Hamburg. Mit einem neuem Service sollen die Verluste im zweiten Lockdown wenigstens teilweise kompensiert werden. Doch wer bietet was an?

Ware verkaufen, ohne die Kundschaft in das Geschäft zu lassen? Das geht: Bergedorfs Händler haben sich auf den zweiten Lockdown eingestellt und ihre Serviceangebote ausgebaut. "Es kann sich keiner mehr leisten, ohne alternative Wege auszukommen", sagt Marc Wilken, Geschäftsführer des Vereins Wirtschaft und Stadtmarketing für die Region Bergedorf (WSB). Bei den Kunden sind die Informationen über neue Bestell-, Liefer- und Abholmöglichkeiten der lokalen Geschäfte allerdings noch nicht richtig angekommen. "Bequemerweise gehen die Kunden im Internet zu Amazon", so Wilken.

Ganz unterschiedlich stellt sich die Situation der Geschäfte in der Bergedorfer Innenstadt dar, so Wilken. Einige haben einfach geschlossen. In der Regel sind dies die Filialisten. Anders sieht es bei den inhabergeführten Geschäften aus. "Die sind flexibler", so Wilken. Wenn das Licht an ist, signalisiert es, dass Personal anwesend ist. Unterschiede sieht der WSB-Geschäftsführer in der Qualität der Angebote. Wer bereits vor Corona einen Online-Service hatte, ist in der Regel besser aufgestellt als derjenige, der erst im zweiten Lockdown diese Chance der Vermarktung entwickelt hat.

Bergedorfs Einzelhändler bieten neuen Online-Service an

Zu den frühen Startern gehört das Schuhhaus Schüttfort. Mit www.schuhverkauf24.de wurde eine Plattform geschaffen, die nicht nur Reservierungen, Bestellungen sowie "Click & Collect" für die Kunden vor Ort anbietet, sondern über das Traditionshaus in Bergedorf hinaus wirkt.

Eine Veränderung zum Positiven sieht Wilken auch auf der Kundenseite, wenn auch in begrenztem Rahmen. Kunden reagieren verstärkt auf die Angebote via Internet oder Telefon. Doch weit verbreitet ist das Wissen noch nicht. Um dies zu ändern, empfiehlt er, sich auf www.mein-bergedorf.de kundig zu machen. Die Website unter dem Motto "Online suchen – vor Ort finden" wird vom WSB unterstützt.

CCB gibt auf Website differenziert Auskunft, wer welchen Service anbietet

"Differenziert" sieht Lutz Müller, Manager des City Center Bergedorf (CCB), die Möglichkeiten der Händler. "Es kommt auf das Produkt an", sagt er. Es sei etwa kein Problem, berührungslos Bücher zuzustellen. Schwierig werde es dagegen bei Bekleidung, die hundertprozentig passen muss. Für einen Ladenbesitzer kann es deswegen sinnvoll sein, sein Geschäft zu schließen und auf staatliche Unterstützungszahlungen zu setzen.

Und weil die Situationen der Einzelhändler so unterschiedlich sind, gibt das CCB auf seiner Website differenziert Auskunft, welches Geschäft welchen Service anbieten. Aufgeführt ist, wer geöffnet hat und bei wem online oder telefonisch bestellt werden kann. Mit einem Klick öffnen sich die Kontaktdaten. So ein aus­dif­fe­ren­zie­rtes Informationsangebot für den Kunden wie das CCB haben in Deutschland nur wenige Shoppingcenter, streicht Müller heraus.

Azul: WLAN reicht bis vor die Ladentür

"Reiner Zufall", dass Susanne Steffen einen neuen camelfarbenen Mantel bei Azul im Sachsentor erstanden hat. Sie kam an einem Freitag auf dem Weg zum Wochenmarkt mit ihrer Mutter an dem Modegeschäft vorbei und sah das gute Stück im Schaufenster. Es war zudem ein Zettel angebracht, wie die Ware per Telefon bestellt werden kann.

"Wir liefern auf Rechnung", sagt Martina Willhoeft, die neben Azul auch die Geschäfte des Herrenausstatters Hinrich Willhoeft führt. Da viele Kunden Online-Banking nutzen, geht das Geld schnell ein. Wer die Ware abholen will, kann vor Ort auch per Karte bezahlen. Das WLAN des Geschäfts reicht bis vor die Ladentür, das Kartenlesegerät kann rausgelegt werden.

Baumärkte nur noch für gewerbliche Kunden offen

Für Auslieferungen im Stadtteil nutzt sie den Lastenradservice "Bergedorf bringt's". Weiter entfernt wohnende Kunden beliefert die Chefin per Pkw. In der Regel lassen sich die Kunden durch Ware im Schaufenster inspirieren. Martina Willhoeft ist flexibel, berät auch durch das Schaufenster oder führt Mode per Videochat über Whatsapp vor. Es sei für sie nichts Neues, Mode deutschlandweit zu verschicken. "Das sind meist Stammkunden, die früher in Bergedorf gewohnt haben und weiterhin unser Angebot nutzen wollen", sagt die Geschäftsfrau.

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Baumärkte stehen nur noch den gewerblichen Kunden offen. Um Missbrauch vorzubeugen, muss etwa bei Obi der Gewerbeschein vorgezeigt werden. Privatkunden sind damit nicht gänzlich ausgeschlossen: Wer die Zeit zum Bauen, Renovieren oder Sanieren nutzen will, muss den Umweg über das Internet nehmen. Bei Obi wird die Ware über die Website reserviert und kann dann im Markt abgeholt werden. Bei Bauhaus läuft der Kauf inklusive Bezahlung über die Website ab.

Die Rettung in der Krise für die Händler sind die neuen Angebote allerdings nicht, macht der WSB-Geschäftsführer klar: "Das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein", sagt Wilken.