaschenbier, dabei ist die doch inzwischen so schlank. "Sie haben gerade für eine kurzen Augenblick ausgesehen wie ihr Vater" sagt Chris Cassell in einer späteren Szene zärtlich zu Anna Waldmann. Aber das stimmt nicht. Veronica Ferres sieht immer aus wie Veronica Ferres.

Teil 2 läuft am Montag, 4. Januar, um 20.15 Uhr im ZDF