In der Frage, wo das künftige Kerngeschäft der Branche liegt, gehen die Meinungen der Verleger auseinander.

Berlin. Irgendwie kann man Ove Saffe ja verstehen. Den "Spiegel"-Geschäftsführer erinnern die alljährlichen Zeitschriftentage des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) an den Film "Und täglich grüßt das Murmeltier". Tatsächlich wurde auf dieser Veranstaltung zuletzt vor allem darüber diskutiert, wie die Verlage der Herausforderung Internet begegnen sollen. Meist war das Ergebnis dieser Diskussionen überschaubar.

Natürlich geht es auch in diesem Jahr auf den Zeitschriftentagen um das Verhältnis von Print zu Online. Und doch gibt es eine leichte Akzentverschiebung: "Wir müssen zu unserem Kerngeschäft zurück", sagte Manfred Braun, Zeitschriftenchef der Essener WAZ-Gruppe ("Gong", "Frau im Spiegel"). "Aber was ist unser Kerngeschäft? Man kann nicht alles gut können."

Die Frage, wie das Kerngeschäft der Zeitschriftenbranche zu definieren sei, war das zentrale Thema des ersten Tages der VDZ-Veranstaltung. Gruner + Jahrs ("Geo", "Stern") Vorstandschef Bernd Buchholz brachte gar das Kunststück fertig, auf diese Frage während ein und derselben Podiumsdiskussion für sein Haus zwei unterschiedliche Antworten zu finden: Erst sprach er davon, dass Gruner + Jahr das "lukrative Kerngeschäft bei unseren Zeitschriften behalten" wolle. Dann identifizierte er das "Aufarbeiten und Sortieren von Informationen" als Kerngeschäft, das sein Haus auch Geschäftskunden schmackhaft machen will. Gruner + Jahr möchte künftig nicht nur Zeitschriften produzieren, sondern auch Unternehmen mit Fachinformationen beliefern.

Gregor Vogelsang von der Unternehmensberatung Booz & Company hingegen riet der Branche, den Begriff "Kerngeschäft" eher eng zu fassen. Die Synergien zwischen Print und Online seien überschaubar. Andreas Wiele, Zeitschriftenvorstand der Axel Springer AG, in der auch das Abendblatt erscheint, widersprach umgehend: "Integration von Print und Online ist das, was wir anstreben müssen", sagte er. Das funktioniere schon heute: "Je erfolgreicher unsere Titel im Internet sind, desto besser verkaufen sie sich am Kiosk."

Vogelsangs Analyse, dass die Erlöse der Verlage bis 2015 um 700 Millionen auf voraussichtlich 2,9 Milliarden Euro zurückgehen werden, blieb dagegen unwidersprochen. "Das Tal der Tränen ist noch nicht durchschritten", sagte er. Von kostenpflichtigen Mobil- und Online-Inhalten, auf die immer mehr Häuser setzen, erwartet Vogelsang auch in Zukunft nur überschaubare Umsätze. Gerade mal 150 Millionen Euro werden die deutschen Zeitschriftenhäuser 2015 nach seinen Berechnungen aus dieser Quelle erlösen, deutlich weniger als aus Online-Werbung, deren Erlöse laut Vogelsang 2015 bei 400 Millionen Euro liegen dürften.

Der Berater empfahl der Branche, die Profitabilität ihrer Häuser zu steigern, etwa durch die Einstellung von Titeln, das Verkleinern von Redaktionen und den Verzicht auf die unrentable Praxis, Exemplare verbilligt an Hotels und andere Abnehmer abzugeben. Er riet den Verlagen zudem, innovative Werbeideen zu entwickeln und Marketing-Dienstleistungen anzubieten.

Ob all das aber reicht? Die Branche formulierte schon mal Wünsche an die Politik. "Weg mit der Mehrwertsteuer auf Printprodukte", forderte etwa Gruner+Jahr-Chef Buchholz. Und der Verleger und VDZ-Präsident Hubert Burda beklagte, dass die Bundesregierung in Gestalt des neuen Bundesumweltministers Norbert Röttgen den Widerstand gegen eine EU-Initiative zur Kennzeichnung des Energieverbrauchs von Haushaltsgeräten in Anzeigen aufgegeben habe. Er warnte vor neuen Werbebeschränkungen. Für Gesprächsstoff ist am zweiten Tag des VDZ-Kongresses also gesorgt. Denn dann besucht Kanzlerin Angela Merkel die Zeitschriftentage.