Bei Ray Cokes in der Fabrik gehört das Chaos zum erfolgreichen Konzept. Kurzauftritte von Cäthe, Pohlmann, Triggerfinger und Ein Astronaut.

Hamburg. "Ich glaube, Ray hat meinen Stift eingesteckt." Was sich Fans nicht alles für Ausreden ausdenken, um noch einmal Small Talk mit dem legendären MTV-Moderator Ray Cokes halten zu dürfen. Nach drei Stunden fröhlichem Chaos zwischen Talkshow, Publikumsbespaßung und Kurzauftritten von Cäthe, Pohlmann, Triggerfinger und Ein Astronaut steht Cokes in der Fabrik und genießt den Zuspruch sichtlich, malt Autogramme, grinst fröhlich in die Objektive von Handykameras. Einige Meter weiter steht Triggerfinger-Frontmann Ruben Block und schäkert mit gleich zwei jungen Damen, Pohlmann hat sich irgendwo ein Bier organisiert und freut sich über einen gelungenen Auftritt.

Dabei sah es am Anfang von "Ray's Guesthouse" ein wenig so aus, als ob die "Rock 'n' Talkshow" in völligem Chaos versinken würde. Der Ablauf war zwar relativ klar: Die Bands sollten einige Songs spielen, danach würden sie von Cokes interviewt, der ansonsten das macht, was er am besten kann: jede Menge herrlich dummer Sprüche klopfen. Doch der Teufel steckt manchmal im Detail. Bei Ein Astronaut alias Eike Swoboda hat er anscheinend irgendwelche Kabel durchgeknabbert. Die Technik des gerade erst mit dem Förderpreis "Krach & Getöse" ausgezeichneten Elektrobastlers verweigert standhaft die Mitarbeit.

Also spielt er seine Songs schließlich ohne Video- und Internetunterstützung. Solche Probleme haben Triggerfinger und Pohlmann nicht. Die Belgier - sonst für äußerst lautstarke und druckvolle Auftritte - bekannt, können auch leise(r), Pohlmann kommt ohnehin mit Mikrofon und Gitarre aus, überspielt Verständnisprobleme im Gespräch gekonnt musikalisch. Cäthe meistert den musikalischen Teil ihres Auftritts furios, dafür schwebt ihr auf der Interviewcouch ein großes Fragezeichen über dem Kopf. Ohne die Dolmetsch-Bemühungen ihrer Band wäre sie völlig aufgeschmissen gewesen.

Und Cokes? Der braucht eigentlich nur eines: Zuschauer. Kleinere und größere Missgeschicke überbrückt er mit der ihm eigenen Mischung aus Nonchalance, Selbstironie und kleinen Seitenhieben. Zwischendurch geht er auf Hilfskräftefang im Publikum. Der Moderator rekrutiert Bar- und Kameraleute, Mitspieler und Stichwortgeber. Keine Aufgabe für Schüchterne. Doch Astrid macht hinter dem Tresen eine gute Figur, auch Henning schlägt sich beim Fragespielchen wacker.

Am Ende sind fast alle glücklich, trotz oder gerade wegen des Durcheinanders. Bloß der Stift des schüchtern lächelnden Fans, der bleibt anscheinend verschwunden. Aber das dürfte ein zu verschmerzender Verlust sein.