Anders als in Harburg kein Protest gegen Hospiz - Anwohner haben sich an die Einrichtung gewöhnt. “Das gehört doch zum Leben dazu“.

Hamburg. Kurz scheint die Sonne. Kahle Bäume werfen Schattenmuster auf die weiße Hauswand. Nur vereinzelt kommen und gehen Menschen durch die Holztür. Die meisten sind schwarz gekleidet. Vielleicht ein Zufall, vielleicht nicht. Schließlich handelt es sich bei dem flachen Bau mitten in der Wohnsiedlung am Wiesenkamp um ein Hospiz der Diakonie. Während in Harburg einzelne Anwohner gegen ein neues Hospiz am Blättnerring sind und einen Sichtzaun gefordert haben (wir berichteten) , ist in Volksdorf der Tod nebenan Alltag geworden.

Einfamilienhäuser mit Katzen, Kinderschuhen vor der Haustür und Sonnenblumen auf den Klingelschildern. "Wir leben hier in einer wirklich schönen Gegend", sagt Anwohner Peter Flügge, 67. "Deswegen haben sie das Hospiz ja auch hierhergebracht." Der Steuerberater blickt direkt auf den Hospizgarten, in dem gerade eine Frau mit rosa Kopftuch spazieren geht, gestützt von einem Mann. Durch die Fenster sind Krankenbetten mit Haltegriffen erkennbar. 2008 hat die Einrichtung eröffnet, sie beherbergt bis zu zwölf Sterbende. Manche Nachbarn wussten nicht, was sie davon halten sollen - und warteten erst mal ab. Andere begrüßten die Entwicklung. Und für eine Familie war es nach latenter Unzufriedenheit ein Anlass, um fortzuziehen.

+++ Den Tod vor Augen, das Leben im Griff ++

"Das gehört doch zum Leben dazu", sagt Flügge. "Auch wenn man es immer verdrängt." Eine Bekannte, die in derselben Gegend wohnt, arbeitet sogar ehrenamtlich im Hospiz. "Sie wirkt nicht traurig deswegen", sagt Flügge. "Im Gegenteil. Es scheint ihr etwas zu geben." Ohnehin bekomme er nur wenig vom Sterben nebenan mit: "Es ist nicht so, dass hier dauernd die Leichenwagen auf- und abfahren." Und viel Fahrlärm durch Besucher sei auch nicht entstanden. Ein Backsteinhaus weiter wohnt Gerd Goldammer, 87. Er findet Hospizarbeit wichtig - auch vor der eigenen Haustür. "Da kann man doch nicht einfach sagen: 'So was wollen wir hier nicht!'", sagt der Witwer. Früher ist er sogar gerne mit seiner Frau rund um die Anlage spazieren gegangen. "Das Gelände ist ja hübsch angelegt, sogar mit einem kleinen Teich."

Der Fall in Harburg wird in der Nachbarschaft viel diskutiert. "So was ist doch Diskriminierung", sagt Ernst Schwerdtfeger, der gegenüber vom Hospiz wohnt. "Schließlich wird jeder Mensch einmal dieses Schicksal erleben." Berührungsängste mit dem Tod habe er keine. Jedes Jahr veranstaltet die Einrichtung einen Tag der offenen Tür. Einmal war Schwerdtfeger dort. "Ich finde es toll, was die Mitarbeiter dort für die Kranken leisten."