List/Hamburg. Lange vor dem Lanserhof: Wie ein “Fischpapst“, eine Tänzerin und ein Flugpionier am Erfolg des Fischerdorfs beteiligt waren.

Das Nordseebad List, die nördlichste Gemeinde Deutschlands, sorgt jetzt mit einem neuen Prestige-Projekt für Schlagzeilen. Im einst verschlafenen Fischerort auf Sylt entsteht derzeit der wohl teuerste Wellnesshotel-Neubau Deutschlands (Abendblatt berichtete). In direkter Nachbarschaft zum ebenfalls neuen A-ROSA Sylt entwickeln die Wellness-Pioniere um den österreichischen Investor Christian Harisch mit dem Lanserhof ihre lichtdurchflutete Vision vom Medical-Spa-Hotel. Investiert werden 100 Millionen Euro.

"List ist aus dem Dornröschenschlaf erwacht", jubelt Torsten Paulsen vom Grossmann & Berger auf Sylt. Immobilienexperten und Touristiker sehen den 1530-Einwohner-Ort längst auf Platz zwei hinter Kampen, dem bisherigen "Saint-Tropez des Nordens". Doch ohne Unternehmer wie "Fischpapst" Jürgen Gosch, den Flugpionier Wolfgang von Gronau (1893–1977) und die Tänzerin Gret Palucca (1902–1993) wäre List womöglich noch immer ein ruhiges Fischerdorf. Und die Reichen und Schönen wären ausschließlich in Kampen unter sich geblieben. Die drei prominenten Persönlichkeiten haben List erst populär und bekannt gemacht.

Zentraler Platz am Hafen von List, Blick vom Fischrestaurant Gosch auf die alte Tonnenhalle
Zentraler Platz am Hafen von List, Blick vom Fischrestaurant Gosch auf die alte Tonnenhalle © Imago/imagebroker

Am Anfang waren Aale

Der Aufstieg zum neuen Hotspot an der Nordsee ist vor allem dem gelernten Maurer Jürgen Gosch zu verdanken. Der eröffnete 1967 im verschlafenen List seinen Einmann-Fischbauchladen und bot Aale feil. 1972 erweiterte der heute 77 Jahre alte Unternehmer den Fischverkauf in der "nördlichsten Fischbude Deutschlands". Weil der Ausschank von Alkohol verboten war, verkaufte der findige Mann "wahre Fischsuppe", bestehend aus hochprozentigem Korn und Zitronenbrause.

Promis und Touristen mundete das Angebot, weshalb die Fischbude 1984 nach Westerland expandieren konnte. Inzwischen ist Gosch in aller Munde. Und List als Wiege seines Erfolgs ebenfalls. Der noch immer aktive Unternehmer betreibt 50 Filialen, darunter in Düsseldorf und Berlin. Auch auf Kreuzfahrtschiffen der Mein-Schiff-Flotte gibt es inzwischen Gosch-Restaurants. Der Gosch-Faktor, heißt es anerkennend auf Sylt, habe entscheidend zur Bekanntheit von List beigetragen. Dort ist aus der "nördlichsten Fischbude Deutschlands" längst ein stark frequentiertes Gourmet-Paradies mit Matjes, Hummer und erlesenen Weinen geworden.

Weltumrundung startete in List

Zur Bekanntheit von List hat auch der Flugpionier Wolfgang von Gronau beigetragen. Ein Denkmal im Hafen erinnert an den früheren Leiter der Verkehrsfliegerschule in List. 1932 schrieb der Seeflieger Luftfahrtgeschichte: Er startete im Juli mit einem Dornier-Wasserflugzeug zur Weltumrundung. In mehreren Etappen legte er 44.000 Kilometer zurück. Die glückliche Landung erfolgte vier Monate später, ebenfalls in List auf Sylt. Die Gemeinde steht damit für den Ausgangs- und Endpunkt der ersten Weltumrundung mit einem Flugerät.

Während von Gronau abhob, suchte die Tanzlegende Gret Palucca die Bodenhaftung. Sie verbrachte mehrere Sommermonate bis zu ihrem Tode in List. Ihr Ferienziel hoch im Norden machte sie bei ihren Tourneen weltweit populär. Ein Dampfer der Reederei Adler-Schiffe trägt noch heute ihren Namen.

So hat der heutige Aufstieg von List, geschichtlich gesehen, viele Väter und Mütter. Die Immobilienpreise sind entsprechend hoch: Eine Neubaudoppelhaushälfte mit 160 Quadratmetern kostet aktuell zwischen 2 und 2,5 Millionen Euro, vor fünf Jahren waren es noch 1,2 bis 1,6 Millionen. Der "Lanserhof" wird weitere Gäste und Einwohner anlocken.