Yoga

Yoga für Senioren mit kleinem Budget

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Heike Wander
Yogalehrerin Karin Liebe (Mitte, in weiß) unterrichtet Yoga für Menschen 60plus im Hartwig-Hesse-Quartier.

Yogalehrerin Karin Liebe (Mitte, in weiß) unterrichtet Yoga für Menschen 60plus im Hartwig-Hesse-Quartier.

Foto: Roland Magunia / Roland Magunia/Funke Foto Services

Ein Verein und eine Stiftung organisieren Kurse in verschiedenen Alteneinrichtungen. Viele der über 60-Jährigen verarbeiten so ihre Traumata

Mittwochnachmittag um 16.30 Uhr hat eine Gruppe von Frauen im Hartwig-Hesse-Quartier in St. Georg immer eine gemeinsame Verabredung: Sie trifft sich zum OMY!-Yoga. Das ist Yoga für Menschen 60 plus – und nicht nur „Omis“ dürfen daran teilnehmen. „Der Name bedeutet Oh my Yoga!“, sagt Christine Worch vom Projekt KulturistenHoch2, das Senioren mit kleiner Rente oder Grundsicherung auch kostenlose kulturelle Besuche ermöglicht. „Was könnten wir noch für Sie tun?, fragen wir unsere Teilnehmer regelmäßig. Beim Thema Yoga stießen wir bei 80 Prozent auf Interesse.“ In Zusammenarbeit mit der Stiftung Generationen-Zusammenhalt und dem Verein Yoga für alle startete OMY! Anfang dieses Jahres im Hartwig-Hesse-Quartier, jetzt gibt es diese Yoga-Kurse für Senioren mit geringem Einkommen auch im Max-Brauer-Haus in Bramfeld und im Martha-Haus in Rahlstedt. Die geringen Kosten von fünf Euro für zehn Yoga-Termine sind dabei für die meisten Senioren ausschlaggebend. „Das kann ich mir zum Glück leisten“, sagt Helga Wienecke. Sie fühlt sich nach der „Atemgymnastik“ gelöst und befreit. Die 80-Jährige pflegte ihren Mann vor seinem Tod vor zwei Jahren lange und bekam dadurch Probleme mit der Wirbelsäule. „In der Zeit habe ich nichts für mich tun können“, sagt sie. Das Yoga helfe ihr sehr, auch die Trauer zu bewältigen.

Den Unterricht geben speziell ausgebildete Lehrerinnen

„OMY! ist psychosensibles Yoga“, erklärt Cornelia Brammen, Vorstand von Yoga für alle e.V. „Gerade Menschen, die in der Zeit des Zweiten Weltkriegs geboren wurden, haben fast alle traumatische Erlebnisse verarbeiten müssen. Oft wirken diese noch nach.“ Viele aus dieser Generation seien sehr bescheiden, hätten verinnerlicht, dass andere ihretwegen „bloß keine Umstände machen“ sollten. Deshalb hätten sie in ihrem Leben bisher kaum mal etwas nur für sich selbst getan oder gefordert. „Es ist für viele schwer, sich zu öffnen. Wir geben dem Raum und jeder arbeitet mit dem Körper, den er seit Jahrzehnten hat, sehr individuell. Im Seniorenyoga wissen die Kursleiter, wie man mit Teilnehmern umgeht, die Arthrose haben oder einen Schlaganfall hatten.“ Deshalb unterrichten beim OMY!-Yoga nur speziell ausgebildete Lehrerinnen. Sie haben alle mehrere Jahre Praxiserfahrung und eine Zusatzqualifikation für Yoga und Trauma.

Beim Seniorenyoga werden die Übungen überwiegend auf einem Stuhl ausgeführt. „Für die meisten Älteren wären die Bewegungen im Stehen oder Liegen zu beschwerlich“, sagt Yogalehrerin Karin Liebe, „ich beachte auch gesundheitliche Einschränkungen und mache die Übungen nicht so lang.“ Das von ihr gezeigte Kundalini-Yoga hat in dieser Stunde das Thema Atem, zwischendurch wird auch meditiert, Musik eingespielt und es werden Mantren gesungen. Liebe führt die Teilnehmerinnen sanft und achtsam durch die Übungen. Sie erläutert in wenigen Sätzen, was diese auslösen. So wirkt langer tiefer Atem entspannend und gibt ein Gefühl von innerem Frieden, kräftiger Atem wirkt reinigend im Körper und gibt Energie.

Höchstens zwölf können mitmachen

Das gemeinsame Singen der Mantren klingt sehr melodisch, die Frauen sind voll bei der Sache. Auch Käthe Wakil (78) war gleich „Feuer und Flamme“, als sie von dem Kurs in ihrem Quartier hörte, und ist froh, dass er quasi direkt vor ihrer Tür stattfindet. „Ich fühle mich mit Yoga fitter. Und immer wenn ich Nackenprobleme habe, sind die nach der Yogastunde weg. Es gibt dabei so viele abwechslungsreiche Übungen.“ Jeder Kursteilnehmer bekommt zu Beginn Informationen für Anfänger über das Yoga: Zwei Stunden vorher sollte nichts mehr gegessen werden, trinken hingegen darf man gerne zwischendurch. Barfuß zu üben hilft den Füßen „zu atmen“. Das Kundalini-Yoga arbeitet mit Ebenen wie Asana – Körperhaltung, Pranayama – Atemführung und Dhyan – Meditation.

Beim Seniorenyoga müssen die Lehrerinnen alle im Blick haben, das begrenzt die Gruppe auf höchstens zwölf Teilnehmer. Trotzdem wird kaum korrigiert. „Nimm wahr, wie du sitzt“, sagt Karin Liebe, und fordert die Übenden auf: „Kreise mit dem Oberkörper so weit, wie es heute möglich ist.“ Einige bewegen sich dabei kaum, andere schaffen raumgreifendes Schwingen. Die Yogalehrerin erklärt jede Übung und gibt mehrere Möglichkeiten vor, je nach Bewegungsfähigkeit und immer im eigenen Tempo. Zwischendurch streut sie Tipps für den Alltag ein: „Diese Übung könnt ihr auch immer mal vor dem Schlafengehen machen.“

Es geht um mehr Mobilität und Teilhabe

Für die Gründerin von Yoga für alle e. V., Cornelia Brammen, geht es bei OMY!-Yoga nicht nur darum, Mobilität und Teilhabe zu fördern. „Es geht auch um Wertschätzung von Menschen, die viel für unsere Gesellschaft geleistet haben.“ Der wöchentliche Termin sei für viele ein Thema, über das sie sich mit ihren Kindern oder Enkeln austauschen könnten, sagt Brammen, die zurzeit in Bramfeld die OMY!-Yoga-Kurse leitet. „Dieses hoch qualifizierte Yoga soll kein Luxus sein und wird deshalb für Menschen mit kleinem Budget angeboten.“

Weitere Infos unter: www.yogahilft.com E-Mail: vorstand@yogahilft.com