Nach dem Treffen gibt es kaum Zweifel: Regierung und Opposition werden eine gemeinsame Position finden. Das Elternwahlrecht soll verändert werden.

Hamburg. So viel Einigkeit über die politischen Lager hinweg ist selten. Die Spitzen von CDU, GAL und SPD überboten sich gestern nach einem 90-minütigen Treffen in ihrem Willen, zu einem Kompromiss in der Schulreform zu kommen. "Wir haben ein gutes Gespräch geführt und gehen davon aus, dass es uns in der nächsten Woche gelingen wird, uns zu einigen", sagte GAL-Fraktionschef Jens Kerstan.

"Ich bin sehr optimistisch, dass zwischen der SPD und den beiden Regierungsfraktionen in dieser Frage ein Konsens gelingen wird", sagte der SPD-Landesvorsitzende Olaf Scholz. "Das war ein regelrechter Durchbruch heute. Ich bin sehr hoffnungsfroh, dass wir einen Konsens in der kommenden Woche endgültig hinbekommen", bekannte der stellvertretende CDU-Fraktionschef Wolfgang Beuß.

Kerstan ließ sehr deutlich werden, für wie unterschiedlich er im Vergleich dazu die Atmosphäre in den letztlich gescheiterten Verhandlungen mit der Volksinitiative "Wir wollen lernen" in den zurückliegenden Wochen hält. "Es ist ein deutliches Zeichen, dass wir mit der SPD Vertraulichkeit vereinbart haben", sagte Kerstan. Man einige sich am besten, wenn solche Verhandlungen nicht öffentlich geführt würden. "Das ist vielleicht auch der Unterschied wie Tag und Nacht zu den Verhandlungen mit der Initiative", so der GAL-Fraktionsvorsitzende. Nach den sechs Verhandlungsrunden zwischen Schwarz-Grün und der Volksinitiative hatten sich beide Seiten jeweils zum Stand der Gespräche geäußert.

Nach Informationen des Abendblatts besteht zwischen CDU, GAL und SPD grundsätzlich Einigkeit darüber, das von Schwarz-Grün vorgeschlagene Elternwahlrecht noch einmal zu verändern. Dabei geht es darum zu vermeiden, dass Kinder am Ende der Klasse 7 des Gymnasiums unterschiedlich behandelt werden. CDU und GAL hatten ein Probejahr auf dem Gymnasium für die Jungen und Mädchen vorgeschlagen, die am Ende der Primarschule keine Berechtigung für den Besuch des Gymnasiums erhalten. Dies würde aber bedeuten, dass sie die Schule bei Nichtversetzung nach Klasse 8 verlassen müssten, während Schüler mit gymnasialer Empfehlung bei gleich schlechten Leistungen versetzt würden. Gegen diese Regelung hatte sich die SPD gewandt. Beuß hatte vorgeschlagen, alle Schüler der Klasse 7 "auf den Prüfstand" zu stellen.

Die SPD war mit einer Reihe von Vorschlägen in die Verhandlungen gegangen, die offensichtlich alle angesprochen wurden. Unter anderem hatten die Sozialdemokraten angeregt, die Schüler-Lehrer-Relation in den Primarschulen zu verbessern und für die neuen Stadtteilschulen eigenständige Oberstufen einzurichten. Scholz unterstrich gestern, dass es nicht um die Durchsetzung von Maximalforderungen gehen könne. "Niemand wird sich vollständig mit allem durchsetzen, was er will und denkt", sagte der SPD-Chef.

Der Blick von CDU, GAL und SPD ist auf den Volksentscheid im Sommer gerichtet, bei dem über die Primarschule abgestimmt werden soll. "Das Angebot an die Initiative bleibt bestehen, vor dem Hintergrund eines Konsenses in der Bürgerschaft auf den Volksentscheid zu verzichten", sagte Kerstan. "Unsere Hand bleibt ausgestreckt", sagte Beuß. "Wir wollen ein Ergebnis erzielen, von dem wir annehmen, dass sich die große Mehrheit der Hamburger dahinter versammelt", sagte Scholz.

An dem Gespräch im Bürgersaal des Rathauses nahmen Bürgermeister Ole von Beust und Schulsenatorin Christa Goetsch teil. Am kommenden Dienstag sollen die Verhandlungen fortgesetzt werden. Dann will Schwarz-Grün auch mit der Linken-Fraktion über eine gemeinsame Position zur Schulreform sprechen.