Wenn Wigald Boning aus seinem Reisetagebuch liest, wird es witzig. Er ist schließlich nicht nur selbsternannter “Dienstleister in Sachen Fernsehhumor“.

Heymann Eppendorf. "Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich die Pflege dieser Seite eingestellt habe", werden Besucher von Wigald Bonings Website begrüßt. "Ich bin Vater von zwei Kindern, viel beschäftigter TV-Star und habe einen Haufen zeitraubender Hobbys; das Content-Providing gehört leider nicht dazu." Warum sollte es auch, der Mann hat wahrlich genug zu tun. Stundenlang durch die Landschaft laufen beispielsweise. Oder die Welt bereisen. Von Dauerengagements für Fernsehformate mit hohem Gaga-Anteil mal gar nicht zu reden.

Über seine außerdauersportlichen Aktivitäten hatte Boning, 43, bereits 2007 im Buch "Bekenntnisse eines Nachtsportlers" ausführlich berichtet, nun ist der Reiseteil dran. Den handelt er mit "In Rio steht ein Hofbräuhaus" ab - wie zu erwarten auf alleramüsanteste Weise. Und da der "Dienstleister in Sachen Fernsehhumor" weiß, wie man sich im Meer der niedergeschriebenen Belanglosigkeiten behauptet, legt er schon bei den Kapitelüberschriften ordentlich vor. "Am Yukon trinkt man Menschenschnaps", heißt es da, oder "Gisele Bündchen mit Mundgeruch". Dass Boning weder besagte Alkoholika gekostet hat noch sich dem brasilianischen Supermodel auf Anhauchdistanz nähern konnte - geschenkt. Liest sich einfach gut. Wie überhaupt sein Reisetagebuch, aus dem er heute bei Heymann die schönsten Passagen vorträgt, einen prima U-Bahn-Fahrten-Verkürzer abgibt. Es muss ja nicht immer Marcel Proust sein.

Manchmal machen Schmunzelstellen einfach mehr Spaß - zum Beispiel, wenn Boning den Speiseraum eines Kreuzfahrtschiffs als "flipfloptaugliche SB-Kantine mit dem Charme einer Karstadt-Raucherecke" beschreibt oder eine Türsteher-Anekdote des TV-Produzenten Jan kolportiert. Der hatte einst am Eingang der Münchner Edeldisco P1 gewacht und die Scorpions nicht eingelassen: Deren Einwand "Aber wir sind doch die Scorpions!" konterte er mit "Eben drum!"

Ebenfalls schön: das Kapitel über einen Großgruppen-Silvesterurlaub im Zillertal, bauchnabelfrei be-t-shirtete Ungarin mit Hang zum Chipsletten-Diebstahl und bedenklich stimmende Bleigieß-Resultate (Sensen, Totenköpfe, Brandleichen ...) inklusive.

"In Rio steht ein Hofbräuhaus" bietet auch lesens- bzw. hörenswerte Innenansichten aus der Welt des Fernsehirrsinns. Mal muss ein Take wiederholt werden, weil Boning beim Abenteuer-Rennen in Kanada auf die Frage "Wie war die Nacht?" mit "Ganz prima" geantwortet hat, ein "Boah, hab ich gefroren, ich weiß nicht, ob ich das hier durchhalte!" jedoch besser gekommen wäre. Dann wieder herrscht Spucktütenalarm bei Kunstflugaufnahmen, während derer der Wahl-Algäuer vor laufender Kamera das Haus vom Nikolaus zu zeichnen versucht. Und in Thailand, das lernen wir, stehen bei Spielshows nicht nur die Sieger vorab fest, sie müssen sich auch quälen lassen. Stichwort: Chilischote, die südostasiatische Feuerspucker-Variante.

Reisen bildet, und so hat Boning eine Menge gelernt: dass der Kauf eines Maßanzugs in Gambia unangenehme Konsequenzen haben kann, beispielsweise. Dass sich Paris auch prima mit Verdunkelungsbrille erkunden lässt. Oder dass in der Türkei ein Beck's schon mal mit 30 Dollar zu Buche schlägt.

Wer wollte da noch an die Pflege einer Website denken?

Wigald Boning heute 20.30, Buchhandlung Heymann (Bus 114), Eppendorfer Landstraße 77, Karten 10,-: T. 23 80 16 96; www.heymann-buecher.de